Silber macht Mut: Deutschlands Handballer haben "viel mehr drin"
Der Ärger über die deutliche Finalniederlage bei Olympia wich bei Deutschlands Handballern schnell dem Stolz. Die Aussichten des jungen DHB-Teams um Renars Uscins von der TSV Hannover-Burgdorf sind glänzend. Spielmacher Juri Knorr weiß: "Wir müssen weiter lernen!"
Uscins und die anderen Silber-Helden schunkelten Arm in Arm und sangen voller Inbrunst bei "Oh, wie ist das schön" mit. Tief in der Nacht von Sonntag auf Montag ließen es Deutschlands Handballer bei ihrer abschließenden Party in Paris noch einmal richtig krachen, der Ärger über die bittere Final-Pleite gegen Weltmeister Dänemark (26:39) wich spätestens bei der Ankunft im Deutschen Haus der Zuversicht.
"Wir können sehr stolz und glücklich sein auf das, was wir erreicht haben. Wenn man die Mannschaft sieht, kann es ja nur besser werden." Renars Uscins
"Wir stehen ohne Erfahrung da, knacke-jung. Für die meisten war es die erste Olympia-Teilnahme. Ich sehe uns in einer sehr schönen Position, wo wir selbst entscheiden, was wir in der Zukunft machen", sagte der 22 Jahre alte Uscins, der nicht nur wegen seiner überragenden Leistung im "Jahrhundertspiel" gegen Frankreich gemeinsam mit Knorr ins All-Star-Team des Turniers gewählt wurde.
Wolff: "Nicht das letzte Mal in einem Finale gestanden"
Zwar blieb die ganz große Olympia-Sensation aus. Doch mit Leistungen wie in Frankreich dürfte das Team von Bundestrainer Alfred Gislason bei den kommenden Turnieren zum Stammgast in den Medaillenspielen werden. "Wir haben gezeigt, dass wir eine Mannschaft haben, die eine Zukunft hat, die vielversprechend ist und die nicht das letzte Mal in einem Finale gestanden hat", sagte Torhüter Andreas Wolff, der ab der kommenden Saison wieder für den THW Kiel in der Bundesliga auflaufen wird.
Gislason selbst ("Abschlussfeiern und so ist nichts für mich") verbrachte den letzten Olympia-Abend zwar lieber alleine in der Altstadt von Lille, aber auch der Isländer bescheinigte seinen Spielern eine gute Entwicklung. Im Vergleich zum vierten Platz bei der Heim-EM sei das Team "deutlich weiter. Die Mannschaft ist viel stabiler. Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht - in vieler Hinsicht", sagte der 64-Jährige.
Dänemark zeigt (noch) den Unterschied auf
Abheben wird im DHB-Team allerdings keiner, dafür sorgt schon die heftige Niederlage gegen Olympiasieger Dänemark. Das Endspiel von Lille, in dem die Nord-Europäer beim Abschied ihrer Stars Mikkel Hansen und Niklas Landin nahe der Perfektion spielten, zeigte schmerzhaft den Unterschied zwischen einem Weltklasse-Team und einem, das (noch) nur an einem richtig guten Tag die Besten der Welt ärgern kann.
"Wir müssen weiter lernen. Wir brauchen in solchen Spielen mehr Selbstvertrauen, mehr Willen, mehr Mentalität, dreckig zu spielen, auch einfach mutig zu sein und Freude an sowas zu haben", forderte Spielmacher Knorr. Auch Johannes Golla von der SG Flensburg-Handewitt war der Ärger über das am Ende historisch deutliche Final-Ergebnis bei Olympia anfangs anzusehen. "Wir hatten keine Chance", sagte der Kapitän gefrustet.
Wird die Heim-WM 2027 zum Wintermärchen?
Dass das jüngste und unerfahrenste aller Olympia-Teams seine Heimreise dennoch mit einer Silbermedaille antritt, lässt den Deutschen Handball Bund von einer titelreichen Zukunft träumen. Die Heim-WM 2027 könnte ein Wintermärchen werden. Das wissen auch die Spieler. "Es ist noch viel mehr drin", versicherte Linksaußen und Nachrücker Rune Dahmke vom THW Kiel, der mit 31 Jahren einer der Ältesten im deutschen Olympia-Aufgebot war.
Die Entwicklungskurve geht vor der WM 2025 (ab 14. Januar) in Kroatien, Dänemark und Norwegen in die richtige Richtung, sogar etwas steiler, als man erwarten konnte. Die Konkurrenz wird mit anderen Augen auf das unbekümmerte deutsche Team blicken. Das glaubt auch Kai Häfner, der am Sonntag sein 151. und letztes Länderspiel bestritt. Der 35-Jährige verließ die DHB-Auswahl mit einem guten Gefühl - und einer Vorahnung: "Die Jungs haben noch ein paar gute Turniere vor sich."