"Hawaii": Neuer Bildband zeigt den Archipel im Wandel
Die Inselkette Hawaii gilt nach wie vor als touristisches Traumziel. Trotz der Farbenpracht in der Natur zeigt ein neuer Bildband den Archipel nun in Schwarzweiß - und belegt, wie sehr sich Hawaii im Wandel befindet.
Weiße Schaumkronen türmen sich auf. Gischt funkelt unter der tiefstehenden Sonne. Sechs im Gegenlicht schwarze Konturen paddeln auf ihren Brettern über den Kamm einer Welle. Die Surfer sind fokussiert auf den nächsten Brecher, der sie Richtung Land gleiten lässt. Das Foto, wie alle im Buch, ist schwarz-weiß und ausdrucksstark, weil es einerseits den dynamischen Moment des ikonischen Sports einfängt und andererseits die Schönheit der Natur und den Einklang der Menschen mit ihr porträtiert.
Olaf Heine zeigt viel mehr als nur Klischees
"Für mich ist Hawaii der Ort, der am vielleicht nächsten am Ursprung unseres Planeten ist. Es ist ein unglaublicher Ort der Extreme, eines der artenreichsten und ökologisch diversesten Landstriche der Erde", erzählt Olaf Heine. Der Fotograf bereist Hawaii seit Ende der 90er-Jahre regelmäßig und hat tausende Fotos von der Inselgruppe geschossen. In seinem neuen opulenten Band zeigt er zwar auch Strände, Palmen und Surfkultur, aber auch noch viel mehr als nur Klischees.
Ein unfertiger Bungalow mit großer Fensterfront steht direkt auf einer Abbruchkante am Strand. Der Sand fällt den Abhang hinunter. Baumwurzeln ragen aus der losen Erde. Küstenerosion bedroht das Paradies. Ein paar Seiten weiter blickt eine Frau entsetzt auf die Wasserfront. Sie sitzt auf Sandsäcken, die den fliehenden Boden befestigen sollen. Die monströsen Hotelkomplexe im Hintergrund scheinen nicht mehr weit vom Meer entfernt zu sein.
"Ob das jetzt der Klimawandel ist, Erosion an den Stränden, Gentrifizierung, Rassismus und so weiter - es hängt alles zusammen. Für mich ist Hawaii die extremste Veranschaulichung von Marcel Prousts Bemerkung, dass die wahren Paradiese jene sind, die wir wahrscheinlich verloren haben. Und das war eben auch ein bisschen mein Ansatz, das Paradies noch mal festzuhalten oder das, was mir noch begegnet ist, bevor es vielleicht in der heutigen Zeit ganz verschwindet."
Idyllische Motive - kritisch hinterfragt
Olaf Heines Linse rückt die vermeintlich idyllischen Motive kritisch in den Fokus. Mal liegen Unmengen an Plastikmüll im Sand und verdeutlichen die Umweltverschmutzung des Archipels. Mal erinnern markante Porträts gesellschaftlich an den Rand gedrängter Einheimischer an die Gentrifizierung in der Luxusurlaub-Destination.
Nur mit einem knappen Bikini bekleidet, fährt eine Hawaiianerin mit dunklen Haaren und gebräunter Haut auf einem Skateboard durch eine Straße. Ihr Blick ist konzentriert auf ihren eleganten Ritt zu Boden gerichtet. Ästhetische Aktfotografie verweist auf die Freizügigkeit und den selbstbewussten Lebensstil vieler Einheimischer.
Fotoband "Hawaii" zeigt Fragilität des Inselreichs
Das beste Bild: zwei Jungen in Badehosen. Von ihren Rücken rinnen Wasserperlen hinunter. Auf ihren nassen Köpfen balancieren sie jeweils einen großen Fisch und blicken Richtung Meer - ein poetisches Foto der Fragilität des Inselreichs.
"Für mich war das so ein bisschen dieses Spiel der jungen Generation, die Tradition auf ihrem Kopf zu balancieren", erzählt Heine. "Jeden Augenblick kann sie kippen und die Tradition und die Kultur verloren gehen. Und da befinden wir uns jetzt gerade auf den Inseln."
Olaf Heines neues Buch ist ein fotografischer Höhepunkt in der Literatur des wohl meistfotografierten US-Bundesstaates.
Hawaii
- Seitenzahl:
- 272 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- teNeues
- Bestellnummer:
- 978-3-9617-1535-0
- Preis:
- 80 €