Ende der Ära Katja Taranu am Tanztheater Rostock
Der Vertrag der Leiterin der Tanzcompagnie am Volkstheater Rostock wurde nicht verlängert. Das hat zu einem öffentlichen Protest vor allem aus den Reihen ihrer Tänzer und Tänzerinnen geführt.
Sie gehören zusammen. Eine dufte Truppe, die sich richtig gut versteht. Eine gefährliche Truppe. Die sieben Todsünden nämlich und der kleine Mensch, der sich ihrer erwehren muss. "Mensch werden" - so heißt das aktuelle Tanzstück der Rostocker Tanzcompagnie.
Intendant Reichel: "Mir ist es wichtig, dass wir spartenübergreifend arbeiten"
Katja Taranu wird zum Ende der Spielzeit das Rostocker Volkstheater verlassen. Ihr Vertrag wurde nicht verlängert. Intendant Ralph Reichel zu den Gründen: "Mit der Nichtverlängerung von Katja ist eine Richtung verbunden. Mir war wichtig, ist wichtig und wird wichtig sein, dass wir spartenübergreifend arbeiten, dass wir auch Musical machen, dass da auch die Tänzer drin sind. Viele Tänzer machen nicht so gern Musical. Das ist verständlich und akzeptabel. Das ist aber für das Profil unseres Hauses nicht möglich."
Im Juni hatte der Intendant der Tanzchefin seine Entscheidung mitgeteilt. Die Sache war auch insofern voraussehbar, weil Theatermitarbeiter nach 15 Jahresverträgen fest eingestellt werden müssen. Katja Taranu hatte deshalb zumindest im kommenden Jahr damit gerechnet. Sie bedauert aber, dass es keine Vorgespräche gab: "Ich glaube, ich bin der Mensch, mit dem man reden kann. Ich hätte mir vorher von ihm ein Wort gewünscht, dass er sagt: 'Ich werde die Entscheidung treffen, aber wir sollten darüber sprechen.' Das ist der Punkt, der mich persönlich verletzt."
Tanzcompagnie blickt in eine ungewisse Zukunft
Protest kommt aber aus den Reihen ihrer Weggefährten. Proteste haben am Rostocker Theater fast Tradition. Gerade wenn es um den Tanz geht, eine Sparte, die jahrelang bedroht war. Johann Petzold hat für einige Tanzstücke am Haus die Musik komponiert. "Es ist das Umfeld, was gerade nicht verstehen kann, warum so mit ihr umgegangen wird. Es ist das Theater intern, was so aufbegehrt und sagt, dass das so nicht geht. Katja braucht ein Dankeschön. Katja würde niemals für sich Partei ergreifen, sagt immer, dass sie das verstehen kann. Das heißt aber nicht, dass wir das verstehen, weil es einfach nicht fair ist", findet Petzold.
Die Nichtverlängerung ihres Vertrags ist aber gar nicht das, was Katja Taranu dem Intendanten vorwirft: "Eigentlich hätte die Compagnie zum selben Zeitpunkt, als sie erfahren hat, dass ich nächstes Jahr nicht mehr unter Vertrag bin, wissen sollen, wer sie nächstes Jahr leiten wird. Dann kann man sich ausmalen, wo die Reise hingeht. Es ist wichtig zu wissen, ob es eine zeitgenössische Compagnie bleibt - diese Information hat einfach gefehlt und fehlt bis heute.
"Katja Taranu hat einen super Job gemacht"
Die Truppe hat sich in der deutschen Tanzszene einen beachtlichen Ruf ertanzt, sagt Tanzkritikerin Elisabeth Nehring. Sie hat mit der Landesfachstelle Tanz die Entwicklung in Rostock beobachtet: "Die sind weich, die sind durchlässig, die machen super Partnerarbeit, die machen Florwork, die können ganz viele unterschiedliche Modi. Man kann sehen, dass sie in den letzten Jahren sehr schön zusammengewachsen sind. Katja Taranu hat da wirklich einen super Job gemacht. Jede Tänzerin und jeder Tänzer hat einen echten Kontakt zu dem, was sie da tun. Das ist nicht nur einfach eine Form, die ausgeführt wird - das ist eine ganz durchgearbeitete und gelebte Qualität auf der Bühne."
In einem Vier-Sparten-Haus sind es gerade die Tänzerinnen und Tänzer, die in Schauspiel, Musical und Operetten Tanzrollen übernehmen müssen. Für viele wäre das eine Entscheidung, das Haus zu verlassen, sagt Tänzer Tim Grambow: "Das Problem war: Katja wird gekündigt, unsere Chefin geht - und dann kam nichts mehr. Keine Information darüber, wie die nächste Spielzeit aussieht. Alles, was an Gesprächen passiert ist, kam von uns aus. Personalentscheidungen kann man richtig oder falsch finden, da gibt es persönliche Meinungen. Aber man sollte transparent sein."
Intendant Reichel sieht keinen Handlungsbedarf
Es sei zu wenig geredet worden, von oben über andere Leben entschieden, finden die einen. Intendant Ralph Reichel sieht keinen Handlungsbedarf: "Mir ist es schon wichtig, dass wir in diesem Prozess durchaus transparent waren. Katja hat es im Juni erfahren, und ich habe ihr freigestellt, wann sie es ihrer Compagnie sagen will. Katja war auch nicht überrascht davon. Ich habe zu Spielzeitbeginn einen ersten Termin in der Compagnie gehabt, wo ich über die grundsätzlichen Dinge informiert habe, sodass ich mir über die Informationspolitik keine Vorwürfe machen muss."
Intendanten haben das Recht zu solchen Entscheidungen. Aber wie so oft könnte miteinander reden helfen. Die Compagnie fühlt sich verlassen und respektlos behandelt. Intendant Ralph Reichel hat angekündigt, im Januar die Nachfolge von Katja Taranu bekannt zu geben.