Buchcover: Renoir. Rococo Revival © Hatje Cantz Verlag

Pierre-Auguste Renoir: Auf den Spuren des Impressionisten

Stand: 01.10.2022 06:00 Uhr

Der Bildband "Renoir. Rococo Revival" ist eine wunderbare Aufforderung, sich intensiv mit Renoir zu beschäftigen. Sei es durch das Betrachten der Bilder, sei es durch das Lesen der Texte, die aufs Feinste einordnen und erläutern.

von Katja Weise

Pierre-Auguste Renoir zählt zu den großen französischen Impressionisten. Kaum bekannt ist aber, dass der Künstler sich bei seiner Arbeit immer wieder auf die Malerei des 18. Jahrhunderts bezogen hat - auf die Epoche des Rokoko. Das hat die Ausstellung "Renoir. Rococo Revival" im Frankfurter Städelmuseum in diesem Frühjahr deutlich gemacht. Unter diesem Titel ist dazu bei Hatje Cantz ein umfangreicher Bildband erschienen.

Renoir: "Ich bin einer des 18. Jahrhunderts"

"Klassischer Impressionismus": Blumen wie getupft, eine bunte Sommerwiese, mittendrin, nur angedeutet, eine Frau mit Sonnenschirm, ein blondes Mädchen, das sich bückt. 1875 ist dieses fast skizzenhafte Gemälde entstanden, das in erster Linie von der Üppigkeit der Farben lebt - ein Rausch. Ganz anders das 1868 gemalte Porträt "Im Sommer": Mit klarem Strich fängt Renoir die junge Frau ein; die langen schwarzen Locken bändigt ein rotes Band, leicht gerötet sind auch die wunden Fingergelenke.

"Ich bin ein Figurenmaler", schrieb der Künstler viele Jahre später an seinen Maler-Freund Claude Monet. Während ihrer Beziehung malte Renoir Lise Tréhot, jene junge Frau mit den schwarzen Locken, immer wieder. Sie stand auch Modell für das erste Bild, das er erfolgreich im Pariser Salon ausstellen konnte: im üppigen, weißen Sommerkleid, auf den hochgesteckten Haaren kess ein Hütchen, den zierlichen, blauen Sonnenschirm lässig in der Hand. Bäume und Grün im Hintergrund sind eher zu erahnen als zu erkennen. Vielfach sind auf den Gemälden Renoirs Spaziergänger zu sehen, Menschen beim Picknick auf der Wiese oder beim Gartenfest. Ähnlich wie bei Watteau, mehr als hundert Jahre zuvor. "Renoir ist eine Verbindung der Gegenwart mit dem Dixhuitième, und zwar die deutlichste", hieß es beispielsweise in einer Renoir-Monografie von 1911. Auch Renoir selbst betonte die Verwurzelung im 18. Jahrhundert: "Ich bin einer des 18. Jahrhunderts. Ich denke in aller Bescheidenheit, dass meine Malerei nicht nur von einem Maler wie Watteau, von einem Fragonard, einem Hubert Robert abstammt, sondern dass ich einer der ihren bin."

Das zeigt der Bildband, indem er Gemälde in Beziehung setzt. So ist auf der einen Buchseite Lise mit offenen Locken zu sehen, erschöpft auf einem Stuhl sitzend - auf der anderen ein Bild von Jean-Baptiste Creuze von 1775, ganz ähnlich das Arrangement: Auch hier sitzt eine erschöpfte junge Frau auf einem Stuhl, beide scheinen starr am Betrachter vorbei zu schauen. Sind sie wirklich nur erschöpft?

Renoir - Der Arbeiter der Malerei

Die Faszination Renoirs für die Werke der Rokoko-Maler des 18. Jahrhunderts begann früh. Er wuchs in unmittelbarer Nachbarschaft des Louvre in Paris auf und begeisterte sich offensichtlich früh für die dort ausgestellten Werke von Rubens, Watteau und Boucher. Das ist in der informativen Einführung nachzulesen. Nicht nur in diesem Text, sondern auch in den anderen hier versammelten Aufsätzen ist viel zu erfahren über den "ouvrier de la peinture", den Arbeiter der Malerei, wie Renoir sich selbst nannte. Er war ausgebildeter Porzellanmaler. Eine Abbildung zeigt einen von dem Künstler dekorierten Kerzenständer - darauf eine nackte, nur von einem breiten, blauen Band umspielte Frauengestalt. Vielfach hat Renoir Frauen mit üppigen Formen gemalt.

Man mag ihm vorwerfen, dass die Frauen bei ihm häufig als "Objekte" der Begierde erscheinen, die dem voyeuristischen Blick eines zumeist männlichen Betrachters preisgegeben werden. Vielmehr jedoch dienten ihm die als vollendet erachteten Formen des weiblichen Körpers zur Erschaffung einer zeitlosen Welt, erfüllt von Schönheit und Sinnlichkeit. Leseprobe

Renoirs vielfältiges Werk

"Diana, dem Bade entsteigend" von Francois Boucher hat Renoir früh fasziniert. So sind in dem Band auch mehrere Gemälde mit Badenden zu finden, darunter die "Großen Badenden", drei Jahre hat der Künstler daran gearbeitet. Damals war er "mit dem Impressionismus am Ende", wie er es beschrieb und neigte der "Dekoration" zu. Wie vielfältig sein Werk ist, lässt sich beim Blättern und Lesen eindrücklich erleben. Gleichzeitig werden die Bezüge zu der Malerei des Rokoko konsequent deutlich, und die Ähnlichkeit der Bildaufteilung, des Settings, kann bei aller Verschiedenheit der Malstile wahrlich verblüffen.

"Renoir. Rococo Revival" ist eine wunderbare Aufforderung, sich intensiv mit diesem Künstler zu beschäftigen. Sei es durch das Betrachten der Bilder, die von der einfachen Skizze, über das detaillierte Porträt, das Stillleben bis hin zur hingestrichelten Landschaft eine ungeheure Vielfalt bieten. Sei es durch das Lesen der Texte, die aufs Feinste einordnen und erläutern.

Renoir. Rococo Revival

von Alexander Eiling (Hrsg.)
Seitenzahl:
328 Seiten
Genre:
Bildband
Verlag:
Hatje Cantz
Bestellnummer:
978-3-7757-5134-6
Preis:
50 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 02.10.2022 | 16:20 Uhr

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