Altona 93: 125 Jahre alt und immer noch Kult
Als der legendäre Adolf Jäger für 93 die Stiefel schnürte, also zwischen 1908 und dem Beginn der Dreißigerjahre, gehörte Altona nicht zur Hansestadt. Wie Norbert Carsten in seiner akribisch recherchierten Vereinshistorie "Altona 93 - 111 Ligajahre im Auf und Ab" schildert, geht die Vereinsgründung auf die Initiative von Königstraßen-Gymnasiasten zurück - zu einer Zeit, als nebenan in Hamburg gerade eine Choleraepidemie wütete. Gekickt wurde zunächst am Diebsteich auf einem Exerzierplatz, bald darauf im Innenraum der Trabrennbahn, die ersten Punktrunden fanden bereits in einem "Hamburg-Altonaer Fußballbund" statt. Die Nähe zur Hansestadt und der gemeinsame Spielbetrieb erzeugte Rivalität. Der AFC betonte seine Identität mit der Wahl der Clubfarben. Das anfängliche Grün-Weiß wurde durch Schwarz-Weiß-Rot ersetzt - ein Bekenntnis zu Preußen, das auch nach dem Ersten Weltkrieg nicht revidiert wurde.
Austragungsort der ersten deutschen Meisterschaft
1898 holte der Verein erstmals die Hamburger Meisterschaft, schlug auch Berlins Champion BFC Preussen und wäre vermutlich deutscher Titelträger geworden - wenn es schon eine deutsche Meisterschaft gegeben hätte. Star der Zwirbelbart-Ära war Franz Behr, der nicht nur am Ball brillierte, sondern auch sonst den Laden schmiss. 1900 war er als AFC-Vertreter in Leipzig dabei, als der DFB gegründet wurde und ließ sich gleich zum 2. Vorsitzenden wählen. 1903 organisierte er das erste Endspiel um die deutsche Meisterschaft auf der Exerzierweide und fungierte als Schiedsrichter.
Fußball in der großen Altonaer Zeit war bereits ein Massenphänomen mit Zehntausenden zahlenden Zuschauern. Anders als heute zogen weniger die Ligaspiele, eher Freundschaftskicks gegen auswärtige Gegner die Massen an. Große Bedeutung hatten auch die Spiele der Norddeutschen Auswahl, zu der Altona regelmäßig seine Cracks abstellte: neben dem alles überragenden Adolf Jäger kamen 29 weitere AFC-Spieler bis 1955 zum Einsatz.
Auch in Altona "kraftvolles Sieg Heil"
Auch im Dritten Reich, nach Einführung der "Gauliga", blieb Altona 93 eine der ersten Adressen in Norddeutschland. Hier und da gelang auch noch ein Erfolg über den HSV, der zu dem Zeitpunkt schon drei deutsche Titel gesammelt hatte. Politisch unterschied sich Altona nicht von anderen Clubs, die Ein- und Unterordnung ins Dritte Reich war total. Jäger-Biograph Folkert Mohrhof hat einen Artikel zum 40. Vereinsjubiläum am 2. Dezember 1933 entdeckt, in dem der frühere Ligaspieler und Rechtsanwalt Constanz Jersch die Festrede hielt: "Bewußt haben wir uns dann mitten hineingestellt in den Kampf um das Dritte Reich und um die neue Stellung des deutschen Sports." Die Feier endete demnach "mit einem kraftvollen Sieg Heil" auf den Führer und dem Absingen des Horst-Wessel-Liedes.
In die Zeit fiel auch eine zeitweilige Disqualifikation des Vereins wegen Abwerbung eines St.-Pauli-Spielers - der sollte offenbar mit einem gut dotierten Job in der Bahrenfelder Margarinefabrik geködert werden. 1937, nach Altonas Eingemeindung in Hamburg, kam es zur Fusion mit dem Nachbarclub Borussia Bahrenfeld, was die Umbenennung in "Altonaer Fußball-Club Borussia von 1893" zur Folge hatte. Erst 1979 wurde die Borussia offiziell wieder aus dem Vereinsnamen entfernt.
- Teil 1: Zweitältester Sportplatz Deutschlands
- Teil 2: Schauplatz des ersten deutschen Meisterschafts-Endspiels
- Teil 3: Gründung der Bundesliga wird zur Zäsur