Zwischen den Mühlen der Weltpolitik
Teure Anwälte, geforderte Entlassungen
Die Unternehmensführung sah die Rettung in der engen Abstimmung mit den amerikanischen Behörden. Sie rief die Anwaltskanzlei WilmerHale in Frankfurt zu Hilfe. Die Kanzlei mit amerikanischer Zentrale ist spezialisiert auf "Sanktions- und Exportkontrollrecht", wie ihr Mitarbeiter Christian Crones im Gespräch mit Panorama und "ZEIT ONLINE" erläutert. Crones räumt eine enge personelle Verflechtung zwischen WilmerHale und der US-Administration ein. Zum Beispiel arbeite jetzt der ehemalige Spitzenbeamte des US-Finanzministeriums David Cohen für WilmerHale. "Diese Politik der revolving door, der personelle Austausch zwischen Administration und Privatwirtschaft, ist in Amerika sehr üblich," erklärt Crones.
Der Anwalt bestätigt, dass WilmerHale 2014 von der Deutschen Forfait mandatiert worden sei, um die Firma gegenüber den amerikanischen Behörden zu vertreten. Das Ziel war, wieder von der Schwarzen Liste des US-Treasury heruntergenommen zu werden. Die Kölner ließen die Anwälte in die Firma: Sie nahmen die Geschäftsvorgänge mit dem Iran unter die Lupe und verhandelten mit Washington. Bezahlt wurden die Anwälte natürlich von der Deutschen Forfait. "Ein Vermögen" hätten sie gekostet, berichtet ein früherer Mitarbeiter der Firma. Die Amerikaner verlangten den Rauswurf eines Vorstandsmitglieds, was auch geschah. Im Oktober 2014 wurde die Deutsche Forfait tatsächlich von der Schwarzen Liste des US-Finanzministeriums gestrichen, ohne dass ein Bußgeld fällig geworden wäre.
Steht amerikanisches Recht über dem deutschen?
Nach dem Atom-Abkommen im Juli 2015 und der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran erholte sich die Deutsche Forfait nur schleppend. Da kam Shahab Manzouri ins Spiel. Der britisch-iranische Geschäftsmann schoss neues Geld in die Firma, wurde sogar Hauptaktionär. Und er griff ins operative Geschäft ein, stieg 2016 sogar zum Vorstandsvorsitzenden auf.
Die Finanzspritze war die eine Säule seines Rettungsplanes für die Firma aus Köln und Grünwald. Die zweite war wohl ebenso wichtig: die fortschreitende enge Abstimmung mit den amerikanischen Behörden. Nach Recherchen von Panorama und "ZEIT ONLINE" befürwortete Manzouri diese Politik. "Die Angst, wieder auf der Schwarzen Liste zu landen, war sehr groß," meint eine mit den Vorgängen vertraute Person. Manzouri habe demnach der amerikanischen Forderung zugestimmt, die US-Administration weiterhin über die Geschäftsaktivitäten der DF im Iran zu informieren. Der neue Vorstandsvorsitzende soll von Mitarbeitern gewarnt worden sein: Dieses Vorgehen könne gegen Vorschriften über die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen nach deutschem Recht verstoßen! "Deutsches Recht interessiert mich nicht. Mich interessiert nur, dass wir amerikanisches Recht beachten," soll Manzouri gesagt haben, berichtet jemand, der 2016 in der DF viel mit Manzouri zu tun hatte. Ein anderer Mitarbeiter der Deutschen Forfait bestätigt, dass die Firma bis heute regelmäßig dem "Office of Foreign Asset Control" (OFAC) über die einzelnen Iran-Transaktionen Rechenschaft ablege. Das OFAC ist eine Unterbehörde des US-Finanzministeriums, die die amerikanischen Sanktionen im Detail durchsetzt.
Überwachung durch amerikanische Kanzlei
Aber auf die "freiwillige" Rechenschaft der DF wollen sich die Amerikaner offenbar nicht verlassen. Nach den Recherchen von Panorama und "ZEIT ONLINE" ist die Anwaltskanzlei Miller&Chevalier aus Washington jetzt beauftragt, die Einhaltung der US-Sanktionen durch die DF zu überwachen. "Anwälte dieser Kanzlei dürfen der Deutschen Forfait sogar unangekündigte Besuche abstatten. Das ist Teil der Vereinbarung, auf die die Deutsche Forfait sich eingelassen hat," erzählt einer der Informanten aus dem Innern der DF. Die Washingtoner Kanzlei reagierte auf Anfragen nicht.
Das Iran-Geschäft ist das Herzstück der Unternehmensstrategie, und Manzouri wollte offenbar durch Transparenz verhindern, dass die US-Administration der deutschen Aktiengesellschaft noch einmal in die Quere kommt.
Parallel reiste Manzouri selbst in den Iran, um Geschäfte anzubahnen. Dann kam im Dezember 2016 der jähe Rückschlag. Manzouri wurde bei einer Iran-Reise verhaftet. Die Deutsche Forfait scheint nicht damit gerechnet zu haben. Im Januar 2017 gab man jene dürre sechszeilige Pressemitteilung heraus: "Der Vorstandsvorsitzende der DF Deutsche Forfait AG, Dr. Shahab Manzouri, hat den Aufsichtsrat heute darüber informiert, dass er wegen einer längeren Erkrankung für ca. drei Monate seine Vorstandspflichten nicht wird ausüben können und hat daher um eine entsprechende Beurlaubung gebeten", heißt es da. Über den weiteren Gang der Dinge ist wenig bekannt. Anfang März 2018 meldet dann die staatliche iranische Nachrichtenagentur Fars die Verurteilung eines iranisch-britischen Geschäftsmannes "wegen Spionage" zu sechs Jahren Haft.
Deutsche Forfait habe von "Gerüchten" gehört
Der amtierende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Forfait, Christoph Charpentier, will die Nachricht von der Inhaftierung und Verurteilung Manzouris dennoch nicht bestätigen und verweist auf die Pressemitteilung vom Januar 2017. Man habe "Gerüchte" gehört, räumt er immerhin ein. Ein Bevollmächtigter der Firma sei den "Gerüchten" im Iran auch nachgegangen. Aber diese hätten nicht verifiziert werden können. Charpentier kann allerdings auch nicht sagen, was denn nun mit Manzouri los sei. "Er ist nicht mehr Vorstandsvorsitzender", teilt der neue Firmenchef mit.
Charpentier dementiert, dass sein Unternehmen den Amerikanern direkt oder indirekt über das Iran-Geschäft Rechenschaft ablege. Es gebe auch keine Anwaltskanzlei, die die DF im Auftrag der US-Administration überprüfe. "Das stimmt alles nicht", sagt er am Telefon. Die Deutsche Forfait werde von Anwälten lediglich in Fragen des Sanktionsrechts "beraten". Eines bestätigt der amtierende Unternehmenschef aber doch: Manzouri sei nach wie vor "Hauptaktionär" der DF. Die deutsche Firma "lebt" also noch von dem Kapital des im Iran Inhaftierten. Ob das Geld die DF retten wird, ist jedoch fraglich. Die Aktie ist am Boden, die Kreditwürdigkeit bei null. Die für den 4. Juli geplante Hauptversammlung ist verschoben, wie der Exportfinanzierer auf seiner Webseite mitteilt. Man "analysiere" die Auswirkungen der Entscheidung der US-Regierung, aus dem Atom-Abkommen mit dem Iran auszusteigen.
Niemand will sich äußern
Panorama und "ZEIT ONLINE" haben das Auswärtige Amt und das Foreign Office angefragt, was sie im Fall Manzouri unternommen hätten. Beide Außenministerien teilten mit, sie wollten zu dem Fall keine Stellungnahme abgeben. Eine Anfrage ging auch an einen Rechtsanwalt in Frankfurt, der Manzouri vertritt. Der Anwalt teilte mit, dass er sich nicht äußern wolle.
Die iranische Regierung ließ Anfragen unbeantwortet. Fest steht, dass der Unternehmer Shahab Manzouri und die Deutsche Forfait heftig zwischen die Mühlen der Weltpolitik geraten sind. Zuerst kam der Druck der Amerikaner, dann der Wille der Betroffenen in Köln und Grünwald, es der US-Administration recht zu machen. Aus Sicht des Regimes in Teheran könnte Manzouri dabei zu weit gegangen sein. Schlechte Zeiten für Unternehmer aus Europa, die im Iran Geschäfte machen wollen.
- Teil 1: Epochenkonflikt um den Iran
- Teil 2: "Mich interessiert nur, dass wir amerikanisches Recht beachten"