Eine Frau und ein Mädchen im Park © Fritzi Blömer Foto: Fritzi Blömer

"Claras Preis": Jugenditeraturpreis geht an Mascha aus der Ukraine

Stand: 29.09.2023 12:09 Uhr

Maria Buchtijarova - genannt Mascha - bekommt in Hamburg den Jugendliteraturpreis "Claras Preis" verliehen. In ihren Kurzgeschichten verarbeitet sie unter anderem ihre Flucht vor dem Krieg in der Ukraine.

von Fritzi Blömer

Die 14-jährige Mascha lebt mit ihrer Mutter in Vechta und besucht dort das Gymnasium Kolleg St. Thomas. Ihre deutschen Kurzgeschichten haben die Jury um Kinder- und Jugendbuchautorin Cornelia Funke überzeugt. In einer erzählt sie von ihrer neuen Heimat Vechta.

Erst in der Muttersprache geschrieben, dann übersetzt

"Guten Morgen Vechta, guten Morgen! Wir kennen uns schon seit fast einem Jahr. Fast ein Jahr lang hast du mich unterstützt und beschützt. Du hast dich um mich gekümmert und meinen Schmerz geheilt. Vechta, ich bin vor dem Krieg zu dir geflohen. Zwischen dir und meiner Heimatstadt liegen 2000 Kilometer und zwei völlig unterschiedliche Leben." Mascha blickt auf ihr Smartphone. Ruhig und konzentriert liest sie die Zeilen, die sie zuerst in ihrer Muttersprache geschrieben hat, um sie dann ins Deutsche zu übersetzen.

"Deutschland hat sein Herz für mich geöffnet"

Eine Frau und ein Mädchen im Park © Fritzi Blömer Foto: Fritzi Blömer
Die Lehrerin Reinhild Kluge-Hölzen vom Gymnasium Kolleg St. Thomas in Vechta hat die 14-jährige Maria Buchtijarova, genannt Mascha, ermutigt, am Wettbewerb um "Claras Preis" teilzunehmen.

In ihren Geschichten verarbeitet sie vor allem, was sie in vergangenen Jahren erlebt hat. Als sie fünf Jahre alt war besetzte Russland ihre Heimatstadt Donezk. Ihre Familie floh nach Charkiw, wo Mascha eine deutsche Schule besuchte. Ihr Traum war es immer nach Deutschland zu reisen, vielleicht sogar hier zu studieren. Das beschriebt die 14-Jährige auch in ihren Geschichten: "Wer hätte gedacht , dass mein Traum auf diese Weise wahr werden würde. Und ich komme nicht als Touristin oder Studentin . Ich bin als Flüchtling gekommen und Deutschland hat sein Herz für mich geöffnet." Mascha lächelt, wenn sie von ihrem neuen Zuhause erzählt, sie fühlt sich willkommen.

Am Anfang hat Masche nur wenig gesprochen

Der Anfang war nicht leicht: Als sie an die Schule kam, habe sie noch wenig gesprochen, erzählt Lehrerin Reinhild Kluge-Hölzen. Nach und nach habe Mascha mehr Vertrauen gefasst. "Ich habe sie gefragt was sie gerne tut." Sie schreibe gern, hat Mascha geantwortet und der Lehrerin ihre Geschichten gezeigt. "Die waren so wunderbar, literarisch wirklich sehr wertvoll. Und ich habe gedacht, das müsste man wirklich veröffentlichen, oder irgendwo einreichen." Und so kam die Idee mit "Claras Preis".

Premiere für "Claras Preis"

"Claras Preis" wird in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen: Mehr als 300 Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren haben ihre Geschichten eingereicht, zwölf werden ausgezeichnet. Schirmherrin und Jurymitglied Cornelia Funke lädt alle Gewinner zu einem Workshop in die Toskana ein, wo die Autorin lebt. Danach wird ein Sammelband mit allen Geschichten erscheinen.

Preis eine große Überraschung

Mascha hat schon in der Ukraine an zahlreichen Wettbewerben teilgenommen. Doch "Claras Preis" ist für sie etwas besonderes. Als die Nachricht per Mail kam, dass sie eine der Preisträgerinnen ist, war die Freude riesig. Ihre Mutter war da schon im Bett, erzählt die Schülerin. "Mutter ich habe gewonnen, schlaf nicht, ich habe gewonnen", habe sie gerufen. "Wir haben uns einfach sehr sehr gefreut - das war die größte Überraschung für uns." Und nicht nur für sie: Auch für ihre Lehrerin und die ganze Schule, erzählt Hölzen. "Ich finde das wichtig und schön für ihre Klasse, die Mascha ja wirklich gut aufgenommen hat. Darüber hinaus finde ich, ist das ein ganz wichtiges Zeichen, dass dieser Krieg in der Ukraine einfach nicht vergessen wird. Der läuft jetzt schon seit eineinhalb Jahren. Ein Ende ist nicht abzusehen. Und was die Kinder erleben das darf nicht in Vergessenheit geraten."

"Ich kann wieder Farben sehen"

Mascha wird es nicht vergessen. Und sie wird auch nicht vergessen, wie Deutschland und insbesondere Vechta sie aufgenommen hat. Denn sie hat es aufgeschrieben: "Du bist ein Ort der Macht, Vechta. Ich kam zu dir, verwüstet und vom Krieg gezeichnet. Du hast mich ins Leben zurück geholt. Ich kann wieder Farben sehen , ich genieße den Sonnenschein . Ich genieße das Vogelgezwitscher und die warme Brise. Ich komme aus dem Haus und sage: Guten Morgen Vechta, möge jeder Morgen gut für dich sein."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 29.09.2023 | 07:40 Uhr

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