"Marilyn & Me" - Bildband zeigt Marilyn Monroe nicht nur als Sex-Symbol
Am 4. August 1962 starb Marilyn Monroe unter bis heute nicht restlos aufgeklärten Umständen. Der Taschen-Verlag hat Lawrence Schillers Bildband "Marilyn & Me" nach neun Jahren neu aufgelegt.
Trotz ihres tragischen Todes bleibt die Schauspielerin in der kollektiven Erinnerung unsterblich: als Superstar des Hollywood-Kinos und als Sex-Symbol. Genau dieses Wort, "Sex-Symbol", steht auch gleich zu Anfang sowohl des deutschen als auch des englischen Wikipedia-Artikels. Marilyns attraktives Aussehen, ihr Dasein als platinblonde Männerphantasie mit perfekten Kurven prägt ihr Bild also bis zum heutigen Tag. Guido Pauling fragt sich, ob es heutzutage noch angemessen ist, dieses Image mit einem weiteren Bildband voller nackter Tatsachen zu festigen.
Fragwürdige Darstellungen
Das Titelbild des Bildbands zeigt das ganze Problem. Marilyn will geliebt werden von ihrem Publikum. Aber wie umwirbt sie die Star-versessene Öffentlichkeit, deren Aufmerksamkeit und Anerkennung sie sich so sehr wünscht? Mit Nacktbildern. Plantschend im Pool, die rotgeschminkten Lippen zum "Oh"-Mündchen geöffnet, ein schlankes Bein lang ausgestreckt auf dem Beckenrand. Frivol und fröhlich, lasziv und lässig - zweifellos wunderschön, diese Frau. Aber ebenso zweifellos keine Methode, um Anerkennung als exzellente Schauspielerin zu bekommen. Ging es Anfang der 60er-Jahre wirklich nicht anders? Wollte sie es nicht anders? Und wie ist es eigentlich heute für Schauspielerinnen?
Marilyn Monroes Körper als Marketing-Instrument
Süß und selbstbewusst zugleich, weiß Marilyn haargenau, was der Fotograf Lawrence Schiller sehen will, ablichten will, um seine Bilder in allen Top-Magazinen Amerikas, Frankreichs, Englands, Italiens, ja der ganzen westlichen Welt unterzubringen. Die Top-Story muss eine Topless-Story sein, das ist mal klar. Schließlich will Marilyn die größte Diva Hollywoods werden, und dafür muss sie auf die Titelseiten und - Vertragsbedingung! - Elizabeth Taylor darf nicht im selben Heft auftauchen.
"Marilyn wusste, dass ihr Film nicht die gleiche Beachtung bekommen würde wie die anderen Filme, die gerade gedreht wurden, wenn sie nicht etwas unternehmen würde, das öffentliche Aufmerksamkeit garantierte. Und wie ginge das besser, als sich auf eine Weise zu zeigen, die nicht ignoriert werden konnte?", erzählt Fotograf Lawrence Schiller im Buch.
Und wie sie sich zeigte: von hinten, von der Seite, das Bikinihöschen erst über die Hüfte aufgerollt, dann abgestreift. Glänzend ihre Haut, rund ihre Schultern, ihr Po, ihr Brustkorb und der Ansatz ihres Busens, strahlend ihr Gesicht. Umwerfend ihre Schönheit. Marilyn wusste das, also setzte sie ihren Körper als Marketing-Instrument ein.
Beeindruckende Bilder vom Set
Wäre das alles, man müsste dem Verlag vorwerfen, lediglich mit Marilyns Sex-Appeal auch Jahrzehnte nach ihrem Tod zum soundsovielten Male Geld machen zu wollen und mehr nicht. Doch die Pool-Bilder sind nicht alles, und hier wird's interessant.
In "Marilyn & Me" erzählt Schiller reflektiert und offen von seiner Geschäftsbeziehung zur Monroe. Aber auch von gegenseitigem Verständnis, von Marilyns großen Selbstzweifeln beim Dreh, ihren Ängsten und sehnlichen Wünschen. Wünschen nach künstlerischer Anerkennung, nach echter Liebe, vielleicht sogar nach einem Kind. Den 88 Poolbildern - in denen vieles angedeutet, aber nichts gezeigt wird - stehen im Buch 128 Fotografien Marilyns am Set gegenüber; in der Garderobe, bei ihrer kleinen Party an ihrem 36. Geburtstag - zu der kaum jemand erschien.
Schiller zeigt die ganze Marilyn, wie er sie kennengelernt und fotografiert hat, nicht bloß die Sex-Bombe. Eine manchmal nachdenkliche, meist fröhlich lachende junge Frau, die sich gern am Set von zig Helferinnen und Helfern umschwärmen lässt.
Und Schiller zeigt den tiefen Schmerz im Gesicht Joe DiMaggios, Marilyns ersten Ehemanns, dem sie sich gerade erst wieder angenähert hatte, bevor sie überraschend starb. Alles Bilder, die mehr beeindrucken als die des Nackedeis im Schimmbecken, auch wenn auf diesen eine der schönsten unbekleideten Frauen Amerikas zu sehen ist.
Marilyn & Me
- Seitenzahl:
- 200 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Hardcover, 23,2 x 31,6 cm, 1,85 kg
- Verlag:
- Taschen
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-6314-7
- Preis:
- 50,00 €