"Becoming Karl Lagerfeld": Schillernde Serie über den Modezar
Die Disney+-Miniserie blickt hinter die Marke "Karl Lagerfeld" und lässt den deutschen Modezar posthum menschlich erscheinen. Für Hauptdarsteller Daniel Brühl ist es die Rolle seines Lebens.
"Das Erste war ein lautes Lachen. Seid ihr verrückt? Das ist ja absurd." Die erste Reaktion von Daniel Brühl auf das Angebot, den deutschen Modezaren Karl Lagerfeld zu spielen, war eindeutig. Zehn Sekunden hat es gedauert, bis er ins Grübeln gekommen ist: "Ich will das machen. Ich wusste auch, dass ich total auf die Schnauze fliegen kann. Das war mir total bewusst, aber es hat mich irgendwas extrem getriggert."
Auf die Schnauze ist Daniel Brühl mit der Rolle nicht geflogen. Ganz im Gegenteil, es ist vielleicht - bisher zumindest - die Rolle seines Lebens. Sechs Folgen umfasst die Serie "Becoming Karl Lagerfeld", in denen Brühl Karl Lagerfeld spielt, von 1972 bis in die frühen 80er-Jahre hinein. Eine Zeit vor dem Höhepunkt seiner Karriere, als er noch Designer für Chloé und Fendi war, vor der Arbeit bei Chanel - wo er zu dem Lagerfeld wurde, den heute alle vor Augen haben.
Lagerfeld und seine Unsicherheiten als Mensch
Die Serie, die lose auf der Biografie "Kaiser Karl" von Raphaëlle Bacqué beruht, taucht ein ins Leben von Lagerfeld. Nicht nur in seine Arbeit - unter anderem eine katastrophale Zusammenarbeit mit Marlene Dietrich und seine Hass-Liebe zu seinem Rivalen Yves Saint Laurent -, sondern es geht auch um seine persönlichen Beziehungen, vor allem zu seinem Freund und Liebhaber Jacques de Bascher und um seine Unsicherheiten als Mensch.
"Becoming Karl Lagerfeld" stellt diese mitunter auch toxische Liebesbeziehung der beiden in den Mittelpunkt und findet hier, wie Daniel Brühl bestätigt die dramaturgische und schauspielerische Mitte: "Es sind diese paar Sekunden, die hatte ich zum Beispiel mit Theodor, wo du die absolute Wahrheit erreichst. Da ist dann keine Prätention, kein Fake mehr. Wenn du diesen Mann dann liebst und das ist auch nicht gespielt, dann wird alles wahnsinnig echt und du kommst an den einen Moment der Wahrheit ran. Das ist der Kick."
Brühl lässt Modezar posthum menschlich erscheinen
Bei Karl Lagerfeld liegt es nahe, ihn als Karikatur zu verkörpern. Daniel Brühl umschifft genau das, spielt gegen die Karikatur an, macht es sich eben nicht leicht und greift einfach nur Klischees auf wie Fächerwedeln oder Lispeln, sondern er versucht Lagerfeld greifbar zu machen. Für sich als Schauspieler und für die Zuschauenden: "Jeder hat zu dem eine Meinung. Es ist auch noch extremer gewesen als bei Niki Lauda, weil er einfach so eine popkulturelle Ikone ist. Er hatte so viele Facetten, so viele Bereiche, die mir gänzlich unbekannt waren: Wie wurde er denn zu dieser Persona, die ich dann irgendwann vor 20 Jahren kennengelernt habe? Die spätere Version. Warum hat er sich diese Uniform, diesen Harnisch, angelegt?"
"Becoming Karl Lagerfeld" ist eine schillernde Serie, perfekt ausgestattet mit einem groß aufspielenden Hauptdarsteller, der hinter die Marke "Karl Lagerfeld" guckt und den deutschen Modezar posthum menschlich erscheinen lässt.