Stefan Effenberg - Reizfigur und genialer Regisseur
Sportliche Höchstleistungen und Eskapaden
Eskapaden wie die "Stinkefinger-Affäre" bei der WM 1994 in den USA, als Effenberg die deutschen Fans mit einer abfälligen Geste beleidigte und abreisen musste, eine Ohrfeige für eine Diskobesucherin 2001, für die der Profi 150.000 DM Strafe zahlte, oder das öffentliche Wettern gegen Arbeitslose 2002 ("Ich würde die Stütze auf ein Minimum herabsetzen") zeichneten ebenso den Weg Effenbergs wie sportliche Höchstleistungen. "Diplomatie war nicht gerade meine Stärke, aber das wollte ich auch gar nicht", gab der streitbare Kicker 2005 im NDR Fernsehen offen zu. Auf dem Platz schaffte "Cheffe Effe", wie er vom Boulevard getauft wurde, etwas, was nur wenige Fußballer von sich behaupten können: Er entwickelte seine Position, die des Mittelfeldregisseurs, zeitgemäß weiter. Seine Fähigkeit, ein Team zu führen kombinierte Effenberg mit Aggressivität, hoher Laufbereitschaft und Spielübersicht. "Ich bin nicht der Typ, der geliebt werden will. Die Fans sollen Respekt haben", sagte der gebürtige Hamburger über sich selbst.
Vom Mitläufer zum "besten Mittelfeldspieler der Welt"
Für die letzte Anerkennung als einer der ganz großen deutschen Fußballer bedurfte es allerdings eines zweiten Anlaufs bei den Bayern, die er nach dem ersten Gastspiel 1992 in Richtung AC Florenz verlassen hatte. Nach einem vier Jahre währenden Zwischenstopp am alt bekannten Bökelberg, wo Effenberg die Borussia 1995 zum DFB-Pokalsieg führte, heuerte er 1998 erneut an der Säbener Straße an. Bis 2002 gewannen die Münchner unter der Regie von Kapitän Effenberg drei deutsche Meistertitel, den DFB-Pokal, die Champions League und den Weltpokal. Effenbergs Karriere vom Mitläufer zum "besten Mittelfeldspieler der Welt" (Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld) fand durch die Wahl zum wertvollsten Spieler der "Königsklasse" ihren Höhepunkt. Die letzten beiden Profi-Stationen, VfL Wolfsburg und Al Arabi im Emirat Katar, fielen bei Effenberg, der nie einen Hehl daraus gemacht hat, auch um des Geldes Willen Profi zu sein, unter die Rubrik "mitnehmen, was geht". Im Wüstenstaat kassierte der einstige Lehrling der Bundespost zwei Millionen Euro Jahresgehalt - netto.
"Effenbergs Heimspiel"
In einem Interview mit dem "Tagesspiegel" erklärte der gebürtige Hamburger einmal, es gebe drei Effenbergs: "Einen öffentlichen, das ist der für alle, für die Journalisten, für die Leute im Stadion; einen privaten, der ist für die Freunde; und dann gibt es den familiären, den wird nie jemand außerhalb kennenlernen." Welcher dieser drei "Effes" für die Karriere nach der Karriere mit eigener Fernseh-Dokusoap namens "Effenbergs Heimspiel" oder reißerischen Memoiren ("Ich hab es allen gezeigt") verantwortlich ist, sei dahingestellt.
Der "öffentliche Effe" mischt im Fußball-Geschäft noch immer kräftig mit. Bei Borussia Mönchengladbach wollte er mit einer Oppositionsgruppe das amtierende Präsidium stürzen, erlitt aber eine krachende Niederlage. Die Ausblidung zum Fußball-Lehrer schloss er im März 2012 erfolgreich ab. Zunächst arbeitete Effenberg aber als Experte beim Bezahlsender "Sky", erst im Oktober 2015 folgte das erste Engagement als Coach im Profifußball. Der 47-Jährige unterschrieb einen Zweijahresvertrag beim Zweitligisten SC Paderborn - mit überschaubarem Erfolg. Nach zwei Siegen folgten zwölf Spiele ohne Erfolg: Die Ostwestfalen entließen Effenberg im März 2016.
- Teil 1: Erster Profivertrag für den Hamburger Jung'
- Teil 2: Sportliche Höchstleistungen und Eskapaden