Ocean Race: Kehrt Holcim nach Mastbruch in die vierte Etappe zurück?
Holcim - PRB prüft nach dem Mastverlust auf dem Weg von Itajai nach Newport die Optionen. Das Schweizer Team hofft sogar, dass es die vierte Etappe beim Ocean Race möglicherweise wieder aufnehmen kann. Ein äußerst ambitioniertes Unterfangen.
"In der einen Sekunde denkst du noch, alles sei perfekt. In der nächsten Sekunde ist es ein Albtraum", schilderte Holcim-Skipper Kevin Escoffier. Am Donnerstagmorgen um 7 Uhr deutscher Zeit war Holcim - PRB bei mäßigem Wind und moderatem Seegang etwa 20 Meilen vor der brasilianischen Küste der Mast gebrochen. "Es war ein mechanischer Fehler, der Mast ist heruntergefallen", sagte der Franzose. Glück im Unglück: Auch wenn der Mast auf das Cockpit fiel, gab es offenbar keine weiteren Schäden.
Das Schweizer Team lag zum Zeitpunkt des Unglücks auf dem vierten Abschnitt der Weltumseglung in Führung, drehte dann um und nahm Kurs auf Brasilien. "So ist das Leben. Wir arbeiten jetzt an einem Hilfsrigg, um in den Hafen zurückzukehren und dann so schnell wie möglich wieder im Rennen sein zu können. Das Team arbeitet hart daran, eine Lösung zu finden", so Escoffier. Mit an Bord des Gesamtführenden sind Fabien Delahaye, Benjamin Schwartz, die Niederländerin Annemieke Bes und die Onbord-Reporterin Georgia Schofield.
Über Rio de Janeiro zurück ins Renngeschehen?
Das Holcim-Team prüft alle Optionen: Zunächst soll bis Samstagabend der Hafen von Rio de Janeiro angelaufen werden. Wie und wann es dort weitergeht, ist allerdings offen. Denn der Riggverlust stellt Escoffier und Co. vor eine große logistische Herausforderung: Der Ersatzmast und die dazugehörige Technik liegen beim Hersteller in Lorient an der französischen Atlantik-Küste. "Für diese Fälle hat die Imoca-Klasse einen Mast in Lorient reserviert, der dem ersten Team zur Verfügung gestellt wird, das einen Mastbruch erleidet", erklärte Susann Beucke dem NDR. Die Kielerin war auf dem zweiten Teilstück von den Kapverden nach Kapstadt Crewmitglied an Bord von Holcim und hatte den Etappensieg gefeiert.
Um wieder ins Renngeschehen der vierten Etappe eingreifen zu können, müsste Holcim zunächst zu den GPS-Koordinaten zurückkehren, an denen der Mast gebrochen ist. Als Letzter im Ziel würde sich die Crew zumindest einen Punkt sichern und könnte dann in Newport auf der transatlantischen Etappe wieder voll einsteigen. "Wenn wir nach Newport kommen, ist der Start am 21. Mai, und wenn wir dort ankommen, werden wir immer noch das Ocean Race anführen. Also arbeiten wir hart daran, das zu schaffen", sagte Escoffier. Holcim liegt in der Gesamtwertung mit 19 Punkten souverän vor dem zweitplatzierten Team Malizia (14).
Beucke drückt die Daumen
Die vierte Etappe, auf der nun 11th Hour Racing die Führung übernommen hat, führt das Feld über 5.500 Seemeilen von Itajai/Brasilien ins amerikanische Segel-Mekka Newport. Die Ankunft wird rund um den 10. Mai erwartet, die fünfte Etappe nach Aarhus startet bereits am 21. Mai. Die Zeit drängt, denn das Teilstück nach Dänemark wird doppelt gewertet. Schafft es Holcim nicht rechtzeitig an die Startlinie, könnten am Ende bis zu 15 Wertungspunkte fehlen. Fünf für den Abschnitt nach Newport und weitere zehn für den nach Aarhus.
"Es ist alles in allem ein Super-GAU für das Team und natürlich total schade, weil der hart erarbeitete Punktevorsprung schmilzt. Ich hoffe sehr, dass sie es schaffen, für Etappe fünf wieder ready zu sein", so Beucke.
Boris Herrmann will helfen
Malizia-Skipper Boris Herrmann, der aktuell pausiert und in Hamburg Zeit mit seiner Familie verbringt, hatte direkt am Morgen Kontakt mit Escoffier aufgenommen und Unterstützung angeboten. "Die Möglichkeiten sind jetzt, das Boot per Frachtschiff weiter zu transportieren oder einen Mast per Eilfracht nach Brasilien zu bringen", sagte Herrmann. Er habe "gleich einige Querverbindungen hergestellt, da wir Kühne & Nagel als Partner haben, die so etwas transportieren können".
Holcim braucht logistische Meisterleistung
Beucke wiegelte ab. "Seefracht dauert sehr lange, Luftfracht ist superteuer." So oder so stehe dem Team "eine logistische Meisterleistung" bevor. Die Nachricht am Morgen sei "ein totaler Schock" gewesen - und auch eine Überraschung. "Das kam vor allem auch gerade im Leg 4 so unerwartet. Man hatte ja davon geredet, dass es ein sehr taktisches Rennen wird, weil man eher leichte Winde zu erwarten hat. Deswegen hätte ich in diesem Leg gar nicht mit Materialschäden gerechnet", sagte die 31-Jährige dem NDR. Sie sei aber "hauptsächlich froh, dass es dem Team gut geht und keinem etwas passiert ist. Das ist die Hauptsache."