Personalmangel: Intensivstationen am Limit
Der Mangel an Pflegepersonal führt zu erheblichen Konsequenzen auf den Intensivstationen in norddeutschen Kliniken. Nach Recherchen von Panorama 3 können viele vorhandene Betten aufgrund fehlenden Personals nicht belegt werden. Vor allem in Niedersachsen und Bremen sind die Engpässe zum Teil erheblich. Teilweise kann bis zu einem Drittel der vorhandenen Intensivbetten nicht genutzt werden, da die notwendigen Intensivpflegekräfte fehlen.
Hohe Abmeldequoten bei Intensivkapazitäten
Panorama 3 hatte Einblick in ein internes Kommunikationssystem zwischen Rettungsleitstellen und Kliniken. Über das Onlinesystem "Ivena" melden sich Kliniken ab, wenn sie keine Patienten mehr aufnehmen können. Das soll den Rettungsleitstellen anzeigen, welche Klinik sie mit ihren Notfallpatienten anfahren können. Panorama 3 konnte auf die "Ivena"-Daten von 74 Kliniken mit Intensivstationen in Niedersachsen und Bremen im Zeitraum 9. November bis 3. Dezember 2018 zugreifen.
Die Auswertung von insgesamt über einer Million Daten ergab für die Stadt Bremen eine Abmeldequote von knapp 50 Prozent der Intensivkapazitäten. In der Region Hannover lag die Abmeldequote für die chirurgischen Intensivstationen im Zeitraum bei etwas mehr als einem Viertel, im Bereich der internistischen Intensivstationen bei zusammengerechnet über 40 Prozent.
Personalmangel als Ursache
Für einige einzelne Krankenhäuser sind die Zahlen noch drastischer. So hatte das Bremer Krankenhaus Links der Weser innerhalb des Auswertungszeitraums seine Intensivkapazitäten zu rund 98 Prozent abgemeldet, also fast die komplette Zeit. Auch das Krankenhaus Nordstadt in Hannover musste im Bereich Chirurgischer und Internistischer Intensivstation zu rund 71 Prozent seine Kapazitäten abmelden. Beide Kliniken bestätigen gegenüber Panorama 3 den Personalmangel als eine Ursache. Eine weitere sei, dass beide Kliniken Patienten aus dem ländlichen Umland mitversorgen müssen, da die dortigen Kliniken erst recht nicht die Personalressourcen haben.
Die Abmeldedauer selbst variiert dabei stark. Das sind zum Teil kurzfristige Abmeldungen von ein bis zwei Stunden bis hin zu 74 Stunden am Stück.
Gefährliche Kettenreaktion
Diese Engpässe in den Kliniken führen häufig zu einer Kettenreaktion. Beispielsweise waren in Bremen Ende November und im Stadtgebiet Hannover Anfang Dezember alle internistischen Intensivkapazitäten aller Kliniken gleichzeitig abgemeldet. Und das über viele Stunden. Je mehr Krankenhäuser ihre Intensivkapazitäten abmelden, umso mehr müssen andere Kliniken einspringen, die sich dann im Laufe der Zeit auch immer wieder abmelden müssen, weil sie am Limit sind.
Anfang des Jahres hatte die Deutsche Gesellschaft für internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) vor einer drohenden Unterversorgung durch Intensivpflegemangel und Bettensperrungen gewarnt.
Gefahr weiterer Bettensperrungen
Weiter verschärfen könnten das Problem ausgerechnet die neuen gesetzlichen Personaluntergrenzen ab Januar 2019. Sie sollen zwar für eine dringend nötige Entlastung der Intensivpfleger sorgen, nicht alle Kliniken können die Personalmindestquote jedoch erfüllen. Dies führe zu weiteren Bettensperrungen und Engpässen, vermutet die Arbeitsgemeinschaft Kommunaler Großkrankenhäuser (AKG).