Tennistrainer verurteilt: Über Jahre minderjähriges Talent missbraucht
Vier Jahre musste die Betroffene warten, bis das Jugendschöffengericht Norderstedt ihr Leid anerkannte. Es sprach ihren ehemaligen Tennistrainer Joachim Jakstat in allen Anklagepunkten schuldig. Doch es gibt noch weitere Betroffene.
Der ehemalige Tennistrainer Joachim Jakstat ist zu einem Jahr und einem Monat Freiheitsstrafe auf Bewährung und zu 2.400 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Mit großer Erleichterung habe die Familie der Geschädigten auf das Urteil reagiert, sagte ihr Anwalt Joachim Breu. "Meine Mandantin hat jetzt die Möglichkeit, die Geschichte für sich abzuschließen."
Wie sehr der Missbrauch die damals Minderjährige belastet, wurde im Prozess deutlich sichtbar. In zwei Videovernehmungen erzählte Sophie (Name von der Redaktion geändert) ihre Geschichte. Ihre Aussagen zeigen dabei exemplarisch, wie ihr Trainer Jakstat das Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt hat.
Staatsanwaltschaft spricht von "krimineller Energie"
"Obwohl die Betroffene versucht hat, ihn zum Aufhören zu bewegen, habe er weitergemacht, sich sogar gesteigert", sagte die Richterin. Die Staatsanwaltschaft spricht von "krimineller Energie": Nach dem Tod eines engen Familienmitglieds sei es dem Mädchen nicht gut gegangen. "Er hat sich die schwächste Person aus der Trainingsgruppe gesucht und sich zu einer wichtigen Bezugsperson gemacht. Das Gerüst, dass ihr Halt geben soll, wendet sich gegen sie."
Jakstat legt Geständnis ab
Bislang hatte der Angeklagte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Zu Beginn der Hauptverhandlung legte Jakstat dann ein Geständnis ab und räumte den vierzigfachen sexuellen Missbrauch der Schutzbefohlenen und eine sexuelle Belästigung ein. Somit war der Weg für ein Urteil auf Grundlage einer Verständigung frei und weitere Verhandlungstage überflüssig. Im Interesse der Betroffenen stimmte ihr Anwalt zu, auch, wenn das Urteil so nun vielleicht etwas milder ausfiel.
"Sophie wird ihr Leben lang mit dem zu kämpfen haben, was ihr durch den Täter widerfahren ist. Daran kann keine Entscheidung dieses Gerichts etwas verändern." Anwalt Joachim Breu
Über Jahre begrabschte Jakstat Sophie im Training, berührte sie bei Hilfestellungen und Dehnübungen im Intimbereich. "Da war ich zehn, elf Jahre und wusste nicht, was das bedeutet", sagte Sophie in der Vernehmung. Irgendwann seien die Übergriffe einfach zu häufig gewesen, als dass sie sie noch hätte verarbeiten können, berichtete sie weiter.
Auch andere berichteten von Übergriffen
Allein an dieser Tatsache wird deutlich, wie viel Leid die heute 18-Jährige über sich ergehen ließ, um ihrem großen Traum nahezukommen. "Ich wollte Profi-Spielerin werden und er war nun mal der beste Tennistrainer in Schleswig-Holstein", sagte Sophie in einer der Vernehmungen. In einer Chatgruppe besprach sie sich damals mit mehreren jungen Tennistalenten, sie alle berichteten von Übergriffen.
Nicht zum ersten Mal: Schon in der Vergangenheit hatte es Anzeigen gegen Jakstat wegen sexuellen Missbrauchs und auch einen Vergleich gegeben. Kurz vor Prozessbeginn hatte sich zudem eine Frau aus seinem ehemals nahen Umfeld an den NDR gewandt und von Übergriffen schon in den 80er Jahren berichtet.
Es scheint so, als ob Joachim Jakstats Strafe nur für einen Bruchteil seiner Taten ausgesprochen wurde.