Doku über Regie-Legende: "Werner Herzog - Radical Dreamer"
Die beeindruckende und mitreißende Dokumentation "Werner Herzog - Radical Dreamer" von Thomas von Steinaecker liefert Einblicke in das Schaffen und das Leben des Ausnahme-Regisseurs.
"Wer hat das schon geschafft, dass er seinen ureigenen Akzent erfunden hat, den die Welt dann auch mag und nachmacht und komisch findet." Mit dem ureigenen Akzent, von dem Wim Wenders hier spricht, ist in diesem Fall nicht die Rede von Werner Herzogs filmischem Akzent, den er zweifelsohne auch in die Welt hinausgetragen hat. Wenders spricht vielmehr von Herzogs unüberhörbar deutsch-bayrischem Akzent, wenn er Englisch spricht und der dem Regisseur als Figur eine eigene Rolle bei den "Simpsons" eingebracht hat.
Privates und Professionelles, über beides wird gesprochen in dieser Dokumentation, Archivmaterial ist auch dabei. Seine Brüder erinnern sich, Wegbegleiter wie Wim Wenders oder Volker Schlöndorff geben Auskunft über den Kollegen, genauso wie Hollywoodstars, mit denen er gearbeitet hat. Zum Beispiel Oscarpreisträgerin Nicole Kidman, mit der Herzog "Königin der Wüste" gedreht hat: "Da ist etwas an ihm, das sehr hypnotisch ist", sagt sie. Die ebenfalls oscarprämierte Regisseurin Chloé Zhao stellt fasziniert fest, dass Herzog jeden Winkel dieser Erde bereist hat auf der Suche nach seinen hinreißenden Träumen.
"Ich lebe oder ich sterbe mit diesem Projekt"
Manchmal wurden es aber auch Alpträume, jedenfalls während der Produktion. Herzog erinnert sich zum Beispiel an die Dreharbeiten zu "Fitzcarraldo" mit Klaus Kinski, der einen Exzentriker spielt, der von der Idee besessen ist, mitten im Dschungel ein Opernhaus zu errichten. Der Versuch einen Dampfer über einen Berg zu ziehen gehört zu den ikonischen Bildern der Filmgeschichte.
Der Regisseur erzählt in der Dokumentation, dass es zahllose Komplikationen bei den Dreharbeiten gab: kein Geld, technische Probleme, zwei Flugzeugabstürze, aber nichts, was ihn hätte stoppen können, diesen Film zu machen. Herzog diskutiert oder zögert nicht, er muss machen und verkündet: "Ich lebe oder ich sterbe mit diesem Projekt."
Zwischen Vision und Obsession
Es ist ein schmaler Grat zwischen Vision und Obsession auf dem Herzog wandelt, auch das wird in der beeindruckenden und mitreißenden Dokumentation von Thomas von Steinaecker deutlich. Die "klassischen" Filme der 1970er- und frühen 1980er-Jahre werden genauso behandelt wie Herzogs "amerikanische Zeit" ab Mitte der 1990er, wo besonders seine Dokumentarfilme für Aufsehen sorgen.
Was macht Herzogs Filme so außergewöhnlich, und wer ist dieser Mann, bei dem bis heute Legende und Wahrheit überlappen? Auch Herzogs Brüder kommen zu Wort - in München während des Krieges ausgebombt wuchsen sie in einem kleinen Dorf nahe der Tiroler Grenze auf: "Die Mutter war das Zentrum und die absolute zentrale Figur für uns", erzählt sein Bruder Lucki Stipetić. "Wir hatten ja auch niemand anderen. Sie war eine studierte Frau Doktor und hatte dadurch im Dorf schon ziemlich Ansehen."
Werner Herzog: "Ein guter Soldat für das Kino"
Werner Herzog selbst spricht in dem Film nur Englisch und erinnert sich, dass er froh war, ohne Vater aufzuwachsen, ohne "Oberbefehlshaber" wie er sagt.
Über weite Strecken entsteht das Bild eines Getriebenen, kompromisslos und unbeirrbar auf der Jagd nach Bildern, wie man sie so noch nicht im Kino gesehen hat. Sein Leben habe einen Sinn, wenn er Geschichten erzählen kann, die in jedem von uns existieren. Werner Herzog versucht einfach nur "ein guter Soldat für das Kino" zu sein.
Und zweifelsohne ist er - das macht dieser großartige Film deutlich - genau das, was der Titel sagt: ein radikaler Träumer, ein seltenes Exemplar, besonders in der heutigen Kinolandschaft.
Werner Herzog - Radical Dreamer
- Genre:
- Dokumentation
- Produktionsjahr:
- 2022
- Produktionsland:
- Deutschland | USA
- Zusatzinfo:
- Mit Werner Herzog u.a.
- Regie:
- Thomas von Steinaecker
- Länge:
- 102 Minuten
- FSK:
- k. A.
- Kinostart:
- 27. Oktober 2022