Paul Klee. Sein Leben - Seine Kunst
"In einem Minimum von Strich kann er seine ganze Weisheit offenbaren", schwärmte sein Bauhauskollege Oskar Schlemmer. Paul Klee: Freund der blauen Reiter, Lehrer an der Kunstschule Bauhaus, von den Nazis als entartet beschimpft, von Kollegen gefeiert. Der Prestel Verlag hat jetzt die reich bebilderte Biografie von Boris Friedewald herausgegeben. "Paul Klee. Sein Leben - Seine Kunst." Susanne Neumann hat sie gelesen.
Eine Dame mit Sonnenschirm. Anmutig. Ausdrucksstark. Perspektivisch perfekt gezeichnet - von Paul Klee im Alter von vier bis fünf Jahren. Mit feinstem Bleistiftstrich und Liebe zum Detail: die "Bude" des 16-Jährigen. Für den jungen Paul Klee war alles Zeichnung, Radierung und Aquarell.
Sein Farberweckungserlebnis hatte der Maler Paul Klee erst mit Mitte dreißig: 1914 in Tunesien, auf der Studienreise mit seinen Freunden und Kollegen August Macke und Louis Moilliet.
Leseprobe (Zitat Klee):
"Es dringt so tief und so mild in mich hinein, ich fühle das und werde so sicher, ohne Fleiß. Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiß das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: Ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler."
Wie im Rausch
Er malte und zeichnete so viel, dass sein Kunsthändler ihn anflehte, seine Bilder nicht mehr zu nummerieren, um durch die schiere Masse den Preis nicht zu drücken. Paul Klee. Der Mann mit den dunklen Knopfaugen. Der Baumkronen, eigentlich nur farbige Kreise, so auf die Leinwand brachte, dass trotz aller Abstraktheit die Natur spürbar war - und gleichzeitig die Bäume wie Noten über liniertes Notenpapier schwebten. Denn eigentlich wollte Klee Musiker werden.
Leseprobe (Zitat Klee):
"Es ist doch verflucht, wenn man heiratet, wenn man eine andere wahnsinnig liebt! Jawohl so ist's. Meine Geliebte ist und war die Musik, und die ölriechende Pinselgöttin umarme ich bloß, weil sie eben meine Frau ist."
Das schrieb er nach seinem Schulabschluss 1898 einem Freund.
Annäherung an die Person Klee
Die Reflexionen aus Paul Klees Briefen und Tagebüchern beeindrucken immer wieder in ihrer sprachlichen Schärfe und Klarheit. Der Kunsthistoriker Boris Friedewald verbindet sie leider nur zu einer sehr konventionell erzählten Biografie.
Das ist aber auch das einzige Manko an diesem sehr schön gemachten, hochwertigen Bildband, der Paul Klees Werk abbildet von den allerersten Kinderzeichnungen bis zu seinem letzten Stillleben. Malerische Phasen, die Entwicklungen und Einflüsse werden dabei deutlich herausgearbeitet.
Leseprobe:
In van Goghs Bildern fand Klee Invention und Natur aufs Vortrefflichste vereint. Dadurch angeregt begann er selbst wieder intensiver - noch immer überwiegend zeichnerisch - nach der Natur zu arbeiten. (…) Dafür experimentierte er mit den unterschiedlichsten Methoden. So beobachtete er mit dem Opernglas die Menschen auf Münchens Vorstadtwiesen, um sie alsbald "mit einfachsten Konturen" zu zeichnen, mit dem Ziel, "von der realen Perspektive zu abstrahieren". Ein andermal drehte er das Bild kurz vor der Fertigstellung einfach auf den Kopf, um es dann in dieser Position zu vollenden.
Unkonventioneller Mensch - erstaunlicher Künstler
Friedewald beleuchtet Klees berufliche Stationen, in München, in Weimar und Dessau am Bauhaus, als Professor in Düsseldorf und im Exil in der Schweiz. Ebenso sein Privatleben: die vielen erotischen Abenteuer und seine jahrzehntelange Ehe mit Lily, die erstaunlich modern war: Am Anfang blieb Paul zu Hause, kümmerte sich um den Sohn und kochte, während Lily das Geld verdiente. Das ist interessant, keine Frage - dennoch, die eigentliche Stärke dieser Biografie liegt nicht im Text, sondern in der Bildauswahl.
Ein Buch, indem der Leser immer wieder blättern kann. Über das Talent des kleinen Jungen staunt. Und sich verliert in den späteren Naturgemälden oder dem tunesischen Rausch der Farben.
Paul Klee. Sein Leben - Seine Kunst
- Seitenzahl:
- 192 Seiten
- Genre:
- Sachbuch
- Verlag:
- Prestel, 192 Seiten
- Bestellnummer:
- 978-3791345253
- Preis:
- 29,95 €