von Claudia Cosmo

Als seicht, verwöhnt und unsympathisch beschreibt Bita treffend sich selbst und die Frauen in ihrer persischen Familie. In ihrem Exil in den USA gelten Bita und ihre weiblichen Verwandten als exaltierte Neureiche, die seit dem Sturz des Schahs im Land der unbegrenzten Möglichkeiten auf persische Kardashians machen.

Fünf Frauen - ein Familienschicksal

In ihrem Debütroman "Die Perserinnen" erzählt Sanam Mahloudji eine generationsübergreifende Familiengeschichte aus der Perspektive von fünf Frauen, die seit der Iranischen Revolution getrennt sind. Gingen Shirin, Sima und Bita in die USA, blieben Großmutter Elisabeth und ihre Enkelin Niaz in Teheran zurück. Jede der Frauen hat eine eigene Strategie, mit dem Familienschicksal umzugehen.

So verweist Eventmanagerin Shirin darauf, dass die Liebe zur Schönheit und zu Schmuck besonders im Exil nicht mit Oberflächlichkeit zu verwechseln ist, sondern eine Überlebensstrategie darstellt.

Je mehr Make-up und Schmuck eine Iranerin trägt, desto abgründiger ist sie, desto größer ihr Schmerz, desto unvereinbarer ihr Inneres und Äußeres. Denkt euch diese Iranerin als entfremdet von dem, was sie in ihrem tiefsten Inneren einst war - eine Erbin jahrtausendealter Kultur und Schönheit. Und dennoch hat sie, diese Frau, niemals echte Macht besessen. Sie war Ehefrau, Mutter, Gehilfin, Hure. Leseprobe

Eine Hure zu sein, wirft man Shirin nun ausgerechnet in den USA vor. Nach einem feucht-fröhlichen Luxusaufenthalt in Aspen wird Shirin verhaftet und der Prostitution bezichtigt. Shirins Verhalten führt sogar dazu, dass Großmutter Elisabeth aus dem Iran in die USA anreist, was auch die gesamte Familiengeschichte aufwühlt. Mit dabei ist auch Niaz, Shirins Tochter; beide haben sich 30 Jahre lang nicht gesehen.

Meine Mutter hat mich verlassen, als ich sechs war. Mein Vater auch, aber er ist ein Mann und damit biologisch unschuldig. Meine Mutter hat mich bei meiner Großmutter Maman Elizabeth zurückgelassen. Ich saß mit Maman Elizabeth in ihrer Wohnung und sah mir den neuen revolutionären Staat in den Nachrichten an, alles in schwarz und grau. Maman Elizabeth bestand noch immer darauf, sich bunt zu kleiden. Aber wir waren umgeben von Leichen. Leseprobe

"Die Perserinnen": Ein Roman über Herkunft und Identität

"Die Perserinnen" ist ein weit aufgefächerter Roman, dessen verwirrende Vielstimmigkeit anfangs etwas 'too much' ist. Im gleichnamigen Hörbuch erwecken fünf verschiedene Schauspielerinnen die Frauenfiguren stimmlich zum Leben. Monika Oschek spricht die nachdenkliche und zurückhaltende Bita, die wie alle Romanfiguren eine innere Entwicklung durchmacht. Bita wird von der Befürchtung erschüttert, vielleicht den Bezug zu ihren persischen Wurzeln verloren zu haben.

Als Kind hatte es mich überrascht, als ich herausfand, dass der Iran bergig war. Was war ich überhaupt für eine Perserin? Leseprobe

Sanam Mahloudji erzählt in ihrem Roman "Die Perserinnen" auf unterschiedlichen Ebenen über das Thema der Herkunft und der Identität. Dabei scheint auch die in den USA groß gewordene persische Autorin in ihrer Erzählweise hin- und hergerissen zu sein; zwischen der bildhaften Poesie Persiens und dem Stil des Creative Writings, der junge US-amerikanische Schriftstellerinnen und Schriftsteller immer mal wieder zu dem Zwang verführt, bedeutungsschwanger klingende Sätze durch die Zeilen zu peitschen.

Was den Roman spannend macht, sind nicht nur ein weiser junger Mann mit gelben Zähnen und die Bedeutung der Nase von Großmutter Elisabeth, sondern auch die Macht der Lüge.

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