Blackout bei Premiere von "Der Circle" am Altonaer Theater
Es ist die Horrorvorstellung für Schauspieler: kein Text mehr im Kopf. Genau das ist am Sonnabend einer Darstellerin am Altonaer Theater bei der Premiere von "Der Circle" passiert. Doch der Blackout wurde zu einem Moment großer Stärke.
Was Schauspielerin Antje Otterson am Sonnabend auf der Bühne des Altonaer Theaters durchgemacht haben muss, das ist wohl nur mit dem Wort "Albtraum" zu beschreiben. Die Premiere von "Der Circle" lief noch keine 15 Minuten, da erlebte sie einen Blackout. Die Souffleuse versuchte aus der ersten Reihe zu helfen - doch nach zwei, drei verzweifelten Versuchen lief die Schauspielerin von der Bühne. Das restliche Ensemble rund um Schauspielerin Miriam Schiweck versuchte noch zu retten, entschied sich dann jedoch für einen Abbruch. "Ich denke, wir haben ein kleines Problem irgendeiner Art, das wir noch nicht ganz wissen. Wir sind gleich wieder da," sagt Schauspieler Oliver Geilhardt und beendet die Musik. Bis dahin glaubte der eine oder andere im Publikum noch, das alles gehöre zum Stück.
Mit Bachblüten und Textbuch: Nach dem Abbruch geht es weiter
Nach rund zehn Minuten Pause kam Theaterchef Axel Schneider auf die Bühne. "Es geht ja in diesem Stück um Künstlichkeit, um den Ersatz des Menschen durch Maschinelles. Ich weise aber darauf hin, dass auf dieser Bühne Menschen stehen." Eine Grippewelle sei durchs Ensemble gefegt, alle kämpften noch etwas mit der Energie. Doch es solle weitergehen - dank Bachblüten und zur Sicherheit auch erstmal dem Textbuch.
Wie Otterson das durchgezogen hat, und im Laufe des Stücks dann wieder zu alter Stärke zurückgefunden hat, das verlangt höchste Anerkennung. Diese war im Publikum auch zu spüren. "Das war natürlich toll, dass sie überhaupt weitergemacht hat, das muss man ganz ehrlich sagen, Chapeau für die Schauspielerin", so eine Zuschauerin im Anschluss. Ein weiterer Besucher empfand die Unterbrechung sogar als Bereicherung. "Das war ja noch das Tolle! Da kam etwas Menschliches, ganz Banales, Normales. Das passte super rein ins Stück."
"Der Circle": Wie bei Orwell - aber alle machen freiwillig mit
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Worum geht es in "Der Circle", dem Theaterstück zum Bestseller von Dave Eggers? Das Buch (Originaltitel: "The Circle") war vor zehn Jahren im Grunde die Neuauflage von George Orwells "1984" und zeigt am Beispiel von Protagonistin Mae Holland auf, wie wir uns Stück für Stück einem enthemmten Überwachungsstaat ergeben. In "Der Circle" machen im Unterschied zu Orwell alle nahezu freiwillig mit. Wie bei der Idee mit dem Chip im Knochen, um den Aufenthaltsort der eigenen Kinder immer zu kennen. Berechtigte Fragen, die Mae anfangs noch hat, werden alle dem vermeintlich guten Ziel geopfert: Dass alles kontrolliert werden kann.
"Der Circle" in der Inszenierung von Georg Münzel ist solides Theater mit intelligent eingesetzten Choreografien, Videoeinspielungen und kreisförmig rotierenden Bühnenelementen - dem allerdings eine weitere Ebene, ein Kommentar ins Heute, gut getan hätte. Berührt hat der Abend vor allem durch das zutiefst Menschliche: die Panne, die gar nicht vorgesehen war, jedoch gezeigt hat, was uns in Krisen stark macht: Innehalten. Korrigieren. Und dann gemeinsam durchziehen, auch wenn es mal schwierig wird. So wie das Ensemble am Altonaer Theater.
Blackout bei Premiere von "Der Circle" am Altonaer Theater
Es ist die Horrorvorstellung für Schauspieler: kein Text mehr im Kopf. Einer Darstellerin am Altonaer Theater ist genau das passiert.
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- Bühne
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Altonaer Theater
Museumstraße 17
22765 Hamburg
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Theater
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