"Ein klarer Fall von Schicksal": Verliebt in einen verheirateten Mann
Wenn man frisch verliebt ist, sind da Schmetterlinge im Bauch. Dumm nur, wenn der andere verheiratet ist. Das passiert der Protagonistin im Roman "Ein klarer Fall von Schicksal" der Australierin Madeleine Gray.
Es ist Liebe. Hera, Mitte 20, ist sich sicher, dass Arthur, Mitte 40, der Mann ihres Lebens ist. Sie arbeitet als Communitymanagerin, er ist ein hohes Tier in der Firma. Eine ganze Weile schreiben sie auf der Dienst-Chat-App hin und her. Die beiden haben einfach einen Vibe. Dann ist der Moment gekommen: Sie schlafen miteinander. Kaum ist der Akt vollzogen, klingelt Arthurs Handy.
"Und es war klar, dass es eine Frau war. (...) Ich blickte ihn an, und langsam dämmerte es mir, und er blickte mich an und wusste, dass ich es wusste, und dann sagte er: 'Es tut mir so leid, Hera.' Und dann stand er auf. Und geht." Leseprobe
Zu seiner Frau. Hera ist "die Geliebte". Sie und Arthur beginnen eine Affäre. Immer wieder kommt Hera in den Zwiespalt, das vor Freunden und Familie zu erklären. Die seltenen Stunden mit Arthur verbringt sie mit ihm im Hotel - oder gleich draußen, ist billiger.
"Ich könnte eine Karte von Sydney mit allen Billighotels zeichnen. Oder eine mit allen Parks. Ich weiß, welche Parks uneinsehbare Ecken haben. Ich weiß, in welchen Parks Bäume stehen, deren Zweige wie Vorhänge herabhängen. Ich weiß, in welchen Parks das Gras am weichsten ist." Leseprobe
"Ein klarer Fall von Schicksal": Doofer Titel, hervorragendes Buch
Es ist würdelos. Das sieht auch Hera ein und macht Schluss. Und doch kann sie nicht von Arthur lassen. Immer wieder wartet sie auf den kleinen grünen Punkt, der anzeigt, wann Arthur online ist, den "Green Dot". Das ist auch der Originaltitel, der viel besser passt, als das nichts sagende "Ein klarer Fall von Schicksal", das der Atlantik Verlag dem Buch verpasst hat. Ein doofer Titel für ein ansonsten hervorragendes Buch.
"Ich sehe also durchaus, dass Arthur (...) ein untreuer Ehebrecher ist, der mir zwar Liebe verspricht, aber allerhöchstens ein paarmal pro Woche ein, zwei Stunden Zeit für mich hat. (...) und wohl eher nicht für einen langlebigen und ausgeglichenen Emotionshaushalt bei mir sorgen wird." Leseprobe
Wider besseren Wissens glaubt Hera aber doch an eine Zukunft mit Arthur. Dieses Buch ist keine klassische Romanze, denn Hera macht und tut, um ihr Verhalten zu rechtfertigen. Sie versetzt Freunde und ihren einsamen Vater, nur weil Arthur vielleicht ein bisschen Zeit hat. Und der macht sein Ding. Mit zunehmender Beklemmung liest man, wie Hera auf eine Mauer zurast.
"'Ich habe schlechte Nachrichten.' (...) Ich setze mich aufrecht hin, spüre, wie ich mich vor Entschlossenheit versteife. 'Kate ist schwanger.' (...) Der Name, um den ich bisher tunlichst einen großen Bogen gemacht habe (...). Arthurs Frau hat einen Namen und dieser Name lautet Kate. Kate, Arthurs Frau, ist schwanger, bekommt ein Kind von ihm." Leseprobe
Komplexer, wunderbarer Debütroman von Madeleine Gray
Die Rolle der Kate, die schließlich ein Opfer der Liebe zwischen Hera und Arthur ist, ist ein wenig dünn. Ansonsten ist es ein rasanter Roman in einem ehrlichen Plauderton, in dem Hera sich immer wieder selbst maßregelt und Leserinnen und Leser direkt anspricht. Das ist sicher etwas für Fans der Serie Kultserie "Fleabag".
"Sag es ihr aus freien Stücken, nicht, weil du gezwungen wirst. Sei mutig, Arthur. Ich flehe dich an. Ich kann kein Geheimnis mehr bleiben. Ich bin kein Geheimnis." Leseprobe
Das ist eine ganz schön komplexe Geschichte, die Madeleine Gray in diesem wunderbaren Debütroman aufschreibt. Hera kann man als Ehebrecherin lesen, aber auch als verliebten Menschen. Vieles an ihr und Arthur ist schön, aber das meiste eben nicht. Liebe ist kompliziert.
Ein klarer Fall von Schicksal
- Seitenzahl:
- 416 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- übersetzt von Hanna Hesse
- Verlag:
- Hoffmann und Campe
- Veröffentlichungsdatum:
- 4. Januar
- Bestellnummer:
- 978-3-455-01668-0
- Preis:
- 26 €