Bildschöne Bücher: "My Black Skin. Lebensreisen"
Nach dem Erfolg ihres Debüts "My Black Skin. Schwarz. Erfolgreich. Deutsch" hat Dayan Kodua nachgelegt. Band 2 erzählt die Geschichten von 23 Protagonist*innen mit Texten und ausdrucksstarken Fotos.
Zwei Brüder stehen Stirn an Stirn zusammen und lachen. Ein Mann - Neurochirurg von Beruf - hat den Kopf auf die Hand gestützt und blickt in sich gekehrt nach unten. Die Räder seines Rollstuhls sind erst auf den zweiten Blick zu sehen. Eine Yogalehrerin sitzt auf einem Tisch, reckt den Kopf in den Nacken und greift dabei mit der rechten Hand nach ihrem linken Fuß. Das sind drei der Fotos in Dayan Koduas neuem Buch.
Die Menschen, die sie mit Bildern und Texten vorstellt, haben etwas gemeinsam: Sie leben in Deutschland und haben eine dunkle Hautfarbe. Darüberhinaus aber sind sie so unterschiedlich, wie Menschen nun einmal sind - selbstbewusst oder schüchtern, männlich oder weiblich, jünger oder älter. "Lebensreisen" hat Dayan Kodua den zweiten Band von "My Black Skin" im Untertitel genannt.
Schwarze Menschen erzählen von ihrem Leben in Deutschland
Wie schon beim Vorgängerbuch hat sie auch diesmal mit dem Fotografen Thomas Leidig zusammengearbeitet. Gemeinsam stellen sie Menschen vor, die von ihrem Leben in Deutschland erzählen. Gleich auf den ersten Seiten kommt Samuel zu Wort. "Samuel Agyapong ist Ghanaer, er ist ein Maurer hier in Hamburg", sagt Kodua. Auf dem Foto sieht man ihn mit nachdenklichem Blick. Am Handgelenk trägt er ein Armband aus farbigen Holzperlen.
Samuel - so steht es im Text auf Deutsch und Englisch - musste hart dafür kämpfen, dass er jetzt auch hier in Deutschland in seinem Beruf arbeiten kann. Der Maurer aus Hamburg, erzählt die Autorin, gehört zu den Menschen im Buch, die vorher noch keine Erfahrungen mit professionellen Fotoshootings hatten. Manche waren über sich selbst erstaunt, als sie die Bilder zum ersten Mal gesehen haben.
Kommt so, wie ihr Euch wohlfühlt, hat Dayan Kodua ihren Protagonistinnen vor dem Fotoshooting gesagt. Manche haben ein besonderes Kleidungsstück an. Eine Modedesignerin trägt ein knallrotes Kleid. Ein Mann, der in Bayern lebt, zeigt sich in Tracht. "Hier haben wir Paguiel Mlapa", beschreibt Kodua. "Trachtenhose, dazu sein kariertes Hemd und eine Strickjacke. Der läuft wirklich so rum und ist stolz, ein Bayer zu sein."
"Wenn ich durch einen Bildband blättere, dann will ich Facetten sehen"
Während der Arbeit am Buch, erzählt Dayan Kodua, ist Paguiel Mlapa zum Bankdirektor befördert worden: "Deutschlands erster schwarzer Bankdirektor. Ich habe noch nie einen schwarzen Bankdirektor gesehen. Ich sehe noch nicht mal Bankangestellte mit schwarzer Hautfarbe."
Auf dem Foto sieht man Paguiel Mlapa einmal, wie er mit offenem Lachen in die Kamera blickt. Im zweiten Bild hat er die Arme vorm Körper verschränkt. Hochwertige, ausdrucksstarke Fotos sind es, auf denen die Fotografierten eben nicht nur lächelnd geradeaus in die Kamera blicken. Dayan Kodua war das besonders wichtig: "Selfies kann jeder machen. Wenn ich durch ein Album, durch einen Bildband blättere, dann will ich Facetten sehen, dann will ich Vielfalt sehen. Menschen dazu zu bringen, nicht in die Kamera zu gucken und trotzdem präsent zu sein - das ist schon großartig, wenn man das kann."
Ein gutes Beispiel dafür ist das Foto von Bradley Iyamu. Der Hamburger ist Musiker und Filmregisseur und betreibt eine Agentur für schwarze Schauspielerinnen und Schauspieler. Auf dem Bild im Buch sitzen seine Kollegin Joana Kohrs und er Schulter an Schulter auf zwei weißen Holzstühlen, beide haben die Augen geschlossen. Was Bradley Iyamu durch den Kopf geht, wenn er sich dieses Foto jetzt im Buch ansieht? "Eigentlich nur zwei Wörter: blindes Verständnis. Ja, Vertrauen und blindes Verständnis."
Bradley Iyamu hat seiner Geschichte auch ein persönliches Motto voran gestellt: "Glaub an deine Vision und zieh dein Ding durch, auch gegen Widerstände. Ein Nein ist niemals das Ende. Man wird oft abgewiesen und ein Nein soll dich nicht aus der Bahn werfen. Am Ende lohnt sich dieser Kampf."
"Starke Vorbilder sind die beste Motivation"
Der Pressesprecher der Berliner Polizei. Ein prämierter Spitzenkoch. Die erfolgreiche Infektiologin Marylyn Addo, deren Gesicht mittlerweile aus vielen Fernsehinterviews zum Thema Corona bekannt ist. Die aber früher als schwarzes Kind in Deutschland oft vor allem einen Wunsch hatte: unsichtbar zu sein. "Nicht aufzufallen als Schwarze ist schwer in einer mittelgroßen Stadt mit kaum anderen schwarzen Familien im Stadtteil", so Addo.
Die Porträts zeigen, was diese Frauen und Männer in unsere Gemeinschaft einbringen und warum es sich lohnt, sie kennenzulernen, schreibt Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher im Vorwort. Starke Vorbilder sind die beste Motivation, sagt Dayan Kodua. Sie möchte vor allem auch der Generation ihrer Kinder Mut machen: "Wir leben nun mal in einem Land, in dem wir in der Minderheit sind. Deswegen ist es wichtig, dass die Jüngeren sehen, dass wir da sind und dass wir großartige Sachen leisten."
Gleichzeitig sind die Geschichten der Menschen in ihrem Buch natürlich nicht nur für die schwarze Community, sondern für alle interessant.
My Black Skin - Lebensreisen
- Seitenzahl:
- 104 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Gratitude
- Bestellnummer:
- 978-3982076867
- Preis:
- 35 €