"Blue Prints" - das erste Fotobuch der Welt
Die englische Zeichnerin Anna Atkins (1799–1871) nutzte für die Publikation ihrer Pflanzensammlung die eben erst erfundene Cyanotypie - damit schuf sie 1843 das erste Fotobuch der Geschichte. Der Verlag Klinkhardt & Biermann hat ihr einen Bildband gewidmet.
Diese blauen Darstellungen sind die allerersten fotografischen Bilder, sie werden nach dem Farbton "Cyan" auch "Cyanotypie" genannt. Algen und Farne wurden 1843 von der Engländerin Anna Atkins mit dieser Technik aufs Papier gebannt.
Vielleicht geht es Ihnen auch so: Beim Wort "Blue Prints" denken sie an den Song der Rainbirds. Doch die Geschichte von Anna Atkins beginnt fast 200 Jahre zuvor. Gemeint ist hier mit Blue Print auch nicht "Kopie" oder "Entwurf", sondern ein damals ganz neues fotografisches Verfahren.
Aus Faszination über die neue Technik erschafft Atkins ihre Bilder
Nach dem frühen Tod der Mutter ist Anna der Augenstern ihres Vaters, der sie vor allem in den Naturwissenschaften unterweisen lässt, in denen er selbst - als Chemiker, Zoologe und Mineraloge - zu Hause ist. Anna ist talentiert: Sie illustriert die von ihrem Vater übersetzen Schriften Lamarcks über die Wirbellosen mit Hingabe: zweihundert detaillierte Zeichnungen von Muscheln. Nachdem sie auf die neue Technik der Cyanotypie gestoßen ist, bringt sie sich das Verfahren bei und beginnt mit ihrer - bis heute - einzigartigen Arbeit.
"Die Schwierigkeit, präzise Zeichnungen von derart feingliedrigen Gegenständen wie Algen und Wasserfäden herzustellen, hat mich bewegt, den eleganten Prozess der Cyanotypie zu nutzen", schreibt Anna Atkins in der Einleitung ihrer "Photographs of British Algae" 1843. Einem Werk, das als das erste Fotobuch der Welt gilt und dessen Schönheit und Merkwürdigkeit der Fotograf und Hochschullehrer Rolf Sachsse in dem neuen Band nachspürt.
"Die Algen muss man zunächst aus dem Meer holen - und am besten gleich vor Ort von Sand und anderem Bewuchs entfernen. Dann präpariert man sie mit Schere, Pinzette und Pinsel, um sie danach zwischen Seidenpapier unter die Presse zu legen. Einige Tage später können sie dann belichtet werden. Man legt sie einfach auf die mit verschiedenen Salzen präparierten Papiere und ihre Umrisse bleiben weiß, während sich der Rest blau färbt." Leseprobe
Buchgestaltung und Motive ergänzen sich hervorragend
Aus dem tiefen Blau taucht eine Form auf. "No. 31 Zygnema nitidum", eine Art Seegras, scheint im Wasser in die Tiefe zu sinken. Haarfeine Fäden, weiß, durchscheinend, in einer strudelnden Bewegung, fast, als schlängelte sich die Pflanze in der Strömung.
Auf der gegenüberliegen Seite, "No. 32. Cystoseria fibrosa". Das ganze Blatt füllen Stängel, Ästchen und knotenförmige Verdickungen. Eine gewöhnliche Braunalge, von der hier durch Abbildung, Anordnung und reduzierte Farbigkeit (Blau und Weiß) eine stille Schönheit ausgeht.
Die Faszination dieser Bilder entfaltet sich, indem man sie einfach auf sich wirken lässt. Gebannt blättert und liest und schaut man. Nicht zuletzt aufgrund der Arbeit der Buchkünstlerin und Grafikerin Marion Blomeyer, die durch Typografie und Gestaltung Anna Atkins in den Mittelpunkt stellt und eine Künstlerin zeigt, die sich nicht als solche sah, zu Lebzeiten nicht als solche gewürdigt wurde und die dennoch, nebenbei, das erste Fotobuch der Welt schuf.
Blue Prints
- Seitenzahl:
- 72 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Rolf Sachsse (Texte) und Marion Blomeyer (Gestaltung), Text: Deutsch, 50 Farbabbildungen, 14 x 20,5 cm, gebunden
- Verlag:
- Klinkhardt & Biermann
- Bestellnummer:
- 978-3-943616-81-1
- Preis:
- 16,00 €