"Unglaublich" schön und hart - Beucke von Ocean-Race-Debüt überwältigt
Schon die Teilnahme am Ocean Race hatte Susann Beucke als "Erfüllung eines Lebenstraums" beschrieben. Bei ihrem Debüt auf der zweiten Etappe der Weltumsegelung feierte die Kielerin mit dem Team Holcim - PRB den Sieg und war überwältigt.
Als wäre alles nicht schon emotional genug, dann auch noch dieses Lied bei der Einfahrt nach Kapstadt: "Unstoppable" von der australischen Sängerin Sia. Zunächst im Soul-Stil tragend, nimmt der Song nach einer halben Minute Tempo auf und entfaltet kurz darauf seine ganze Intensität. Im Refrain heißt es: "Ich bin nicht zu stoppen, bin unbesiegbar, so kraftvoll, so selbstbewusst - ich bin nicht zu stoppen heute."
"Ich wusste, dass in meinem ersten Offshore-Rennen ganz viele Dinge auf mich zukommen, die ich noch nie gemacht habe. Aber dann war es noch einmal so viel härter, als ich gedacht hatte." Susann Beucke
Spätestens als Susann Beucke in der südafrikanischen Metropole im Ziel diese Klänge vernahm, brachen alle Dämme. "Jetzt hier reinzukommen, die Familie und das Team zu sehen und den Team-Song zu hören, da gab es für mich kein Halten mehr. Es ist unglaublich", sagte die gebürtige Kielerin im Interview mit dem NDR. Der 31-Jährigen liefen Freudentränen über die Wangen. "Ich konnte meine Emotionen nicht zurückhalten, als wir auf den Steg zugefahren sind, denn es war einfach so unglaublich hart", betonte Beucke.
Dabei hatte sie sich für das Ocean Race gewappnet: "Ich wusste, es wird mein erstes Offshore-Rennen, wusste, es würden ganz viele Dinge auf mich zukommen, die ich noch nie gemacht habe. Aber dann war es noch einmal so viel härter, als ich gedacht hatte."
In sechs Monaten 60.000 km um die Welt
Nach 4.600 Seemeilen von den Kapverden nach Kapstadt erreichte die Yacht mit der Olympia-Zweiten von Tokio als erste das Ziel. Noch ohne die Kielerin am Bord hatte sich Holcim schon auf dem ersten Teilstück durchgesetzt. Die Schweizer Yacht mit Skipper Kevin Escoffier siegte am Sonntag vor Biotherm und dem 11th Hour Racing Team. Vierter wurde das Team Malizia ohne Boris Herrmann. Der Hamburger fehlte seiner Mannschaft wegen einer Verbrennung am Fuß. Zur dritten Etappe will der 41-Jährige wieder einsteigen.
Nach zwei Etappen führt Team Holcim - PRB die Gesamtwertung mit der maximalen Punktzahl von zehn Zählern vor dem US-Team 11th Hour Racing (sieben) und dem französischen Team Biotherm (sechs) an. Herrmanns Team Malizia (fünf) muss sich in nach den Etappenrängen drei und vier zunächst auf Platz vier vor den Schlusslichtern vom Guyot Environnement – Team Europe (zwei) mit dem Berliner Skipper Robert Stanjek einordnen.
Dritte Etappe startet am 26. Februar
Am 26. Februar geht es weiter, Ziel ist Itajai in Brasilien, 12.750 Seemeilen sind zu bewältigen. Beucke, bei den Olympischen Spielen Silbermedaillengewinnerin im 49er FX, ist die erste deutsche Teilnehmerin beim Ocean Race seit 40 Jahren. Insgesamt gilt es für fünf Crews, über einen Zeitraum von sechs Monaten 60.000 km um die Welt zu bewältigen.
"Mich hat das jetzt noch mal mehr gepackt, weil es mich mehr an die Grenzen meiner Möglichkeiten gebracht hat." Susann Beucke
Beucke hat zwischen den beiden Formen des Segelns fundamentale Unterschiede ausgemacht. "Die Intensität hier ist eine ganz andere als beim olympischen Segeln. Dort kommt es mehr auf Perfektion an", sagte die Sportsoldatin. "Hier beim Ocean Race mit fünf Personen an Bord zu leben, sie jederzeit um sich und kein bisschen Privatsphäre zu haben, auch Situationen zu bewältigen, in denen ich mich unsicher gefühlt haben, wenn zum Beispiel die ganze Elektrik mitten in der Nacht ausgeht - das ist einfach ganz anders", so die Kielerin. "Mich hat das jetzt noch mal mehr gepackt, weil es mich mehr an die Grenzen meiner Möglichkeiten gebracht hat."
Es klingt, als sei ein dauerhafter Umstieg auf Hochseesegeln sehr gut möglich. Sie hatte auch schon im Vorfeld des Ocean Race gesagt: "Für mich geht ein Lebenstraum in Erfüllung." Ihr Fernziel ist die Teilnahme an der Solo-Weltumseglung Vendée Globe, bei der Herrmann 2020/2021 viele Menschen für das Segeln begeisterte.
Packendes Finish in Kapstadt
Die enge Entscheidung bei der Ankunft in Kapstadt hat ebenfalls dazu beigetragen, dass sich der Sieg auf der zweiten von sieben Etappen so gut angefühlt hat. Beucke: "Der Wetterbericht hat es erlaubt, dass wir alle ganz nahe beieinander waren. Alle Boote konnten noch gewinnen. Ich glaube, wir haben es geschafft, weil wir ungefähr fünf, sechs Segelwechsel gemacht haben, aus dem Boot noch jeden Zentimeter herausgeholt und die ganze Zeit gepushed haben. Deswegen stehen wir als Sieger da." Als von ihren Gefühlen überwältigte Sieger.