Bildschöne Bücher: "Matisse. Einladung zur Reise"
Das Kunsthaus "Fondation Beyeler" zeigt Matisse noch bis Ende Januar in einer großen Retrospektive. Der fulminante Katalog zu dieser Ausstellung dürfte all' diejenigen trösten, die es nicht nach Basel schaffen.
Reisen an exotische, ferne Orte - der Maler Henri Matisse hat das geliebt. Er war immer auf der Suche nach fremden Orten, um Impulse für seine Arbeit zu bekommen. Länder wie Marokko, Amerika, Russland und Spanien haben ihn inspiriert. Die Entwicklung seiner Kunst war ebenfalls eine große Reise, von den zaghaften Anfängen bis hin zu den form- und farbstarken Scherenschnitten.
Reise durch die künstlerische Entwicklung von Matisse
Da ist nur Schönheit und Genuss,
Ordnung, Ruhe, Überfluss.
Charles Baudelaire
So endet das Gedicht "L’invitation au voyage", Einladung zur Reise, von Charles Baudelaire, mit dem sich Henri Matisse immer wieder beschäftigt hat. Und der Einladung dieses wirklich besonderen Buches folgt man nur zu gern.
Auf den mattgrünen, rosafarbenen, gelben und blauen Seiten folgt die Farbstimmung dem Inhalt der Texte. Durch mehrere Einbandklappen liest und blättert man sich, sieht eine Fotografie von Matisse neben seinem Bild "Interieur au rideau égyptien" aus dem Jahr 1948, das auch auf dem Einband abgedruckt ist, erfährt von seinen tatsächlichen Reisen, geht mit ihm ins Atelier zu den weiblichen Modellen, mit denen er oft viele Jahre arbeitete. Man folgt dem Maler durch sein Leben und seine künstlerische Entwicklung, stets Baudelaire im Ohr.
Wie Welt entschlummert lind
In einem warmen Licht zur Nacht.
Da ist nur Schönheit und Genuss,
Ordnung, Ruhe Überfluss
Charles Baudelaire
Die Kunst von Matisse wird bunt und lebendig
Schon die ersten Reisen in den Süden Frankreichs, nach Collioure, haben eine so gewaltige Wirkung auf Matisse, dass er seine Farbpalette erweitert und seine Malerei umkrempelt. Wo vorher matte, dunkle Töne vorherrschten, wird es jetzt bunt und lebendig.
Das offene Fenster, "La fenêtre ouverte", malt Matisse 1905. In der Bildmitte zwei geöffnete Balkontüren. Die linke Wand strahlt saphirgrün, die rechte in unterschiedlichen Rosatönen. Durchs Fenster, von grünen Ranken umrandet, sieht man den Hafen, Segelschiffe mit wenigen Farbstrichen angedeutet, dahinter ein rosafarbener Himmel.
"Reisen und das damit verbundene Erlebnis des Lichts waren entscheidende Aspekte, die seine einzigartige künstlerische Entwicklung vom revolutionären Frühwerk bis hin zu den späten ikonischen Scherenschnitten mitprägten", schreiben Sam Keller und Kurator Raphaël Bouvier im Vorwort.
Die Liebe für Muster und Stoffe
Matisse entwirft Kostüme für die Ballets Russes, Glasfenster für eine Kapelle, Wandmalereien und Illustrationen. Er arbeitet bildhauerisch und zuletzt rein grafisch in den berühmten Scherenschnitten. Die kleine Form oder die große, ganz gleich - Matisse sucht den Ausdruck, will reduzieren, die klarste Linie, die herausforderndste Farbe finden.
Die verschiedenen Entwicklungsstadien seiner Bilder hält er oft mit der Kamera fest, wie etwa bei dem Gemälde "La grande robe bleue et mimosas" aus dem Jahr 1937. Abgedruckt auf der linken Buchseite sind neun Schwarzweiß-Fotografien, die die unterschiedlichen Stadien des Bildes zeigen, rechts prangt großformatig die sitzende blonde Frau im blauen Kleid. Ihre Haltung hat sich verändert. Im ersten Bild lehnt sie, liegt fast auf einer Chaiselongue; am Ende sitzt sie aufrecht. Der Bildhintergrund ist beinahe symmetrisch, kontrastiert in starken Rot- und Schwarztönen mit gelben Linien, die ein Sitzmöbel andeuten. Die farbige Ausarbeitung des Hintergrundes war Matisse immer wichtig. Er liebte Muster und Stoffe, drapierte sie, spätestens seit seiner Faszination für den Orient, in seinen Ateliers zu Bühnenräumen.
"Als Spross einer traditionsreichen Familie von Webern, die seit mehr als 300 Jahren in Le Cateau-Cambrésis ansässig war, war Matisse stark geprägt von den Farben der Stoffe, der Materialfülle und dem Reichtum der dekorativen Muster, die ihn umgaben", schreibt der Leiter des Matisse-Museums im Departement Nord, Patrice Deparpe.
Beeindruckende Buchgestaltung
Gestaltet hat das Buch das vielfach ausgezeichnete Schweizer Grafikduo Valeria Bonin und Diego Bontognali. Mit ersichtlicher Freude, mit Liebe zum Inhalt und einem tiefen Verständnis des Werkes von Matisse begleitet die beeindruckend durchdachte Gestaltung die hier erzählte Reise.
Da ist nur Schönheit und Genuss,
Ordnung, Ruhe Überfluss
Charles Baudelaire
Matisse. Einladung zur Reise
- Seitenzahl:
- 216 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Hatje Cantz
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-5779-9
- Preis:
- 58 €