Schematische Darstellung: Darmbakterium isst Ballaststoff. © NDR
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AUDIO: Helfer aus dem Darm - Dr. Matthias Riedl über Multiple Sklerose (35 Min)

Probiotika und Präbiotika: Gesunde Darmflora aufbauen

Stand: 10.09.2024 14:45 Uhr

Mithilfe von Prä- und Probiotika kann man eine gesunde Darmflora aufbauen, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirkt. Wichtig dafür: eine ballaststoffreiche und ausgewogene Ernährung.

von Britta Probol und Stefanie Lambernd

Tausende Stämme unterschiedlicher Bakterien leben im menschlichen Darm, insbesondere im Dickdarm. Die rund hundert Billionen Mikroorganismen bringen es zusammen auf ein Gewicht von geschätzt ein bis zwei Kilogramm. Sie bilden die natürliche Darmflora, auch Mikrobiom genannt.

Ein gesundes Mikrobiom ist für den Körper ausgesprochen nützlich: Die Darmbakterien helfen bei der Verwertung von Nahrungsbestandteilen, verhindern, dass sich Krankheitserreger im Darm ausbreiten können, und tragen zum Funktionieren unseres Immunsystems bei. Außerdem regt die Darmflora die Darmbewegungen an, zentral für einen geregelten Stuhlgang. Darmbakterien produzieren überdies das für die Blutgerinnung wichtige Vitamin K und gesunde Fettsäuren.

Gesunde Darmflora stärkt das Immunsystem

Jeder Mensch hat eine eigene, individuelle Zusammensetzung der Darmflora, die vor allem durch die Ernährung und immunologische Prozesse beeinflusst wird. Etliche Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Zusammensetzung der Darmflora Auswirkungen auf unsere körperliche und psychische Gesundheit hat.

Ob Veränderungen der Darmflora Krankheiten wie das Reizdarmsyndrom, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa hervorrufen können, ist wissenschaftlich noch nicht voll geklärt. So gibt es zwar Studien, die belegen, dass sich die Darmflora von Reizdarm-Patienten deutlich vom Mikrobiom gesunder Menschen unterscheidet. Ob diese Veränderung nun Ursache oder Folge der Erkrankung ist, ist aber unklar.

Klar ist hingegen, dass Stress oder auch die Einnahme von Antibiotika die Darmflora ins Ungleichgewicht bringen können. Und dass ein gestörtes Gleichgewicht der Darmbakterien - etwa eine Dünndarm-Fehlbesiedlung - zu massiven Gesundheitsbeschwerden führen kann. Mittlerweile gibt es Befunde, die darauf hinweisen, dass das Mikrobiom auch bei chronischen neurologischen Erkrankungen eine Rolle spielt. Man spricht von der "Darm-Hirn-Achse" oder auch vom "Bauchgehirn": Der Darm sendet Nervenimpulse ans Gehirn - und umgekehrt. Studien deuten darauf, dass bestimmte Darmbakterien die Hirnaktivität verändern und das seelische Gleichgewicht beeinflussen können.

Probiotika: Gesundheitsfördernde Mikroorganismen

Kurz erklärt

Probiotika sind Zubereitungen, die lebensfähige Mikroorganismen enthalten, zum Beispiel Milchsäurebakterien und Hefen.
Präbiotika dagegen sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile, die Wachstum und Aktivität der Bakterien im Dickdarm fördern - etwa Ballaststoffe wie Inulin und Oligofruktose.
Symbiotika sind eine Kombination aus beiden.

Eine positive Wirkung auf die Darmflora wird vor allem den sogenannten Probiotika zugeschrieben. "Bei den Probiotika handelt es sich sozusagen um erwünschte Bewohner unseres Darms", erklärt Ernährungs-Doc Jörn Klasen. "Diese Bakterien - zum Teil auch Hefepilze - können dazu beitragen, die Barrierefunktion des Darms zu stärken und Krankheitserreger in Schach zu halten." Einige von ihnen stellen wertvolle Substanzen her - kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat oder Propionat beispielsweise, die unter anderem bei der Gesunderhaltung von Nervenzellen helfen.

Eine Wasserkaraffe, Salz, Weißkohl, Rote Bete, Gurken und ein Einmachglas mit Kraut, dazu ein Küchenwecker. © NDR Foto: Moritz Schwarz/Oliver Zydek
Klassisches Eingemachtes ist - roh verzehrt - äußerst gesund für den Darm.

Die Mikroorganismen kommen natürlicherweise in milchsauren Produkten vor, wie etwa Joghurt, Kefir, Buttermilch, aber auch in Eingemachtem wie Sauerkraut, Pickles oder Kimchi. Zudem gibt es Probiotika in Kapsel- und Tropfenform, die als Arzneimittel verwendet werden und oft rezeptfrei erhältlich sind.

Wirkung von Probiotika hängt vom Krankheitsbild ab

Voraussetzung für eine gesundheitsfördernde Wirkung von Probiotika ist, dass die verwendeten Bakterien und Hefen dort ankommen, wo sie hinsollen. Das heißt, sie müssen in ausreichend großer Menge im Lebens- oder Arzneimittel vorkommen, sie müssen die Passage durch Magen und Dünndarm überstehen und sich gegen die im Dickdarm vorherrschenden Bakterien durchsetzen. Zudem ist die Wirkung der Bakterien abhängig vom Krankheitsbild und vom eingesetzten Bakterienstamm, sie lässt sich nicht verallgemeinern. Es gibt zum Beispiel ein probiotisches Arzneimittel aus dem E.-coli-Stamm Nissle 1917, das bei kindlichen Durchfällen und der Colitis ulcerosa eingesetzt wird. In jedem Fall sollten Probiotika regelmäßig - täglich und über Wochen - verzehrt werden, damit sie die Darmflora positiv beeinflussen.

Präbiotika stecken in vielen Gemüsen

Neben Probiotika haben auch Präbiotika eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den Darm. Anders als bei Probiotika handelt es sich bei ihnen aber nicht um Mikroorganismen, sondern um Ballaststoffe, die vom Körper nicht verdaut werden. Zu ihnen gehören Pflanzeninhaltsstoffe wie Inulin und Oligofruktose.

Wintergemüse auf einem Holztisch, unter anderem Kartoffeln, Rettich, Rote Bete und Feldsalat. © Fotolia.com Foto: Sinuswelle
Ballaststoffe - etwa aus Gemüse -, die unverdaut im Dickdarm ankommen, bilden die Nahrungsgrundlage für die dort ansässigen nützlichen Mikroorganismen.

Manche der "guten" Bakterien im Dickdarm stürzen sich geradezu auf die Präbiotika, verwerten sie bevorzugt und können sich dadurch vermehren. Präbiotische Lebensmittel sorgen dafür, dass sich vor allem Bifidobakterien in unserem Darm wohlfühlen. Krank machende Bakterienstämme wie etwa Clostridien und bestimmte Arten von E. coli haben es dann schwerer, sich im Darm auszubreiten. Zudem helfen Präbiotika bei Darmträgheit, Durchfall und Verstopfung.

Viele Lebensmittel enthalten gesunde Ballaststoffe

"Bei gesunden Menschen reicht in der Regel schon eine ausgewogene Ernährung mit Gemüse und Vollkornprodukten, um das Mikrobiom im Gleichgewicht zu halten", sagt Ernährungs-Doc Matthias Riedl. Einige Lebensmittelhersteller versetzen dennoch Produkte wie Backwaren, Fruchtsäfte und Wurstwaren mit Präbiotika, um sie ballaststoffreicher und damit "gesünder" zu machen. Dabei liefert die Natur uns eigentlich genug: Präbiotika sind zum Beispiel in Chicorée, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Schwarzwurzeln, Artischocken und Bananen enthalten.

Damit Präbiotika ausreichend wirken können, ist laut Studien eine Menge von etwa fünf Gramm pro Tag notwendig. Das bedeutet für den Speiseplan: mehrere Portionen Gemüse - etwa als Salat, Beilage, als Suppe oder Saft.

Essenspausen gut für den Darm

Für einen gesunden Darm ist zudem mitentscheidend, wann man isst. "Grundsätzlich sinnvoll sind mehrstündige Essenspausen", sagt Ernährungs-Doc Viola Andresen, "denn der Darm hat einen Biorhythmus." Er braucht Nüchternphasen, um nötige Selbstreinigungsprogramme ablaufen zu lassen. Essenspausen sind daher wichtig für eine gesunde Darmfunktion.

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