"Übergriffige Kontrollen" - Vorwürfe von HSV-Fans nach Spiel in Essen
Der 4:3-Erfolg nach Verlängerung bei Rot-Weiss Essen in der ersten Runde des DFB-Pokals hat für viele Fans des Fußball-Zweitligisten Hamburger SV einen faden Beigeschmack. Sie beklagten sich über das Gebaren des Sicherheitspersonals vor Beginn der Partie.
"Die Ordner haben beinahe allen männlichen Personen in den Schritt gefasst. Uns wurde berichtet, dass dabei teilweise ohne Ankündigung in den Intimbereich gefasst wurde. Frauen wurden von den Ordnerinnen aufgefordert, ihre BHs zu öffnen, um besser darunter fassen zu können. Berichtet wurde uns auch von Fällen, in denen unangekündigt der BH angehoben wurde", schrieb der "Förderkreis Nordtribüne" auf seiner Website.
Betroffene Fans hätten teilweise davon berichtet, dass das Ordnungspersonal sein Handeln angekündigt habe. Dabei sei es unter anderem zu den Aussagen "Ich muss dir leider an die Eier fassen, das wurde uns befohlen" oder "Ich muss Ihnen jetzt einmal kurz an die Brüste und dazwischen fassen" gekommen, hieß es.
HSV forscht weiter nach
Der HSV teilte am Montag mit, dass er mit den Betroffenen im Austausch stehe und dabei sei, die Thematik weiter aufzuarbeiten. "Die Betroffenen haben unsere Fanbetreuer direkt vor Ort kontaktiert oder sich an den Supporters Club gewandt. Auch die Fanhilfe wurde kontaktiert. Viele haben sich auch im Nachgang via Mail gemeldet", sagte ein Sprecher des Clubs.
RWE wehrt sich: Fans störten und behinderten Einlassphase
Rot-Weiss Essen wehrt sich gegen die Vorwürfe. "Die Einlasskontrollen wurden allesamt im Rahmen der rechtlichen Rahmenbedingungen und des Qualifizierungskonzeptes für den Sicherheits- und Ordnungsdienst des DFB durchgeführt", teilte der Drittligist mit. Laut dem Revierclub hatte das Personal zunächst neun pyrotechnische Gegenstände gefunden. Daraufhin seien die Kontrollen verstärkt worden, wodurch unter anderem insgesamt 14 Pyro-Gegenstände festgestellt worden waren.
Zudem hätten einige Fans die Einlassphase gestört und den Ordnungsdienst bei der weiteren Durchsuchung behindert. "Der verspätete Einlass erfolgte nur, weil die Personen von einem bestimmten Ordner durchsucht werden wollten, den sie bereits zuvor angepöbelt und jede Kontrolle kommentiert hatten. Ein früherer Einlass wäre an den anderen Durchlassstellen möglich gewesen, der Ordnungsdienst wies die Personen mehrfach darauf hin", heißt es in der RWE-Stellungnahme weiter.
Anwalt Laut sieht Grenzüberschreitung
Der Sportrechtsanwalt René Lau sieht in den von den HSV-Fans beklagten "übergriffigen Kontrollen" des Sicherheitspersonals eine klare Grenzüberschreitung. "Im Gesetz steht sicherlich nicht, dass man in den Schritt fassen darf oder in den BH-Bereich", sagte der Jurist.
Im Raum stehen demnach die Tatbestände der Nötigung und tätlichen Beleidigung. Eine strafrechtliche Verfolgung der Vorwürfe könnte nach Laus Einschätzung aber schwierig werden: "Betroffene können Strafanzeige stellen, aber das wird schwierig werden, weil man den einzelnen Security-Mitarbeiter nennen muss, denn man redet dabei von einer individuellen Schuld. Das Sicherheitsunternehmen an sich kann man vorerst nicht angehen."
Lau erklärte, dass die Security nur das ihr übertragene Hausrecht durchsetzen könne. "Wenn ein Mitarbeiter die Vermutung hat, dass dort eine Straftat vorliegt, muss er die Polizei einschalten. Die Polizei hat dann noch mal mehr Rechte bei der Überprüfung, darf aber bei Weitem auch nicht alles bei der Durchsuchung machen."