Pokal-Krimi ohne Happy End: THW Kiel verpasst Final Four
Handball-Bundesligist THW Kiel hat eine Option weniger auf einen Titelgewinn in dieser Saison. Am Sonntag unterlagen die "Zebras" in Hamburg dem SC Magdeburg in einem hochdramatischen Viertelfinale des DHB-Pokals mit 34:35 (31:32, 29:29, 14:19) nach Verlängerung.
Als um 17.02 Uhr zum zweiten Mal an diesem Tag die Schlusssirene ertönte, war allen in der Mannschaft des THW und den Kieler Fans klar: Letztlich war alles vergebens gewesen, die kräftezehrende Aufholjagd während der zweiten Hälfte der regulären Spielzeit und auch die in der Verlängerung. Der Titelverteidiger war entthront. Und während die Kieler mit hängenden Köpfen zu Boden sanken, feierten die Spieler des SC Magdeburg ihren großen Erfolg mit einem wilden Tanz auf dem Parkett.
"Wir hatten nicht von Anfang an den Zugriff in der Deckung. Es ist ein bisschen traurig, dass die Energie noch nicht so da war, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte THW-Rückraumspieler Steffen Weinhold dem NDR.
Heimspielrekord für THW Kiel
Damit wird nur eine norddeutsche Mannschaft bei der Final-Four-Premiere im DHB-Pokal in Köln (15. und 16. April) dabei sein - die SG Flensburg-Handewitt, die sich am Samstagabend knapp gegen Wetzlar durchgesetzt hatte. Nach der TSV Hannover-Burgdorf sind am Sonntag nun auch die "Zebras" im Viertelfinale gescheitert. Das Team von Trainer Filip Jicha fand am Ausweichstandort Hamburg - die Arena in Kiel war wegen einer Moto-Cross-Veranstaltung belegt - zu spät zu seinem Spiel. Die 12.523 Zuschauer in Hamburg bedeuteten einen neuen Heimspielrekord für den THW.
Magdeburg mit seinen zehn WM-Teilnehmern wirkte frischer als Kiel (neun Spieler bei der Weltmeisterschaft). "Ja, das Gefühl war schon da. Es fehlte ein bisschen etwas in der Konzentration im Abschluss, zehn Prozent im Zurücklaufen", sagte Weinhold. Auch Jicha sah das so: "Wir haben einen zu langen Anlauf gebracht. In der ersten Halbzeit hat die nötige Qualität gefehlt."
Reichlich Sand im THW-Getriebe
Wie wahr! Bei den Kielern gab es Fehlleistungen zuhauf. Erst der dritte Siebenmeter - ausgeführt von Magnus Landin - führte zu einem Treffer. Zuvor waren Niclas Ekberg und Sander Sagosen mit ihren Versuchen von der Linie jeweils gescheitert.
In der Defensive passte es ebenfalls nicht. Die 6-0-Deckung war kein Bollwerk - der SCM fand mit überlegten Kombinationen immer wieder Lücken. Und auch nachdem Jicha auf eine 3-2-1-Formation umgestellt hatte, änderte sich wenig am Bild: Magdeburg, das auf seinen Linkshänder-Star Omar Ingi Magnusson (Operation an der Ferse) verzichten musste, präsentierte sich als gutes, funktionierendes Kollektiv, das sich die Lücken klug und geduldig schuf.
Bei den Kielern mangelte es zudem an einer starken Torhüterleistung. Niklas Landin musste nach einer Viertelstunde den Platz zwischen den Pfosten räumen - der dänische Weltmeister hatte nicht einen Wurf abgewehrt. Tomas Mrkva hielt danach ordentlich, mehr aber auch nicht. Und so zog Magdeburg Tor um Tor davon. Zur Pause hieß es 19:14 für den SCM.
Landin-Brüder hieven Kiel in die Verlängerung
Nach einer vermutlich deutlichen Ansprache von Jicha in der Kabine präsentierte sich zu Beginn der zweiten Hälfte ein ganz anderer THW. Viel kompakter in der Deckung, deutlich konzentrierter und entschlossener im Angriff. Zwar stabilisierte sich der SCM wieder und zog auf auf 24:19 davon, doch Kiel gab nicht auf. Die "Zebras" profitierten bei ihrer Aufholjagd auch von Schiedsrichter-Entscheidungen. Zweimal wurde SCM-Profi Gisli Kristjansson ein Tor abgepfiffen.
Beim Stand von 28:29 parierte Niklas Landin 21 Sekunden vor Schluss einen Siebenmeter von Kay Smits. Auf der anderen Seite bewahrte sein Bruder Magnus Landin die Nerven und traf nach abgelaufener Spielzeit von der Linie zum 29:29 - Verlängerung!
Magdeburg mit den besseren Nerven
Nach den ersten von zweimal fünf Minuten lag der SCM mit 32:31 vorn. Die Gäste, bei denen sich der dänische Weltmeister Michael Saugstrup vermutlich schwer am rechten Knie verletzte, setzten Kiel erneut erheblich unter Druck, führten mit zwei Toren. 25 Sekunden vor dem Ende der Verlängerung lag Magdeburg bei eigenem Ballbesitz mit 35:34 vorn. Und dieses Mal ließ sich der SCM den Sieg nicht nehmen.