Bitter! Vendée Globe ist vorbei - aber Van Weynbergh noch auf See
Die zehnte Vendée Globe ist offiziell beendet. Denis Van Weynbergh, der letzte noch verbliebene Skipper der Solo-Weltumseglung, ist aber noch unterwegs. Sein großes Ziel, das fordernde Rennen als erster Belgier erfolgreich zu beenden, hat er hauchdünn verpasst. Stolz sein kann er trotzdem.
Seit Freitagmorgen (8 Uhr) ist die Vendée Globe beendet, die Ziellinie vor dem französischen Les Sables-d'Olonne geschlossen - und damit offiziell, was Van Weynbergh in den vergangenen Tagen immer mehr realisiert hat: Er wird es nicht rechtzeitig schaffen. Er wird ankommen, aber nicht gewertet. Allem Kampf, allem Einsatz, allen Entbehrungen der vergangenen dreieinhalb Monate zum Trotz.
"Er kann stolz auf seine Weltumsegelung sein. Er hat Mut und unglaubliches Engagement bewiesen. Möge er diese letzten Momente auf See genießen." Vendée-Sieger Charlie Dalin
Sein großes Ziel, als erster Belgier die Vendée Globe erfolgreich zu beenden, ist für den 57-Jährigen nicht mehr zu erreichen - die Zeit ist abgelaufen. Er gilt offiziell als aus dem Rennen ausgeschieden. Im Regelwerk ist festgelegt, dass das Finale sich bei dieser Ausgabe an der Renndauer des Letzten der neunten Vendée Globe orientiert: Der Finne Ari Huusela hatte 2020/2021 116 Tage und rund 18 Stunden für sein Solo um die Welt benötigt.
Van Weynbergh hätte in etwa die Zeit des diesjährigen Siegers Charlie Dalin (64 Tage, 19 Stunden) plus 80 Prozent erreichen müssen, um gewertet zu werden. Es hat nicht geklappt. Rien ne va plus, nichts geht mehr - bitter! "Es ist schon ein bisschen bizarr", sagte der Belgier: "Aber ich mache weiter und halte meine Linie."
Es fehlt nur ein Prozent
Knapp 200 Seemeilen fehlten ihm und seiner Yacht, der D'leteren Group - nach knapp 24.000 Meilen und fast 117 Tagen auf See. Gemessen an der Gesamtdistanz ist er nur ein Prozent zu langsam, um noch gewertet zu werden.
"Ich fühle mich wie ein Gefangener, dessen Haftstrafe ständig um Tage verlängert wird." Denis van Weynbergh
Die Freude, die er vor dem Beginn der Regatta versprüht hatte? Aktuell verflogen. Die Witze? Für den Moment vergessen. "Es ist kompliziert und deprimierend", hatte er unter der Woche angesichts immer neuer Probleme mit seinem Großsegelfall und einem defekten Kielzylinder gesagt. Da hatte der 57-Jährige wohl schon realisiert, dass es für eine offizielle Wertung nicht reichen dürfte.
Zeitweise schaffte er zuletzt nur 100 Seemeilen am Tag, manchmal auch nur 80. Aktuell kämpft er sich durch eine Schwachwindzone, am Freitagabend und in der kommenden Nacht wird er mit einem Südostwind von mehr als 20 Knoten und Böen von etwa 30 Knoten zu kämpfen haben. Es bleibt hart bis zum Schluss. Und er ist ausgelaugt.
Skipper des einzigen kompletten Amateur-Projekts
Er fühle sich "wie ein Gefangener, dessen Haftstrafe ständig um Tage verlängert wird und der eine ganze Reihe von Herausforderungen zu meistern hat, um aus dem Gefängnis freizukommen", sagte der 57-Jährige. Er sei "wirklich müde", wolle einfach nach Hause. Dass sein Solo um die Welt nun ohne Wertung für ihn endet, mag für den Moment - und sicher auch noch darüber hinaus - eine Enttäuschung für ihn sein.
Er wird aber auch immer mehr Stolz auf das Erreichte verspüren. Und das wahrscheinlich schon mit der Hafeneinfahrt in den Port Olona. Der Belgier, Skipper des einzigen kompletten Amateur-Projekts bei der Vendée Globe, wird am Samstagnachmittag oder -abend vor Les Sables-d'Olonne erwartet. Die Veranstalter zeigen seine Ankunft live im Netz, und am Kanal werden ihn die Segel-Fans auch ohne Wertung feiern. Auch seine Kollegen loben sein Durchhaltevermögen.
"Mit Denis' Ankunft endet diese unglaubliche Ausgabe der Vendée Globe. Er kann stolz auf seine Weltumrundung sein! Er hat Mut und unglaubliches Engagement gezeigt, um sein Boot nach Les Sables d'Olonne zurückzubringen", sagte Imoca-Star Dalin: "Möge er diese letzten Momente auf See genießen und diese letzte Passage durch den Kanal bei dieser Ausgabe auskosten, die unvergesslich und seines Kampfgeistes würdig zu werden verspricht."
Langer Weg zur ersten Vendée-Globe-Teilnahme
Es wird das Ende der Reise eines Mannes, der schon als Journalist, Unternehmer und Segellehrer gearbeitet hat. Eines Mannes, der viel investiert hat, um sich seinen Lebenstraum zu erfüllen, der dafür sogar auf seinem Boot gelebt hat, um Geld zu sparen.
Van Weynbergh hat auf dem Weg zur Teilnahme eine Menge Langmut bewiesen. "Als ich angefangen habe, über mein Projekt zu sprechen, sagten mir alle, dass es für einen Belgier unmöglich sei", sagte van Weynbergh im vergangenen Herbst. Das habe ihn "noch mehr motiviert".
Eine Motivation, die auch half, Rückschläge wegzustecken. Denn schon 2018 hatte er sein Boot gekauft - und konnte doch nicht an der neunten Auflage der Weltumseglung 2020/2021 teilnehmen. Zu wenig Geld, dazu der Corona-Lockdown. "Aber ich habe nicht aufgegeben." Er fand einen Sponsor und erfüllte über mehrere Rennen die Qualifikations-Kriterien - und sich selbst den Traum der Vendée-Globe-Teilnahme.
Der "kleine Begier" und die Freiwilligen
Die sei "ein Weg zu zeigen, dass nichts unmöglich ist", hatte Van Weynbergh kurz vor der Abfahrt im November gesagt und ergänzt, dass es bereits "ein toller Sieg ist, an der Startlinie zu stehen". Das sei, "als ob ein belgischer Drittligist mit Real Madrid und Manchester City in der Champions League spielen würde".
Der Gedanke, "dass ein 'kleiner Belgier' mit Freiwilligen dabei sein wird", dieser Gedanke alleine bereite ihm "viel Freude". Und auch wenn es für diesen "kleinen Belgier" und seine Freiwilligen nun nicht für die erhoffte Wertung gereicht hat, werden am Ende sicher Freude und Stolz über das Erreichte überwiegen.
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