"Die Affäre Alaska Sanders": Spannender Pageturner von Joël Dicker
Mit "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" gelang Joël Dicker vor gut zehn Jahren überraschend ein internationaler Bestseller. Jetzt ist mit "Die Affäre Alaska Sanders" die Fortsetzung auf Deutsch erschienen.
Es ist ein typischer Dicker. Manche Zungen behaupten, das Wort Pageturner hätte für den Schweizer erfunden werden müssen - es passt auf jeden Fall wieder. Ebenfalls vertraut ist das Personal: Im Mittelpunkt steht der nicht nur aus "Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" bekannte Schriftsteller Marcus Goldman - wie Dicker selbst früh zu Ruhm gekommen. Gut geht es ihm trotzdem nicht: Er muss erfahren, dass sein früherer Freund und Mentor Quebert richtig lag, als er prophezeite:
Sie werden feststellen, Marcus, dass Erfolg eine Art Krankheit ist. Er verändert das Verhalten. Der öffentliche Erfolg, der Ruhm, das heißt der Blick, den die Menschen auf Sie werfen, hat Einfluss auf ihren Lebenswandel. Das macht es Ihnen unmöglich, ein normales Leben zu führen. Leseprobe
Viele Parallelen zum ersten Teil
Der Erfolg treibt Marcus Goldman vor sich her; der 30-Jährige weiß nicht mehr, wofür er eigentlich steht. Außerdem vermisst er Quebert, der seit Erscheinen des Bestsellers spurlos verschwunden ist. Zum Glück gibt es jedoch einen neuen Fall. Lösen wird der Schriftsteller ihn zusammen mit Sergeant Gahalowood, ebenfalls bekannt aus dem ersten Teil. Und es gibt weitere Gemeinsamkeiten. Wieder handelt es sich um ein Verbrechen, das lange zurückliegt: Gahalowood ermittelte 1999 zusammen mit einem Kollegen im Mordfall Alaska Sanders: Die junge Frau wurde in den frühen Morgenstunden umweit von Mount Pleasant im Bundesstaat New Hampshire von einer Joggerin tot aufgefunden. Eric Donovan sitzt deshalb seit zehn Jahren im Gefängnis. Nun scheint sich zu bestätigen, was er standhaft behauptet: dass er unschuldig sei. Seine Anwältin hatte ihm seinerzeit trotzdem geraten:
"Ich weiß, dass du unschuldig bist. Ich wäre nicht hier an deiner Seite, wenn ich nicht davon überzeugt wäre. Aber ich glaube eben auch, dass wir, wenn du dich schuldig bekennst, Zeit gewinnen, um entlastende Beweise zu finden." Leseprobe
Nach den Beweisen forscht nun mit frischen Kräften das Duo Goldman/Gahalowood.
Joël Dicker erweist sich als Krimi-Virtuose
Wieder ist der Roman angelegt wie ein Puzzle. Joël Dicker wechselt nicht nur permanent die Perspektive, sondern auch die Zeitebene. Er springt so schnell zwischen Jahren und Personen hin und her, dass es nicht immer leicht ist, den Überblick zu behalten. Er ist dabei sehr geschickt, die Spannung steigt im Laufe des fast 600 Seiten langen Romans stetig. Irgendwann möchte man es einfach nur noch wissen - der Pageturner-Effekt. Hier, bei der Entwicklung des äußerst komplexen Kriminalfalls, erweist Dicker sich als Virtuose. Gekonnt legt er Spuren aus, die sich erst im Nachhinein ganz erschließen. Nicht immer überzeugen können die Passagen über die Sinn- und Lebenskrise des vom Erfolg gebeutelten Schriftstellers Marcus Goldman. Die dürften gerne komplexer sein. Wieder ist es Quebert, der es auf den Punkt bringt:
"Es ist Zeit, dass Sie zu Ihrer eigenen Identität als Schriftsteller stehen. Vor allem müssen Sie aufhören, partout in meine Fußstapfen treten zu wollen." Leseprobe
"Die Affäre Alaska Sanders": Guter Krimi mit überraschendem Ende
Trotzdem: Goldman ist ein ziemlich sympathischer Kerl und gibt zusammen mit Gahalowood und Laura Donovan, Ermittlerin und zudem Schwester des Inhaftierten, ein ziemlich gutes Team ab. Die Verwicklungen sind abenteuerlich, die menschlichen Abgründe tief und das Ende überrascht - wie bei jedem guten Krimi. Dieser liest sich flott und eignet sich gut als Urlaubslektüre. Und schon bald wird es vermutlich mehr davon geben. Dann vielleicht anders erzählt:
"Harry, hier ist Marcus." "Marcus! Wie geht es Ihnen?" "Ich bin unterwegs nach Florida." "Haben Sie sich entschlossen, dieses Haus zu kaufen, von dem Sie erzählt haben?" "Ja." "Das freut mich für Sie. Sie begeben sich endlich auf Ihre eigenen Spuren. Endlich werden Sie von ihnen erzählen." Leseprobe
Die Affäre Alaska Sanders
- Seitenzahl:
- 592 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Zusatzinfo:
- Aus dem Französischen von Michaela Meßner und Amelie Thoma
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-07196-3
- Preis:
- 26 €