Drama in Down Under: Zverev verpasst Australian-Open-Endspiel
Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev hat das Endspiel der Australian Open auf dramatische Art und Weise verpasst. Der Hamburger verlor am Freitag sein Halbfinale gegen den Russen Daniil Medwedew mit 7:5, 6:3, 6:7 (4:7), 6:7 (5:7), 3:6 und muss weiter auf den ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere warten.
Dabei zeigte Zverev in der Rod Laver Arena in den ersten vier Sätzen eine herausragende Leistung und hatte im 19. Duell mit Medwedew den Sieg im vierten Durchgang bereits vor Augen, als er im Tiebreak bei eigenem Aufschlag mit 5:4 führte und nur noch zwei Punkte zum Finaleinzug benötigte. Am Ende scheiterte der 26-Jährige an seinen Nerven und einem immer stärker werdenden Gegner.
Medwedew trifft nun am Sonntag im Finale auf den Südtiroler Jannik Sinner. Der 22-Jährige hatte zuvor Grand-Slam-Rekordchampion und Titelverteidiger Novak Djokovic mit 6:1, 6:2, 6:7 (6:8), 6:3 aus dem Turnier geworfen.
Zverev von fiebriger Erkältung geschwächt
Für Zverev bleibt beim Endspiel nur die Zuschauerrolle. "Es ist extrem frustrierend. Aber vor allem, weil ich mich nicht zu 100 Prozent gut gefühlt habe", sagte der Hamburger. Über Nacht habe sich bei ihm eine fiebrige Erkältung entwickelt, erklärte er. "Ich habe Ende des zweiten Satzes meine Energie verloren und mich nicht mehr frisch gefühlt", haderte Zverev, blickte dann aber bereits positiv in die Zukunft: "Ich bin mir sicher: Wenn ich die richtigen Sachen mache, werde ich nochmal so eine Chance bekommen."
Hart umkämpfter erster Satz dauert 70 Minuten
Zverev startete furios in die Partie. Er breakte Medwedew gleich zweimal und führte mit 4:1. Dann aber stabilisierte sich der Russe in einem mitreißenden und hochklassigen Spiel. Der Weltranglisten-Dritte nahm dem Hamburger zweimal den Aufschlag ab und glich zum 5:5 aus. Hatte die Begegnung bereits zuvor die Zuschauer in ihren Bann gezogen, wurden sie nun mit Ballwechseln verwöhnt, die das Prädikat "absolute Weltklasse" verdienten.
Zverev und Medwedew gaben keinen Punkt verloren. Bestes Beispiel dafür war das Zustandekommen des ersten Satzballes für den Olympiasieger, dem insgesamt 51 Schläge vorausgingen. Zverev verwandelte ihn sicher. Zuvor hatte er dem Russen zum dritten Mal gebreakt. Durchgang eins dauerte nicht weniger als knapp 70 Minuten.
Zverev mit starker Leistung am Netz
Auch im zweiten Abschnitt spielte der Hamburger weiter auf sehr hohem Niveau. Beim Stand von 2:2 gelang ihm das erste Break, bei eigener 5:3-Führung nahm er dem Russen erneut das Service ab. Ausschlaggebend für die 2:0-Satzführung war dabei insbesondere seine Stabilität am Netz. Dort hatte er vor Beginn des dritten Durchgangs eine starke Punktquote von 81 Prozent.
Medwedew ab Satz drei aggressiver
Medwedew, der vor Beginn des dritten Satzes eine Toilettenpause einlegte, musste sich etwas einfallen lassen, um Zverev aus dem Rhythmus zu bringen. Und das tat der 27-Jährige auch. Er spielte fortan aggressiver als zuvor, machte mehr direkte Punkte und erzwang so einige Fehler von Zverev. Der Hamburger zeigte sich allerdings unbeeindruckt vom modifizierten Spielstil seines Widersachers. Mit einem brillanten Aufschlagspiel zur 3:2-Führung, das er zu null gewann, antwortete er auf das forschere Auftreten des Russen.
Beim Stand von 4:4 musste der 26-Jährige dann allerdings einen Breakball abwehren. Er bewies Nervenstärke, hoffte daraufhin allerdings vergeblich, dass Medwedew bei eigenem Service schwächeln würde. Es ging schließlich in den Tiebreak. In diesem war Zverev beim 4:4 nur noch drei Zähler vom Sieg entfernt, machte dann aber keinen Punkt mehr, sodass es in den vierten Satz ging.
Zverev im vierten Abschnitt dem Sieg schon ganz nah
Medwedew hatte nun Oberwasser. Er wirkte etwas selbstbewusster und frischer als Zverev. Aber der Hamburger kämpfte verbissen und wehrte bei einem 3:4-Rückstand zwei Breakbälle ab. Anschließend führte der 26-Jährige bei Aufschlag des Russen mit 30:0, schaffte aber ebenfalls kein Break. Hernach brachten beide ihr Service sicher durch. Erneut musste der Tiebreak entscheiden.
Bis zum Seitenwechsel beim 3:3 gaben sich Zverev und Medwedew bei eigenem Aufschlag keine Blöße. Der Nervenkrimi hielt unvermindert an. Dann unterlief dem Russen beim 4:4 ein Doppelfehler, sodass sich dem Hamburger nun die große Chance bot, mit zwei eigenen Aufschlägen für die Entscheidung zu sorgen. Er schaffte es nicht, geriet stattdessen mit 5:6 in Rückstand und verlor nach einem Ass seines Kontrahenten auch den vierten Durchgang mit 6:7. "Die zwei Tiebreaks waren unglaublich. Da habe ich auch ein bisschen Glück gehabt", sagte Medwedew.
Im entscheidenden Moment die Nerven verloren
Knapp vier Stunden waren vor Beginn des fünften Abschnitts bereits absolviert. Der Spielverlauf sprach jetzt eher für einen Sieg von Medwedew, der sich mit viel Energie und Willen zunächst zurückgekämpft und anschließend zweimal ganz knapp eine Niederlage abwendet hatte.
Und der Russe profitierte nun auch davon, dass Zverev beim Stand von 2:2 bei eigenem Aufschlag die Nerven verlor. Nachdem dem Hamburger ein leichter Fehler zum 15:30 unterlaufen war, schlug er seinen Schläger zweimal frustriert aufs Netz. Dafür kassierter er eine Verwarnung, die zum 15:40 führte.
Zverev konnte zwar noch einmal ausgleichen, den dritten Breakball nutzte Medwedew dann jedoch zur 3:2-Führung. Anschließend war die Moral des Hamburgers gebrochen. Nach 4:18 Stunden war sein Aus in Melbourne besiegelt. An eine der bittersten Pleiten seiner Karriere, so viel dürfte feststellen, wird sich der Olympiasieger noch lange zurückerinnern. "Ich kann aber auch stolz auf mich sein, ich habe alles getan, was ich konnte", sagte Zverev.