Wimbledon: Korpatsch und die späte Liebe zum Rasen
Bislang war Rasen nicht der Lieblingsbelag von Tennisprofi Tamara Korpatsch. Das scheint sich nach ihrem Zweitrundeneinzug beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon gerade zu ändern. Die Hamburgerin, die nie vom Deutschen Tennis-Bund gefördert wurde, ist in der nächsten Partie sogar Favoritin.
Als Korpatsch ihren Matchball verwandelt hatte, reckte sie zum Zeichen des Triumphes den Zeigefinger nach oben - hinauf zum Himmel über Wimbledon. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Und dazu hatte sie auch allen Grund: Nach einem missratenen ersten Satz hatte sich die 28-Jährige förmlich ins Match gegen die Kanadierin Carol Zhao hineingebissen und dieses nach 1:45 Stunden mit 1:6, 6:4, 6:2 für sich entschieden. Es war vielleicht die beste Leistung ihrer Karriere, sie steht erstmals in der zweiten Runde eines Grand-Slam-Turniers - ausgerechnet auf dem Belag, mit dem sie bislang so gefremdelt hatte.
"Eigentlich spiele ich gar nicht so schlecht auf Rasen." Tamara Korpatsch
"Ich glaube, ich habe mich selbst überrascht, denn ich mag Rasen eigentlich nicht so", sagte die Hamburgerin dem NDR mit einem Lächeln über ihren ersten Zweitrunden-Einzug bei einem Grand-Slam-Turnier. "Aber ich muss sagen: Eigentlich kann ich gar nicht so schlecht auf Rasen spielen. Vielleicht wird das ja noch etwas. Vielleicht wird das irgendwann sogar mal mein Lieblingsbelag - wer weiß?" Bislang war dies der langsamere Untergrund Sand.
Familie auch in London zur Unterstützung dabei
Die späte Liebe zum Grün dürfte mit Sicherheit noch inniger werden, wenn sie sich auch am Freitag in der zweiten Runde gegen Natalija Stevanovic (Serbien) so nervenstark zeigt wie gegen Zhao. Ihre Mutter und ihr Vater unterstützen sie dabei von der Tribüne aus. "Ich weiß, meine Eltern sind jetzt echt stolz auf mich, wie ich das Match noch gedreht habe. Der erste Satz lief ja nicht so gut. Ich habe nicht so richtig etwas getroffen. Mein Vater hat mich zwischen jedem Punkt supported, das hat mir sehr geholfen", sagte Tamara Korpatsch.
"Die Familie ist ihr sehr wichtig", bestätigte ihr Vater Thomas. "Ich habe ihr mal gesagt, dass ich auch mal meine Ruhe brauche und es gut wäre, wenn sie sich mal einen anderen Trainer nimmt. Sie sagte dazu: 'Ich will keinen anderen Trainer, ich will euch immer dabei haben.'"
In der Corona-Zeit auf Discounter-Parkplatz gespielt
Diese Verbundenheit dürfte auch damit zu tun haben, dass sie in ihrer Karriere von außerhalb der Familie nicht allzu viel an Unterstützung erfahren hatte. Vom Deutschen Tennis-Bund (DTB) hat sie nie Förderung erhalten, sie musste sich allein durchschlagen. Und so kloppte sie in der Corona-Zeit, als die Tennisanlagen geschlossen waren, auf einem Discounter-Parkplatz kurzerhand Bälle über ein selbst gespanntes Netz.
"Wir haben uns alles hart erarbeitet." Tamara Korpatsch
"Auf jeden Fall" könne sie jetzt stolz darauf sein, dass sie in Wimbledon in der zweiten Runde stehe, als erste Deutsche. Vor ihr waren die Vorjahreshalbfinalistin Tatjana Maria (Bad Saulgau) und Anna-Lena Friedsam (Neuwied) ausgeschieden. "Wir haben uns das alles hart erarbeitet", sagte Korpatsch, die damit ihre Familie mit einschloss. "Wir hatten früher nicht viel Geld, haben auch irgendwie keine Hilfe bekommen oder sonst irgendetwas. Wir können wirklich stolz darauf sein, was wir erreicht haben. Das kann uns keiner mehr nehmen", fügte die 28-Jährige hinzu.
Für das Erreichen der zweiten Runde ist ihr schon mal ein Preisgeld von 98.473 Euro sicher. Sollte sie sich gegen Stevanovic durchsetzen, wären es dann sogar 151.765 Euro.
Korpatsch gewarnt: Stevanovic hat Pliskova besiegt
Dabei hatte es zunächst danach ausgesehen, als müsste sie nach der Qualifikation aus dem Südwesten Londons wieder abreisen. Sie war dort gescheitert. Doch als Lucky Loser rückte sie noch ins Hauptfeld. Und nun ist sie gegen die Serbin Stevanovic zumindest nach der Weltrangliste Favoritin, schließlich ist sie dort mehr als 100 Plätze vor ihrer Gegnerin positioniert. Allerdings wird die Norddeutsche auch gewarnt sein. Stevanovic setzte sich in Runde eins gegen die an Nummer 18 gesetzte Karolina Pliskova aus Tschechien durch. Es braucht vermutlich einen weiteren perfekten Tag auf dem Untergrund, den sie erst jetzt zu mögen beginnt.