"Gold" - Keiner weiß, was ihn erwartet
In der Hochzeit der deutschen Western hießen die Hauptdarsteller noch Pierre Briece und Lex Barker. Jetzt spielt Nina Hoss die Hauptrolle in Thomas Arslans Western-Drama "Gold". Der sogenannte "Klondike-Goldrausch" lockt hier Ende des 19. Jahrhunderts eine deutsche Auswanderer-Gruppe in die Wildnis Kanadas.
Lockruf des Goldes
Schnaubend rollt eine Dampflock in den staubigen Wildwest-Bahnhof, eine Frau steigt aus: langes Kleid, eng geschnürtes Mieder, Cowboyhut.
Ihr Gesicht wirkt abweisend und kühl, aber entschlossen, als sie dem Reiseführer Wilhelm Laser wortlos ein Bündel Geldscheine überreicht. 1.500 km soll er sie nach Norden führen zur Goldader am Klondike River.
Keiner in der insgesamt siebenköpfigen Reisegruppe weiß, worauf er sich da einlässt. Tour-Guide Laser tut zwar so, als sei er die Route zigmal geritten. In Wahrheit aber besitzt er nicht mal eine taugliche Landkarte von der völlig unerschlossenen Gegend.
In sechs Wochen seien sie am Ziel, gaukelt Laser der Gruppe vor. Aus historischen Quellen aber weiß man, dass die Goldsucher mindestens ein Jahr unterwegs waren - so sie denn überhaupt jemals ankamen.
Von allen Zwängen befreit
Tagebuchaufzeichnungen haben den in Braunschweig geborenen Regisseur Thomas Arslan zu diesem Film inspiriert. Und so geht es ihm nicht darum, eine schmissige Western-Story mit rauchenden Colts zu erzählen, sondern um größtmögliche Authentizität. Nicht Indianer-Überfälle oder Bären-Attacken werden zum Problem für die Goldsucher, sondern einzig und allein der Weg, der immer beschwerlicher wird und nicht enden will.
Dialoge werden hier sparsam eingesetzt, verraten dem Publikum aber immerhin die unterschiedlichen Motive der Figuren: Da ist der Journalist, der an einem Reisebericht schreibt; der Familienvater, der den Seinen ein besseres Leben bieten möchte; und die allein reisende Frau, gespielt von Nina Hoss, die sich aus ihrem alten, von Zwängen geprägten Leben befreien will.
Ein Zurück gibt es nicht
Die Reisenden haben ihre gesamten Ersparnisse in das Abenteuer investiert.
Wie heute die afrikanischen Flüchtlinge, die skrupellose Schleuser bezahlen für einen Platz auf dem Seelenverkäufer nach Europa. In "Gold" geht es also um Migranten-Schicksale, um den Traum von plötzlichem Reichtum und um das existenzielle Duell Mensch gegen Wildnis.
"Gold" ist ein Film, so karg wie die Landschaft, in der er spielt. Zu Westerngitarren-Klängen zieht der kleine Treck durch die ausgebleichte, staubige Geröll- und Gebirgslandschaft Nordkanadas, in der auch wirklich gedreht wurde, oder irrt hilflos durch die endlosen Wälder. So sehr überträgt sich dieses bleierne Gefühl des Nicht-voran-Kommens aufs Publikum, dass der Film geradezu strapaziös ist - als sei man selbst der Wildnis mit ausgeliefert. Was dem Film an äußeren Spannungsmomenten fehlen mag, macht er durch Atmosphäre wett. Ein deutscher Spätwestern, der dem uramerikanischen Genre tatsächlich eine Facette hinzufügt.