VfL Osnabrück: Den Umbruch als Chance sehen
Der VfL Osnabrück geht mit einem neuen Coach und einer umformierten Mannschaft in die Zweitliga-Saison. Trotz der Veränderungen scheinen die Vorzeichen für eine sorglose Spielzeit gut. Der Teamcheck.
So lief die vergangene Saison
Der VfL legte den Grundstein für den Klassenerhalt in der Hinrunde. Für einen Aufsteiger bemerkenswerte 26 Punkte schlugen nach 17 Partien zu Buche. Dass vor dem Jahreswechsel in dem späteren Meister VfB Stuttgart (1:0) sowie dem Hamburger SV (2:1) die beiden Aufstiegs-Topfavoriten bezwungen werden konnten, ließ den einen oder anderen Osnabrücker Fan sogar vom Durchmarsch in die Beletage träumen. Dem Höhenflug folgte jedoch der Absturz. In der Rückrunden-Tabelle belegten die Niedersachsen den letzten Platz. Am Saisonende war der Vorsprung auf Abstiegsrelegationsrang 16 bis auf drei Zähler zusammengeschmolzen - der VfL kroch auf dem Zahnfleich über die Ziellinie.
Wer kommt, wer geht?
Die fraglos gravierendste personelle Veränderung mussten die Niedersachsen auf der Trainerposition hinnehmen. In Daniel Thioune verließ einer der Architekten des sportlichen Erfolgs völlig überraschend den Club in Richtung Ligarivale HSV. Auch Sportdirektor Benjamin Schmedes, der gemeinsam mit Thioune den Kader zusammengestellt hatte, liebäugelte zwischenzeitlich mit einer Luftveränderung. Der 1. FC Nürnberg buhlte um den 35-Jährigen - Schmedes sagte den Franken schließlich ab.
Top-Torjäger wechselt nach Polen
Neben Thioune suchten auch wichtige Spieler der Vorsaison neue sportliche Herausforderungen. In Marcos Alvarez (wechselte zu Cracovia nach Polen) verließ der erfolgreichste Schütze den Club. Eigengewächs Felix Agu versucht, seinen nächsten Karriereschritt bei Werder Bremen zu machen und Verteidiger Joost van Aken kehrte nach starken Leistungen zu Sheffield Wednesday zurück, das ihn zum VfL ausgeliehen hatte. Auch Anas Ouahim wusste - wenn auch nicht konstant - im Osnabrücker Trikot zu gefallen. Der Edeltechniker sah aber beim SV Sandhausen die bessere Perspektive. Keeper Nils Körber hofft nach beendeter Leihe nun bei seinem Stammclub Hertha BSC auf den Durchbruch. Die anderen Abgänge spielten in der vergangenen Serie nur Nebenrollen.
Schmedes holt viel Erfahrung
Sportdirektor Schmedes stand vor der Aufgabe, den personellen Aderlass (elf Akteure verließen den Club) mit überschaubaren finanziellen Mitteln zu kompensieren. Der 35-Jährige holte ausnahmslos ablösefreie, aber zum Teil sehr erfahrene Akteure an die Bremer Brücke. Rückkehrer Timo Beermann, Sebastian Kerk, Ken Reichel und Maurice Multhaup kennen die Zweite Liga aus dem Effeff. Der als Alvarez-Ersatz verpflichtete Christian Santos ging schon in Belgien, den Niederlanden und Spanien auf Torejagd. Hinzu wurden in dem von Werder ausgeliehenen Sturmhünen Luc Ihorst und Ulrich Bapoh zwei hochveranlagte Talente geholt.
Den Eindrücken aus der Vorbereitung nach hat das Aufgebot nicht an fußballerischer Substanz eingebüßt, auch wenn die "Abteilung Attacke" personell noch etwas dünn aufgestellt ist. Für die Offensive werden noch Verstärkungen gesucht.
Der Trainer: Grote will keine Thioune-Kopie sein
Der Thioune-Abgang traf den VfL völlig unerwartet, spülte dem finanziell nicht auf Rosen gebetteten Verein aber immerhin eine sechsstellige Ablösesumme in die Kasse.
Über die Nachfolgeregelung wurde in der Öffentlichkeit lange gerätselt, während Schmedes ein Kandidatenprofil erstellte. Seine Wahl fiel schließlich überraschend auf Marco Grote, der zuvor viele Jahre erfolgreich im Nachwuchsbereich von Werder tätig gewesen war. Seine Meriten im Profibereich muss sich der 47-Jährige allerdings erst noch verdienen. Der gebürtige Bremer würdigte bei seiner offiziellen Vorstellung die Verdienste seines Vorgängers: "Daniel hat hier außergewöhnlich gearbeitet", kündigte jedoch auch an, keine Thioune-Kopie sein zu wollen: "Ich will meine eigenen Fußstapfen hinterlassen."
Ausblick auf die Saison
Die wechselhaften Auftritte und Ergebnisse in der Vorbereitung - unter anderem ein 1:5 gegen Schalke und ein 5:0 gegen Meppen - lassen wenig Rückschlüsse zu, wie der VfL den Thioune-Abgang sowie den erheblichen Umbau des Kaders verkraftet hat. Klar ist: Die umformierte Mannschaft wird noch etwas Zeit benötigen, bis sich alle Automatismen eingestellt haben. Zumal Grote den bisherigen Spielstil des Teams, der primär auf viel Lauf- und Einsatzbereitschaft basierte, etwas modifizieren möchte. "Mentalität braucht es auch weiterhin. Ich glaube, es wird viel von dem weiter gefragt sein, was den VfL Osnabrück ausgezeichnet hat. Ich hoffe dennoch, dass wir eine fußballerische Komponente mit reinbringen können, um auch in der einen oder anderen Spielphase mehr selbst das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen", sagte der Coach dem NDR.
Grote möchte den VfL weiterentwickeln, ihn weniger ausrechenbar machen. Der Kader besitzt das Potenzial, um mehr Abwechslung ins Osnabrücker Spiel bringen zu können. Sollten Trainer und Team schnell einen Draht zueinander finden, steht einer sorglosen Saison im für den VfL attraktiven grauen Tabellenmittelfeld nichts im Wege.