Eine lächelnde Frau schüttelt die Hand einer anderen Person © picture alliance / Westend61 Foto: Xavier Lorenzo
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AUDIO: Attraktivitätsforschung: Bekommen schöne Menschen öfter einen Job? (7 Min)

Attraktivitätsforschung: Bekommen schöne Menschen öfter einen Job?

Stand: 20.02.2024 17:14 Uhr

Wie wichtig ist es, gut auszusehen, um einen Job zu kriegen? Martin Gründl ist Professor für Wirtschaftspsychologie und befasst sich unter anderem mit Attraktivitätsforschung und Attraktivität im Bewerbungskontext.

Herr Gründl, bekommen schöne Menschen öfter einen Job?

Martin Gründl: Attraktivität ist ganz generell wichtig im Alltag, und Bewerbungsverfahren sind ein kleiner Bereich davon. Es gibt dazu eine ganze Menge von Untersuchungen, die zeigen, dass attraktive Menschen durchaus Vorteile im Bewerbungsverfahren haben. Allerdings darf man diese Vorteile auch nicht überschätzen. Generell ist in solchen Situationen, in denen man wenig Informationen über eine Person hat, das Aussehen und die Attraktivität ein ganz wichtiger Hinweisreiz. Bei Bewerbungsgespräch ist es so, dass je attraktiver eine Person ist, desto positivere Persönlichkeitseigenschaften werden dieser Person zugeschrieben.

Viele Personaler wollen keine Fotos in Bewerbungen, um die aufs Äußere bezogene Voreingenommenheit zu vermeiden. Aber so richtig viel verändert hat sich da wohl noch nichts, oder?

Martin Gründl © Martin Gründl
Forscht zur Attraktivität im Bewerbugskontext: Professor Martin Gründl

Gründl: Das ist ein Trend, der aus den USA kommt und wo man versucht, darüber Benachteiligungen von bestimmten Personengruppen zu reduzieren. In den USA hat es allerdings eher den Hintergrund, dass es darum geht, ob jemand zum Beispiel eine schwarze oder weiße Hautfarbe hat. In Deutschland setzt sich das nicht durch. Die Idee ist sicherlich gut gemeint, aber es ist auch ein bisschen praxisfern. Wenn man wissen will, wie jemand aussieht, ist es heutzutage auch übers Internet relativ leicht, ein Foto von demjenigen zu recherchieren. Das heißt, auch wenn man Bewerbungen verlangt, wo kein Foto dabei ist, haben die Arbeitgeber oft trotzdem das Bedürfnis zu wissen, wer das ist und wie er aussieht. Dadurch kann man das sehr leicht umgehen.

Spielt Attraktivität eigentlich in allen Konstellationen eine Rolle? Gibt es einen Unterschied, wenn sich zum Beispiel ein Mann bei einem Mann oder eine Frau sich bei einem Mann bewirbt?

Gründl: Erstmal muss man sagen, dass das Geschlecht keine Rolle spielt. Attraktive Menschen haben generell einen Vorteil, also auch attraktive Männer. Auch das Verhältnis - wer ist der Arbeitgeber, wer der Bewerber - spielt keine große Rolle, und zwar deswegen, weil diese Zuschreibung von positiven Persönlichkeitseigenschaften zu attraktiven Menschen etwas ist, was ganz tief in uns drin ist. Da geht es nicht um irgendwelche sexuellen Geschichten, die man vielleicht im Hinterkopf hat, sondern es ist ganz tief in uns verankert. Das funktioniert auch bei Kindern: Wenn Kinder beispielsweise Erwachsene beurteilen, dann ticken die genauso.

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Attraktivität ist sehr subjektiv: Der eine findet das attraktiv, die andere das. Gibt es etwas im Allgemeinen äußere Merkmale, die einen als Bewerberin oder als Bewerber attraktiver machen?

Gründl: Da muss ich leider widersprechen: Sie sagen, dass Attraktivität sehr subjektiv ist, aber der Konsens der Attraktivitätsforschung ist genau das Gegenteil, nämlich dass Schönheit nur zu einem kleinen Teil im Auge des Betrachters liegt. Es gibt eine ganze Menge von objektiven Merkmalen, die dazu führen, dass zum Beispiel ein Gesicht als attraktiv wahrgenommen wird. Da ist sich ein Großteil der Menschen einig, und das funktioniert auch überall auf der Welt. Allgemein gesagt: Alles, was gesund aussieht, empfinden wir als attraktiv. Das ist nicht subjektiv, sondern das ist bei allen Menschen so. Auch alles, was jugendlich aussieht, empfinden wir als attraktiv. Das kann man auch an ganz vielen einzelnen Merkmalen festmachen. Es geht aber auch um Merkmale, die auf geschlechtstypisches Aussehen schließen lassen: Eine Frau ist dann attraktiv, wenn sie aussieht wie eine typische Frau - und ein Mann ist dann attraktiv, wenn er aussieht wie ein typischer Mann. Das sind die drei großen Merkmalskomplexe: Gesundheit, Jugendlichkeit und geschlechtstypisches Aussehen. Das finden wir in allen Kulturen und zu allen Zeiten.

Wenn ich als Frau über 50 zum Beispiel mit Jugendlichkeit nicht mehr punkten kann - kann ich das mit Ausstrahlung ein bisschen wiedergutmachen?

Gründl: Wir reden ja vom Job-Kontext. Wenn sich Personen über 50 auf einen Job bewerben, ist das Aussehen nur ein ganz kleiner Bereich, der im ersten Eindruck eine Rolle spielt. Aber über das Lebensalter ist natürlich auch Berufserfahrung verbunden, und damit hat man einen viel größeren Vorteil gegenüber einer jungen Person, die wenig Berufserfahrung hat und besser aussieht. Hier muss man auch die Relationen im Blick behalten. Wenn es um andere Bereiche geht, wie etwa Partnerwahl, ist es wieder etwas anderes.

Das Interview führte Julia Westlake.

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