Stand: 20.06.2019 17:43 Uhr

Einseitige Propaganda gegen die AfD?

Neben viel Lob erreichten uns auch einige Zuschriften, die uns vorwarfen, "tendenziös eine politische Partei zu bekämpfen" und damit unsere Aufgaben zu verletzen. Tatsächlich haben wir die Position von relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen (Kirche, ASB, Eintracht Frankfurt) dargestellt, die der AfD aufgrund rechtsradikaler Elemente keine wesentliche Teilhabe in ihren Strukturen mehr zubilligen wollen. Da diese Kritiken in erheblicher Weise die Aufgaben des NDR verkennen, seien sie hier - auf den Film bezogen - noch einmal dargestellt.

In unserem Staatsvertrag heißt es im § 3:

"(1) Die in der (...) ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, (...)  haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen; die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken."

VIDEO: Umgang mit der AfD: Schluss mit Verständnis (8 Min)

Sprachliche Verrohung der AfD

Die Würde des Menschen wird regelmäßig durch rassistische Hetze führender AfD-Vertreter verletzt: Etwa die "Kopftuchmädchen" und "Messermänner" von Alice Weidel, die "Platzhaltertypen" von Björn Höcke oder der "Vogelschiss" von Alexander Gauland, der die gewählten Regierungspolitiker "jagen" will: "Da wir ja nun offensichtlich drittstärkste Partei sind, kann sich diese Bundesregierung (…) warm anziehen. Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen."

AfD-Politiker Björn höcke spricht in Rostock. © Ralf Hirschberger/dpa Foto: Ralf Hirschberger
Die Wortwahl Björn Höckes in seiner Rede vom Juni 2018 heize die Stimmung an und könne zu Gewalttaten wie im Fall Lübcke anstacheln.

In einer Rede sagt der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke im Juni 2018: "Wir müssen manchmal auch tatsächlich zeigen, dass wir es ernst meinen ... gut, wenn selbstbewusste Bürger ihr Recht ... in die eigene Hand nehmen. ... Ja, es steht schlimm um unser Land. ... Ohne Kampfesmut werden wir das Ruder nicht mehr rumreißen können. ... Unsere Eliten bestehen nur noch aus Vaterlandsverrätern und deshalb müssen sie so schnell wie möglich weg. ... Wir müssen das Recht des Souveräns in die eigene Hand nehmen und wir müssen auch heute wieder Geschichte schreiben. ... In dieser Lage ist nicht Ruhe, sondern Mut und Wut und Renitenz und ziviler Ungehorsam die erste Bürgerpflicht. Holen wir uns unser Land zurück, kämpfen wir!"

Angestachelte Gewalt im Fall Walter Lübcke

Solche "Jagdaufrufe" können auf fruchtbaren Boden fallen, wie der Fall des kürzlich ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübke zeigt. Dies hat jüngst auch der Bundespräsident Frank Walter Steinmeier festgestellt: "Wo die Sprache verroht, ist die Straftat nicht weit".

Das Konterfei des getöteten Walter Lübcke ist hinter einem Bundeswehrsoldaten am Sarg bei einem Trauergottesdienst in Kassel zu sehen.
Walter Lübcke wurde Anfang Juni, aus mutmaßlich rechtsextrem motivierten Gründen, ermordet.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster, der an zwei Untersuchungsausschüssen zum NSU-Trio teilgenommen hat, macht keinen Hehl aus seiner Angst. "Man muss sich vor Augen halten: Das Klima, in dem diese drei Täter radikalisiert worden sind, das war lange nicht so aufgeheizt wie heute", sagt Schuster. "Heute kommen aus einer in den Parlamenten vertretenen Partei wie der AfD Sprüche, die in bürgerlichen Milieus zu einer Radikalisierung beitragen."

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte nach dem Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein Ende von Hetze und Hass:"Sollte sich der rechtsextremistische Hintergrund der Tat bestätigen, würden sich unsere schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten". Die Grenze zwischen Hassreden, Feindschaft und Abwertung ganzer Menschengruppen zur Anwendung von Gewalt sei fließend, so der EKD-Ratsvorsitzende.

Rechtspopulisten der AfD tragen Mitschuld

Der frühere CDU-GeneralsekretärPeter Tauber gab Rechtspopulisten von der AfD eine Mitschuld an der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Die AfD im Deutschen Bundestag und in den Länderparlamenten habe dazu beigetragen, dass sich das politische Klima verändert habe. "Sie hat mit der Entgrenzung der Sprache den Weg bereitet für die Entgrenzung der Gewalt."
Indirekt verantwortlich für den Mord an Lübcke sieht Tauber unter anderen die AfD-Politiker Alice Weidel und Björn Höcke. Möglichkeiten im Kampf gegen rechte Hetze, so Tauber weiter, biete etwa der bislang nicht genutzte Artikel 18 des Grundgesetzes. Dort stehe, dass derjenige entscheidende Grundrechte wie Freiheit der Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Lehrfreiheit oder Versammlungsfreiheit verwirken könne, "der diese Grundrechte 'zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht'".

CDU-Generalsekretär Peter Tauber äußert sich in Berlin in der CDU-Zentrale nach dem Bekanntwerden der ersten Hochrechnung zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein. © dpa-Bildfunk Foto: Paul Zinken
Peter Tauber macht die AfD mitverantwortlich für den Mord an Walter Lübcke.

Auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat deutliche Kritik an der AfD geäußert: Ein Klima von "Hass und Hetze" habe die Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begünstigt. Es lasse sich am Fall Lübcke "ganz deutlich sehen, wie Entgrenzung auch von Sprache, wie Hass und Hetze, wie sie auch von der AfD und von Verantwortlichen der AfD betrieben wird, Hemmschwellen so absenkt, dass sie augenscheinlich in pure Gewalt umschlagen."

Ruprecht Polenz, CDU-Politiker, schreibt:"Freiheit statt Faschismus"- mit dieser Aussage könnte die CDU deutlich machen, worum es geht. Umberto Eco, unter Mussolini aufgewachsen, erarbeitete eine Liste von 14 Merkmalen des Faschismus. Es lohnt sich, die einzelnen Punkte mit den Forderungen von Parteien wie der AfD, der FPÖ, dem Front National oder Erdogans AKP zu vergleichen. Alle lehnen Meinungsvielfalt und Pluralismus ab, sind völkische Nationalisten und suchen Deutungshoheit durch Neusprech zu gewinnen ("Lügenpresse", "Umvolkung"). Madelaine Albright warnt in ihrem Buch "Faschismus - Eine Warnung" zu Recht auch vor der AfD.

Lebhafte Debatte ausgelöst

Natürlich gibt es aufgrund des NDR-Staatsvertrages auch die Verpflichtung zur Meinungsvielfalt beizutragen (§25 ff). Die Meinungsvielfalt ist aber durch den Panorama-Beitrag in vorbildlicher Weise befördert worden. So widersprach der ehemalige Bundespräsident Gauck den in Panorama gezeigten Verbänden (Kirchentag, ASB, Eintracht Frankfurt) kurz nach der Sendung, was wiederum eine lebhafte Debatte auslöste.

Wir glauben, dass der Panorama-Beitrag die Anforderungen des NDR-Staatsvertrages in vorbildlicher Weise erfüllt hat!

 

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 13.06.2019 | 21:45 Uhr

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Das Panorama-Archiv

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Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr