Durch Bibel-Geschichten die Freude am Gebärden entdecken
Wie zeigt man einen Engel in Gebärdensprache? Diese Frage beantwortet die in diesem Jahr erschienene "Inklusive Kinder Mitmach Bibel" der Hannoverschen Landeskirche. Sie präsentiert 37 biblische Geschichten in Gebärden.
Bibelstunde in der kirchlichen Kita St. Johannis im Stadtteil Bemerode: Reinhard Krüger, Religionspädagoge beim evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverband, begrüßt sechs Kinder mit einem Lied. Christiane Neukirch gebärdet die Worte dazu. Das Wort "Engel" wird mit angewinkelten Armen links und rechts und dem flatterhaften Bewegen der Hände gebärdet. Beim Wort "Gott" geht ihre rechte Hand neben ihrer Schulter in die Höhe.
"In der Gebärdensprache ist Gott so, dass man den Daumen, den Zeigefinger und den Mittelfinger nach oben streckt. Damit hat man einmal ausgedrückt, dass wir an Gottvater, Sohn und Heiligen Geist glauben und dass er oben im Himmel ist", erklärt Christiane Neukirch. "Der Himmel ist der Ort für Gott. Deswegen, weil der Himmel die Unendlichkeit verdeutlicht. Das kann jeder Mensch sehen."
Bibel-Geschichten für Kinder aufbereitet
Der Gebärde "Gott" begegnen die Kinder schon auf den ersten Seiten der inklusiven Kinder Mitmach Bibel. Sie beginnt mit der Erzählung vom Paradies. Neben dem Erzähltext sind die Gebärden auf Fotos zu sehen. Pfeile in den Abbildungen deuten an, wie sich Arme und Hände bewegen müssen. Wer will, kann eine der 37 Geschichten aus dem alten und neuen Testament auch per QR-Code im Internetvideo aufrufen.
Für die Kinder haben sie diese zudem neu erzählt, sagt Reinhard Krüger: "Was ganz hochaktuell ist, ist die Esther-Geschichte. Dass es einen urmenschlichen Konflikt gibt, den der Haman aufkommen lässt und er den König entscheiden lässt, das Volk der Juden umzubringen. Aber Esther tritt dann auf und erreicht, dass der König einen zweiten Erlass herausgibt, wo er sagt, die Juden sollen leben. Es ist keine Schönwetter-Geschichte, die wir da erzählen, aber sie ist für Kinder aufbereitet."
Gebärdensprache unterstützt alle Kinder
Im Kindergarten erzählen sie, wie Jesus den gelähmten Ben heilt. Christiane Neukirch setzt ihre Hände abwechselnd eine nach der anderen auf Bauchhöhe flach nach vorn. Einige der Vierjährigen machen das schnell nach und sind begeistert dabei.
Denn was anschaulich ist, prägt sich schneller ein, sagt Birgit Schrader. Sie ist Erzieherin und bildet sich derzeit im Bereich Inklusion weiter: "Da war ich besonders gespannt auf die Gebärdensprache, weil die für alle Kinder als Unterstützung sehr sinnvoll ist, also nicht nur für Inklusion, sondern für die Allgemeinheit. Weil man durch die Gebärden sein Tun noch einmal unterstreicht, gerade wenn auch Kinder sprachliche Schwierigkeiten haben. Ich würde es auch gerne können."
Keine Scheu vor Gebärden
Zugleich lernen die Kinder eine neue Sprache, mit der sie auch mit Nicht-Hörenden Kontakt aufnehmen können, sagt Christine Neukirch, die lange in der gebärdensprachlichen Seelsorge gearbeitet hat: "Die Menschen, die Gebärden brauchen, können sich nicht auf die Hörenden zubewegen, aufgrund ihres Hörstatus. Aber wir, die wir hören, können uns auf die Menschen, die Gebärden brauchen, zubewegen. Da setzen wir an mit unserem Projekt. Wir möchten einfach, dass möglichst viele Menschen die Scheu vor Gebärden verlieren und die Freude am Gebärden entdecken."