THW-Profi Bilyk: "Gegen Barcelona stehen die Chancen bei 50:50"
Vier Handball-Topclubs kämpfen an diesem Wochenende in Köln um die Trophäe der Champions League. Darunter der THW Kiel, in dessen Reihen seit 2016 Nikola Bilyk steht. Das österreichische Rückraum-Ass gehört inzwischen auch dem Kapitäns-Trio an. Im Interview mit dem NDR sprach der 27-Jährige über das heutige Halbfinale gegen den FC Barcelona (18 Uhr).
Nikola Bilyk, seit acht Jahren spielen Sie für den THW Kiel. Sie sind aber erst zum zweiten Mal beim Final Four in Köln dabei. Die aktuelle Teilnahme muss für Sie einen ganz besonderen Stellenwert haben.
Nikola Bilyk: Das hat dieses Event ohnehin. Es ist das größte Final Four im Vereinshandball. 20.000 Zuschauer, darunter viele handballverrückte Leute, sind in der Halle. Unzählige sitzen vor dem Fernseher. Und alle haben den Fokus auf die letzten vier Mannschaften gerichtet. Dafür nimmt man gerne eine Woche mehr in Kauf. Man steht nicht jedes Jahr im Final Four. In meiner Zeit ist der THW nun zum dritten Mal dabei.
2020 hat der THW Kiel letztmals die Champions League gewonnen. Sie waren damals verletzt. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Titel?
Bilyk: Das war im Corona-Jahr, und das Final Four fand erst im Dezember statt. Ich hatte mich im Sommer schwer am Knie verletzt und konnte dann nicht mitspielen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass keine Zuschauer in der Arena waren, aber ich auf der Tribüne saß. Dennoch habe ich mich mit dem Schlusspfiff des Endspiels gegen Barcelona irrsinnig gefreut. Das waren unbeschreibliche Emotionen.
Vor zwei Jahren hingegen scheiterte der THW im Halbfinale am FC Barcelona. Was macht Sie zuversichtlich, dass es dieses Mal wieder besser läuft?
Bilyk: Wenn man ehrlich ist, stehen die Chancen in einem solchen Spiel bei 50:50. Es ist vieles von der Tagesform abhängig. Wir brauchen Willen und den Glauben, dass wir das Finale erreichen können. Dazu kommt das Glück in bestimmten Situationen. Wir müssen uns mit dem beschäftigen, was wir selbst in der Hand haben. Über alles andere sollten wir uns keine Gedanken machen.
Im Tor von Barcelona steht Gonzalo Perez de Vargas. Der Keeper kommt nächsten Sommer zum THW. Spielt das jetzt schon eine Rolle?
Bilyk: Er spielt erst in der übernächsten Saison bei uns, jetzt sind wir Rivalen. In einem Spiel interessieren keine ehemaligen oder zukünftigen Mitspieler. Wir wissen aber um die Stärken von Gonzalo Perez de Vargas. Jetzt haben wir Respekt vor ihm, aber nächsten Sommer freuen wir uns auf ihn.
In der Bundesliga reichte es nur zu Platz vier, 15 Zähler hinter Meister Magdeburg, und im DHB-Pokal war früh Schluss. Warum zeigte der THW in dieser Saison international und national zwei verschiedene Gesichter?
Bilyk: Das ist schwer zu beantworten. Im letzten Jahr war es genau anders herum. Da lief es in der Bundesliga sehr gut, während wir in der Champions League oft unter Niveau spielten. In dieser Saison schafften wir es, in der Champions League die richtige Mischung aus Lockerheit und Druck zu finden. Zumindest meistens, denn gegen Aalborg oder in Montpellier war es alles andere als gut. In der Bundesliga waren wir dieses Mal einfach nicht konstant genug.
War die Aufholjagd gegen Montpellier im Viertelfinale der Höhepunkt der Saison?
Bilyk: Sicherlich. Es war ein besonderer Spaß, so ein Spiel zu erleben. In der Halle war unglaublich viel los, und mit dem Abpfiff waren es besonders schöne Momente, mit der Mannschaft zu feiern.
Sie bilden zusammen mit Domagoj Duvnjak und Patrick Wiencek das Kapitäns-Trio. Wie teilen Sie sich dieses Amt?
Bilyk: Auf dem Spielfeld ist "Dule" unserer Anführer. Aber neben dem Spielfeld unterstützen Patrick und ich ihn. Denn es gibt viele Aufgaben, nicht nur Medien-Termine. Beim Training besprechen wir, wie wir die Verteilung vornehmen.
Eine letzte Frage: Was machen Sie ab Montag?
Bilyk: Hoffentlich gibt es einen positiven Abschluss beim Final Four, den wir dann genießen dürfen. Danach ist endlich Zeit für den Urlaub. Ich freue mich schon sehr auf Familie und Freunde.
Das Interview führte Jan Kirschner