"Einfach Deutsch": Eine Liebeserklärung an den German Style
Was ist wohl "typisch deutsch"? Viele prägende Persönlichkeiten und Stilikonen haben den "German Style" weltweit verbreitet. Das zeigt ein Bildband zum 75. Jubiläum der Bundesrepublik.
Sicher, es gibt Ableger auf der ganzen Welt, aber eben nur ein Original: das Münchner Oktoberfest, das jährlich rund sechs Millionen Besucher aus der ganzen Welt anzieht und das Bild von Deutschland prägt - von B wie Bier und Brezen bis zu D - dem Dirndl. Dabei kommt es auf den feinen Blick an, denn entscheidend ist:
Wie sitzt die Schleife am Dirndl? Links heißt, die Trägerin ist single oder ledig, rechts bedeutet hingegen, die Trägerin ist in festen Händen und vergeben. Eine mittig gebundene Schleife deutet auf eine Jungfrau hin. Aber Obacht! Nicht alle Dirndl-Trägerinnen kennen diese Gepflogenheiten, was dann bisweilen direkt zu W wie "Watschn" führen kann. Leseprobe
Nur eine von vielen amüsanten und erhellenden Anekdoten, die Autor und Verleger Michael Köckritz in seinem Band "Einfach Deutsch" versammelt. Eine Mischung aus Bildband, Essay-Sammlung, kurzen Geschichten und langen Gesprächen.
Deutsche Marken und berühmte Persönlichkeiten
Dieses Buch ist eine Spuren- und Schatzsuche durch das letzte Dreivierteljahrhundert BRD. Und damit auch eine Würdigung vieler unverwüstlicher Produkt-Klassiker - von den Goldbären bis zur weißen Creme in der blauen Dose. "Nix Nivis ist im Lateinischen der Schnee und die abgeleitete Form Nivea ist dann die Schneeweiße", erläutert Thorsten Finke, der beim Hamburger Unternehmen Beiersdorf für die Markengeschichte zuständig ist.
Köckritz erwähnt in seinem gut 200 Seiten starken Band nicht nur Marken, sondern auch Menschen, die unser Land geprägt, geführt oder beeinflusst haben. Politiker wie Angela Merkel und Willy Brandt, Modedesigner wie Jil Sander und Karl Lagerfeld, Sportler wie Steffi Graf und Franz Beckenbauer, aber auch einige Hintergrund-Helden wie den Grafiker Otl Eicher. Der erfand für Olympia 1972 in München die reduzierten Piktogramme für die einzelnen Sportarten, die bis heute als Symbole rund um die Welt im Einsatz sind.
Oder Dieter Rams, der für die legendären Entwürfe des Elektrogeräte-Herstellers Braun verantwortlich war. Sein - vom Architekten Mies van der Rohe inspiriertes - Credo war: "Das Unwesentliche wegzulassen, um das Wesentliche damit mehr in den Vordergrund zu bringen."
Oder wie es Michael Köckritz ausdrückt:
Reduktion und Simplizität. Auf eine Formel gebracht: "Gutes Design ist so wenig Design wie möglich." Die Produkte von Apple wären ohne Rams nicht denkbar. Leseprobe
Ein großer Fundus an Entdeckungen
Nicht alle Texte sind besonders tiefgründig oder durchweg inspirierend; trotzdem bietet das Buch einen großen Fundus an Entdeckungen: Man freut sich über 150 Fotos, die "typisch Deutsches" abbilden, Stilikonen wie den Adidas-Turnschuh oder den VW Käfer. Und nicht besonders schicke, aber bis heute prägende und praktische Erfindungen, wie den guten alten Leitz-Ordner von 1871.
Am Anfang war das Chaos. Dann kam der Aktenordner - und siehe da, es ward fortan Ordnung in Deutschland und bald auch im Rest der Welt. Denn mit dem als Leitz-Ordner bekannten Ablagesystem, das Louis Leitz Ende des 19. Jahrhunderts erfand, wurde der deutsche Sinn für Ordentlichkeit auch haptisch greifbar. Leseprobe
Solche Passagen gibt es immer wieder - kleine Hintergrundinfos, die man beim Durchblättern des Buches liest, dabei einiges lernt, oft überrascht wird und immer wieder schmunzeln muss, denn Köckritz schreibt mit einem erfrischenden Augenzwinkern.
Einfach Deutsch. Eine Liebeserklärung an den German Style
- Seitenzahl:
- 208 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- teNeues
- Bestellnummer:
- 978-3961715732
- Preis:
- 40 €