Der israelische Premierminister Jitzchak Rabin schüttelt Palästinenser-Chef Jassir Arafat im Beisein von US-Präseident Bill Clinton 1993 in Washington die Hand. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: RON EDMONDS

Kolumne: "Die Schatten der Vergangenheit"

Stand: 27.03.2025 09:00 Uhr

Im September 1993 einigten sich Israelis und Palästinenser auf den Oslo-Friedensprozess. Eine dauerhafte Lösung des Nahost-Konflikt erfüllte sich damit nicht. Die aktuelle Lage scheint angespannter denn je.

von Oliver Vorwald

Washington, Weißes Haus, 1993. Israels damaliger Ministerpräsident Yitzhak Rabin und Palästinenserchef Jassir Arafat reichen sich die Hände. Die früheren Kämpfer, die alten, erbitterten Feinde. Ich habe das Bild aus einer Zeitung abfotografiert, weil ich die Szene so berührend fand. Das Foto markiert den Beginn einer weitgehend friedlichen Periode in Nahost.

Ich bin Anfang der 1990er-Jahre mitten im Theologie-Studium, beschäftige mich intensiv mit dem Vorderen Orient, den jüdischen Königreichen und seinen Nachbarn Moab, Ammon, Aram-Damaskus. Alle immer wieder Spielball der Großmächte vor mehr als 2.000 Jahren an Nil, Euphrat, Tigris. Dann nehme ich an einer vierwöchigen Studienreise teil. Wir bestaunen die Pyramiden, die biblischen Orte: Jericho, Bethlehem, Jerusalem. Ich bin fasziniert von den Kulturen, die sich so nah und doch so fern sind. Da sind Stacheldraht, Parolen an den Häuserwänden, schwer bewaffnete Soldaten.

Osloer Abkommen sorgt für Entspannung in Nahost

Und dann dieses Foto, die Osloer Abkommen. Vermittelt von den USA, Norwegen und Ägypten. Die politische Lage im Nahen Osten beginnt sich zu entspannen. Die Israelis versprechen, die besetzten Gebiete zu räumen. Und die Palästinenser sagen zu, auf Gewalt zu verzichten. Auch nachdem Yitzhak Rabin von einem israelischen Extremisten ermordet wurde, bleibt dieser Prozess im Gang. Sogar die Zwei-Staaten-Lösung rückte immer näher.

"Ist der Mut zum Frieden tatsächlich eine Zumutung?"

Ich glaube das ist damals gelungen, weil die Vermittler beiden Seiten genau zugehört haben. Aber vor allem, weil Menschen wie Rabin und Arafat über die langen Schatten der Geschichte gesprungen sind. Sie haben die Frage, wer angefangen hat, nicht in den Mittelpunkt gestellt. Es gibt ja so viele Anfänge. Das beeindruckt mich nach wie vor: Dieser Mut, sich selbst etwas abzuverlangen, weil es anders nicht weitergeht und nach vorne zu schauen. Vielleicht ist der Mut zum Frieden tatsächlich eine Zumutung, das Wörtchen Mut steckt da mittendrin. Und wenn ich die Bergpredigt lese - Jesu Vision einer friedlichen Welt - dann entdecke ich darin jede Menge Zumutungen.

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