Stiftungen: Arbeit wirklich nur fürs Gemeinwohl?
Stiftungen leisten vieles, wozu der Staat nicht das Personal oder das Geld hat. Das weckt manchmal auch Kritik. Ein Überblick zur Arbeit der Einrichtungen, die im Rahmen der Stiftungstage (26. September bis 3. Oktober) zu Veranstaltungen in Hamburg einladen.
Die Regeln sind einfach und klar. "Wer eine Stiftung errichtet, trennt sich für immer von seinem Vermögen", schreibt der Bundesverband Deutscher Stiftungen auf seiner Webseite. Und weiter: "Die Stiftung legt das ihr übertragene Vermögen sicher und gewinnbringend an. Die so erwirtschafteten Überschüsse werden für den gemeinnützigen Zweck ausgegeben". Zumeist kommen diese Überschüsse den Bereichen Bildung, Soziales, Wissenschaft oder Forschung zugute. Oder dem Erscheinungsbild der Stadt, etwa in Lübeck, wo schon im 12. Jahrhundert das St. Johannis-Jungfrauenkloster gegründet wurde, die älteste Stiftung Schleswig-Holsteins.
Ohne Stiftungsgeld sähen viele Museen und Theater alt aus
Sehr viele private und gemeinnützige Stiftungen haben sich zudem der Kultur verschrieben, wie etwa die NORD/LB Kulturstiftung. Sprecher Ulrich Hartmann spricht von strategischer Förderung: "Wir wurden mit der Geschichte des Klaviers konfrontiert - und zwar in der Klavierstadt Braunschweig, in der 40 Prozent der deutschen Klavierproduktion stattfindet. Dann haben wir zu dem Thema 15 Partner ins Boot geholt und das Ganze ist sensationell angekommen."
Gerade Kulturpolitikerinnen und -politiker könnten, ohne privates Geld, teure Museen und Theater kaum bespielen. Über Beispiele aus seiner Zeit als niedersächsischer Kultur- und Wissenschaftsminister muss Lutz Stratmann (CDU) nicht lange nachdenken: "Manches wäre in Niedersachsen gar nicht entstanden. Wenn ich an das Museumsdorf in Cloppenburg denke, an das Horst-Janssen-Museum in Oldenburg oder die Kunsthalle Emden - das sind nur einige Beispiele, wo mit Geldern der Stiftung Niedersachsen geholfen wurde."
Zunehmende Privatisierung staatlicher Aufgaben?
Daran gibt es auch Kritik; geklagt wird über die zunehmende Privatisierung staatlicher Aufgaben. Vom rasanten Anstieg der Stiftungs-Neugründungen und dem Verdacht von Steuervermeidung, gar von Selbstverwirklichung Reicher und Prominenter ist die Rede. Erst recht der Skandal um die hoch umstrittene Stiftung Klima- und Umweltschutz in Mecklenburg, Stichwort: Nord Stream 2. Nüchtern drückt es die Politikwissenschaftlerin Anja Hirsch so aus: "Das Grundproblem ist die Intransparenz. Stiftungen sind nicht gesetzlich zur Transparenz verpflichtet. Es gibt auch kein bundeseinheitliches Stiftungsregister, wo die gemeinnützigen Stiftungen alle aufgelistet sind."
"Es fehlt verpflichtende Transparenz"
Listen gibt es genug. Schaut man im Internet auf die Seite des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, so kann man dort die Porträts von fast 30.000 Stiftungen einsehen. 90 Prozent davon sind nach eigenen Angaben gemeinnützig. Dazu Birgit Weitemeyer, Rechtswissenschaftlerin von der Bucerius Law School in Hamburg: "Es fällt in keine Rechtskategorie, ob Stiftungen möglicherweise in Grenzbereichen unterwegs sind oder dass es da vielleicht ein Geschmäckle gibt. Trotzdem muss man meiner Ansicht nach in einer offenen Zivilgesellschaft darüber diskutieren dürfen. Wir können aber nicht darüber diskutieren, wenn die 'Guten' transparent sind und die anderen nicht. Was fehlt, ist verpflichtende Transparenz."
Stiftungstage in Hamburg vom 26. September bis 3. Oktober
Zunächst aber soll gefeiert werden: "Zukunft" ist das Motto der Stiftungstage, die vom 26. September bis 3. Oktober in Hamburg stattfinden. Auf dem Programm stehen Experimente wie das "Digitale Musiktheater", mit Veranstaltungen zur Künstlichen Intelligenz, eine Videospiel-Werkstatt, Treffen mit Tiktok-Moderatoren oder auch ein "Battle der Generationen", wo sich Jung und Alt vor Publikum über die großen Fragen streiten dürfen. Alles möglich gemacht durch privates Geld gemeinnütziger Stiftungen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Fassung haben wir irrtümlich einen falschen Namen im Zusammenhang mit der NORD/LB und ihrem Engagement im Stiftungswesen genannt. Wir haben diesen Fehler korrigiert und bitten den Irrtum zu entschuldigen.