Von Biene Maja zum Kapitän: Die besonderen Fähigkeiten des Johannes Golla
Johannes Golla wurde schon in frühen Jahren Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft und der SG Flensburg-Handewitt. Beim Besuch im NDR Sportclub erklärte er, welche Fähigkeit ihm dabei geholfen hat und warum er Flensburg nicht verlassen will.
Einfach mal verrückt sein "auf Malle" - das machen jedes Jahr im Mai und Juni Hunderte von Sportlerinnen und Sportlern aus deutschen Vereinen. Immer dann, wenn in Deutschland in diversen Sportarten die Saison gerade zu Ende gegangen ist, sind am Strand von Palma de Mallorca mitunter auch schon mal skurrile Wesen unterwegs: Einhörner, rosa Zauberfeen oder Superhelden. Meistens stecken Hobbysportler in den Kostümen.
Golla mit besonderem Auftritt in Schwarz-Gelb
Aber auch der heutige Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft hatte dort schon einen besonderen Auftritt - in einer anderen "Haut". Golla schwirrte im Sommer 2016 als Biene Maja über den Strand, mit schwarz-gelbem Poncho, farblich entsprechend gestalteter Brille, schwarzer Haube und gelben Fühlern.
"Es war damals so ein bisschen Tradition bei uns", erinnerte sich Michael Müller, sein ehemaliger Mitspieler bei der MT Melsungen. "Und dann war es so, dass der Jüngste bei uns, in dem Fall Johannes, ein Kostüm anziehen musste. Aber ich finde, dass alles im Rahmen lief. Ich glaube, Johannes hat es mit uns ganz gut getroffen."
"Ich versuche, den Leuten wieder hochzuhelfen, wenn sie ein bisschen am Boden sind." Johannes Golla
18 Jahre war Golla war seinerzeit, und schon damals zeigte sich, dass dieser junge Mann besondere Fähigkeiten mitbrachte. Da war jemand, der lernen wollte, der vorankommen wollte auf seinem Weg, der extrem darauf fokussiert war, Profi werden zu wollen, der aber auch schon damals in das Team hineinwirkte. Sei es dadurch, dass er über sich selbst lachen konnte oder dadurch, auf welche Weise er sich einbrachte.
"Als Jugendspieler hat er damals unseren Trainer gefragt, ob er mit uns zum Auswärtsspiel nach Mannheim fahren darf. Das spricht für ihn. Er hat sich im Bus vorne hingesetzt, den Mund gehalten und dort unseren Betreuer Ronny gefragt, ob er irgendwas machen, ob er helfen könne", sagte Müller. "Johannes war direkt. Er hat alles aufgesogen. Und das ist auch der Grund dafür, warum er jetzt den Weg so gegangen ist."
Golla jüngster Kapitän der Nationalmannschaft
Der in groben Zügen wie folgt aussah: Wechsel zur SG Flensburg-Handewitt im Sommer 2018 im Alter von 18 Jahren, in der ersten Saison dort gleich deutscher Meister. Länderspieldebüt im März 2019, EM-Teilnahme 2020, seit Anfang November 2021 Kapitän der Nationalmannschaft und seit Sommer 2022 bei der SG, im All-Star-Team der EM 2022 und Handballer des Jahres 2022.
SG in der European League gefordert
Gut möglich, dass in dieser Saison noch weitere Erfolge für den 26-Jährigen hinzukommen. Im DHB-Pokal kommt es am 13. April für Golla mit der SG im Halbfinale zu einem Wiedersehen mit seinem Ex-Club MT Melsungen. In der European League könnten die Flensburger heute (18.45 Uhr) in eigener Arena durch einen Sieg gegen den serbischen Club Vojvodina Novi Sad einen großen Schritt zur direkten Qualifikation für das Viertelfinale machen.
Golla: "Hoffnung bis zum letzten Spieltag"
In Sachen Meisterschaft sind die Chancen - erst recht nach dem unglücklichen 31:31 gegen Tabellenführer Füchse Berlin - nur noch sehr gering. "Man muss realistisch auf die Tabelle schauen und sagen, dass es in der Bundesliga schon mit dem Teufel zugehen muss. Es muss nicht nur eine Mannschaft richtig ins Straucheln geraten, sondern gleich zwei", sagte der SG-Kreisläufer in Bezug auf das Führungsduo. Berlin liegt sechs Punkte vor den drittplatzierten Schleswig-Holsteinern, der SC Magdeburg fünf Zähler.
"Bei mir wird aber bis zum letzten Spieltag die Hoffnung da sein, dass vielleicht eine der beiden Mannschaften vor uns Punkte lässt, sodass wir noch die Qualifikation für die Champions League schaffen. Wir werden alles dafür tun, damit das Unmögliche möglich wird", sagt der gebürtige Rüdesheimer.
Dass er in so jungen Jahren Kapitän der Nationalmannschaft und eines Bundesliga-Topteams wurde, begreift Golla als Auszeichnung. Als Hauptgrund dafür sieht er sein "Gespür für Personen, für Situationen - zu wissen, was im richtigen Moment gefragt ist. Und ich glaube, das kann ich ganz gut oder kann es immer besser durch meine Erfahrung, die ich mittlerweile habe. Ich versuche, den Leuten wieder hochzuhelfen, wenn sie ein bisschen am Boden sind."
"Er hat es absolut verdient, da zu sein, wo er jetzt ist." Ex-Mitspieler Michael Müller über Golla
Müller bestätigt das: "Er ist eine absolute Führungsfigur in allen Belangen. Er ist für alle da, er kümmert sich um alles - das zeichnet ihn als Kapitän aus. Ich gönne ihm den Erfolg, den er hat, weil ich weiß, was er dafür investiert hat und was er für ein Charakter ist."
Aber, so räumt der Familienmensch Golla ein, es gebe im Leben schon mal Situationen, die ihn enorm fordern. "Mit zwei kleinen Kindern kommt man schon mal an die Grenzen", gab er lächelnd zu. "Es sind Probleme, die alle Eltern kennen. Dass man gefordert wird von früh bis spät, meistens auch nachts. Es ist schon eine anstrengende Zeit, aber ich will sie natürlich auch nicht missen. Ich finde es sehr schön, dass es so ist, wie es ist."
Golla: Kein Weggang aus Flensburg vor dem Vertragsende
Und dieser Status quo führt auch dazu, dass er nach eigener Aussage keinen Gedanken daran verschwende, seine Wahlheimat mit seiner Ehefrau Elena und den beiden Kindern in absehbarer Zeit zu verlassen. "Es gibt keine Option, dass ich vor meinem Vertragsende im Sommer 2026 gehen werde. Meine Tochter ist in die Kita gekommen und liebt es. Meine Frau arbeitet hier und hat sehr gut Anschluss gefunden. Wir fühlen uns hier sehr wohl und sind sehr gut angekommen im Norden", sagte Golla, der von Ex-Mitspieler Müller noch zu einer besonderen Challenge herausgefordert wurde.
"Wenn ich das Biene-Maja-Kostüm organisiere - würdest du mit mir am Flensburger Hafen noch mal entlang flanieren in dem Kostüm?", fragte Müller im NDR Sportclub. Golla entgegnete mit einem Lachen: "Mit 'Michi' würde ich das noch mal machen - ja, auf jeden Fall." Dann würden ihm die Menschen - anders als damals auf Mallorca - vermutlich sogar zujubeln.