"Wisting und die Tote am Wegesrand": Ein Krimi zum Mitdenken
Der 1970 geborene norwegische Autor Jørn Lier Horst ist schon seit etlichen Jahren ein Star der skandinavischen Krimiszene. Er selbst war viele Jahre als Hauptkommissar im Einsatz und kennt die oft kleinteilige Ermittlungsarbeit genau. Der Kommissar, den er erfunden hat, heißt Wisting und hat wieder einen besonders kniffligen Mordfall zu lösen. Diesmal gemeinsam mit einer ganzen Gruppe von Hobby-Ermittlern - weltweit auf einer sogenannten Crowdsolving-Plattform.
Ein Internetforum als Ermittlungshilfe
Das ist das Neue an diesem Krimi von Jørn Lier Horst: Es gibt ein Internetforum, das sich um den Tod einer jungen Frau kümmert, die als Rucksacktouristin in Spanien unterwegs war. Auf dieser eigens zur Aufklärung ihres mysteriösen Todes von einer Freundin eingerichteten Plattform, gehen etliche Menschen in ihrer Freizeit allen Spuren von Ruby nach. Wo war ihr Handy eingeloggt? Gibt es Fotos, auf denen sie zu sehen ist?
Die eigentliche Website schien zweigeteilt zu sein. Der eine Teil bestand aus einem reinen Diskussionsforum, wo verschiedenste Theorien kommentiert und diverse Spuren erörtert wurden. Der andere Teil beschäftigte sich mit den laufenden Ermittlungen und war in Unterprojekte eingeteilt. Die Projektnamen an sich sagten nicht viel aus. Es waren Namen von Einzelpersonen, Restaurants oder weiteren Orten, während andere Projekte sich mit Videoüberwachung und Zeugenbeobachtungen befassten. Jedes der Projekte hatte einen Moderator. Astria hatte ein Projekt eingerichtet, das zur Zusammenführung aller Fotos diente, die in den letzten vierundzwanzig Stunden vor dem Auffinden von Rubys Leiche in Palamós geschossen worden waren. Dahinter steckte die Idee, dass Ruby und ihr Mörder vielleicht gemeinsam auf einem der Fotos abgebildet waren. Mithilfe der Fotos ließ sich auch rekonstruieren, wo Ruby sich zu welchem Zeitpunkt aufgehalten hatte. Leseprobe
Die Frau, die die Plattform eingerichtet hat und mit Nachdruck nach Ruby sucht, entdeckt eine weitere Spur, die nach Norwegen geht. Sie wendet sich an Hauptkommissar Wisting, der mit dieser Form von Ermittlung bisher noch nie zu tun hatte und sich noch nie für seine Arbeit mit Laien austauschen musste. Aber Wisting hat eine Tochter, die ihm die ersten Schritte ermöglicht und Wisting ist fasziniert von diesen neuen Ansätzen für die Polizeiarbeit.
Ein Krimi, der zum Mitdenken verlockt
Dann wird in seinem Bezirk am Wegesrand ein Wagen gefunden, der aus spanischen Palamos in den Norden gekommen ist.
"Der ist hier nur abgestellt worden", erwiderte Wisting. "Aber möglicherweise gibt es einen Zusammenhang mit einem anderen Fall, den wir untersuchen. Können Sie mir weitere Informationen über den Autodiebstahl besorgen?" Leseprobe
Im Kofferraum befindet sich eine Frauenleiche und Wisting legt los. Er kombiniert die neuen Möglichkeiten, die das Internetforum mit den Ermittlungslaien bietet mit der klassischen Polizeiarbeit.
Wie immer bei Jørn Lier Horst wird das mit Beharrlichkeit und Geduld inszeniert. Aber es gibt so einen Unterstrom der ganzen Geschichte, der rasant ist und zum Mitdenken verlockt. Man beißt sich wie ein Terrier in seiner Beute in diesem Krimi fest, zerrt und rüttelt daran, wird wütend und will Genugtuung und Gerechtigkeit am Schluss. Wie es sich für einen anständigen Krimi gehört.
Wisting und die Tote am Wegesrand
- Seitenzahl:
- 432 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Zusatzinfo:
- Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-06405-7
- Preis:
- 17 €