Surreale Dinge
Für den Surrealismus stehen Namen wie Max Ernst, Salvador Dali, Hans Belmer, oder René Magritte. Aber viele Künstler schufen neben Malerei auch Objekte, die ihren Idealen entsprachen. Die vielleicht bekannteste solche Arbeit ist die berühmte "Felltasse" von Meret Oppenheim. Doch es gab noch viel skurrilere oder besser surrealere Objekte, wie jetzt das Buch "Surreale Dinge" zeigt. Martina Kothe stellt es vor.
"Egal, in welcher Form es letztlich präsentiert wird - das Objekt sollte amüsieren, aufmuntern, langweilen oder zum Nachdenken anregen, aber nie Bewunderung für die technische Perfektion erregen, die bei einem Kunstwerk normalerweise verlangt wird. Ich sage, die Welt ist voll großartiger Handwerker, aber es gibt wenige praktische Träumer."
Das sagte der Künstler Man Ray - und getreu seiner Vorstellung vom praktischen Träumer legte er auch seine surrealen Objekte an - etwa ein komplett blau gefärbtes Baguette, das er mit dem Titel versah "Blaues Brot - Leibspeise der blauen Vögel".
Eine Welt der unvollkommenen Verspieltheit
Das Buch "Surreale Dinge" versammelt sowohl bekannte - wie weniger bekannte Namen. Bereits der Einband macht Lust auf mehr. In weinroten Stoff geprägt ist eine silberne Brille. Denkt man zunächst, doch bei näherer Betrachtung ist da nur ein rundes Brillenglas mit zwei Bügeln. Allein die Vorstellung, wie das Wesen beschaffen sein müsste, das eine solche Sehhilfe wirklich benutzen könnte, ist herrlich.
Und auf diesem Weg arbeitet sich der Band weiter vor. Gezeigt werden Objekte, die in ihrer wunderbar unvollkommenen Verspieltheit einfach nur glücklich machen.
Die Venus von Milo mit Schubladen - ein Objekt von Salvador Dalí. In einer Replik der berühmten Plastik sind an Stirn, Brüsten, Bauch und Knie, Schubladen mit Puschelknäufen eingelassen.
Nicht nur die Felltasse
Hier gibt es alles: von der genial ad absurdum geführten Brille des Belgiers Marcel Mariёn, über verspielt bedeutsame Insektenfragmente von Alberto Giacometti oder in Decken verschnürten Nähmaschinen von Man Ray.
Nicht fehlen darf bei solch einer Sammlung natürlich Meret Oppenheim - glücklicherweise wird ihre Kunst hier nicht allein auf die Felltasse reduziert. Sie beschrieb einmal, was das Bauen von Objekten ausmacht.
Meret Oppenheim: "Es ist wahr, es ist "einfach" das Zeug zusammenzustellen und da zu einem ganz amüsanten Resultat zu kommen...aber das ist es eben nicht. Es muss eben wirklich ein - eine Idee sein, die sich realisiert."
Oder- wie es Max Ernst zusammenfasste: "Was wir suchten in der Zeit, war nicht eine Darstellung der Wirklichkeit, nicht eine Interpretation der Wirklichkeit, sondern ein Erlebnis, ein Abenteuer."
Diesen Aufbruch ins Abenteuer zeigt der Band. Mit wieviel kindlicher Leichtigkeit, die Künstler ihre Objekte auch bauten, stets ist ein Hintersinn dabei - ein Hintersinn, der allerdings lange nicht verstanden wurde.
Auf der Suche nach Abenteuer
Eiin Besucher einer Picasso-Ausstellung von 1956 meinte einmal: "Ich habe manchmal den Eindruck, als ob der Picasso probiert, was er den Menschen alles bieten kann und was sie dann noch obendrein als Kunst finden. Ich habe das Gefühl, er veräppelt sein Publikum dabei."
Gewiss, viele der Objekte, wie etwa auch Salvator Dalis Telefon, das statt eines Hörers eine Languste trägt, wie Pablo Picassos "Komposition mit Handschuh" bei der mit Gips überzogene Alltagsgegenstände zu sehen sind, erwecken den Anschein, als könnten sich die Macher nicht allzu viel Gedanken darüber gemacht haben. Dennoch gilt hier wie fast immer: das Einfache ist zumeist das Schwerste.
Wenn man sich also einlässt auf die unterschiedlichen Objekte, dann öffnet sich einem eine herrlich unbeschwerte Welt, in der einzig das gilt, was ein Abenteuer verspricht.
Surreale Dinge - Skulpturen und Objekte von Dalí bis Man Ray
- Seitenzahl:
- 280 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Hatje Cantz, 280 Seiten, 395 farbige Abbildungen
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-2769-3
- Preis:
- 39,80 €