Öztunali: "Mit dem HSV aufzusteigen, ist eine sehr coole Aufgabe"
Zehn Jahre nach seinem Wechsel als Teenager zu Bayer Leverkusen ist Levin Öztunali zum Hamburger SV zurückgekehrt. Der Enkel der verstorbenen HSV-Ikone Uwe Seeler bringt die Erfahrung aus 190 Bundesliga-Partien sowie weiteren Spielen auf internationaler Ebene mit zum Fußball-Zweitligisten, bei dem er eine Führungsrolle einnehmen soll und möchte.
Wer den 27-Jährigen in den vergangenen Tagen im Trainingslager der Hanseaten im österreichischen Kitzbühel beobachtet hat, der kann eigentlich nicht den Eindruck gewonnen haben, dass Levin Mete Öztunali - so sein voller Name - erst seit rund zwei Wochen Teil des Teams ist. Der von Champions-League-Teilnehmer Union Berlin zum HSV gewechselte Allrounder spricht, lacht und flachst mit seinen neuen Mannschaftskameraden, als kenne er sie alle bereits seit Jahren. Das Binnenklima stimmt also offenbar beim just zum fünften Mal in Folge am Aufstieg gescheiterten Traditionsclub.
"Wusste direkt, dass ich es machen möchte"
Die Integration werde ihm "sehr einfach gemacht", sagte Öztunali im NDR Interview. Der Seeler-Enkel ist also schnell angekommen bei seinem neuen Arbeitgeber, den er vor exakt zehn Jahren als 16-Jähriger in Richtung Bayer Leverkusen verlassen hatte. Das allerdings schon damals mit dem Wunsch, irgendwann zurückzukehren, wie der U21-Europameister von 2017 verriet: "Ich wusste immer, dass ich in meiner Karriere noch einmal für den HSV spielen möchte. Jetzt hat es sich ergeben und ich wusste direkt, dass ich es machen möchte. Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat."
Seeler-Enkel fiebert HSV-Debüt im Volksparkstadion entgegen
Nach einem frustrierenden zweiten Jahr bei Union Berlin, in dem er nur zu zwei Bundesliga-Kurzeinsätzen kam, entschloss sich Öztunali zur Rückkehr in die Heimat. "Das ist schon sehr emotional, weil ich ja fast meine ganze Jugend hier gespielt habe", sagte der Mittelfeldakteur. Es sei für ihn "ein Traum", nun für den HSV im Volksparkstadion auflaufen zu dürfen, ergänzte der 27-Jährige: "Bislang war ich entweder als Zuschauer oder als Gegner dort. Das letzte Mal habe ich beim Derby gegen St. Pauli zugeschaut. Da war eine Wahnsinns-Stimmung. Ich freue mich, das nun selbst zu erleben."
Öztunali will in Führungsrolle schlüpfen
Als Abstieg empfindet Öztunali, der in Deutschlands Beletage für Bayer, Werder Bremen, den 1. FSV Mainz 05 sowie Union auflief, seinen Wechsel in die Zweite Liga nicht. "Ich denke, wir haben eine gute Mannschaft. Und mit dem HSV aufzusteigen ist eine sehr, sehr coole Aufgabe", sagte der Hamburger Königstransfer. Sorgen darüber, dass er mit dem sehr offensiven und deshalb riskanten Spielsystem von Coach Tim Walter fremdeln könnte, macht sich der 27-Jährige nicht: "Sonst wäre ich nicht hier. Es macht doch Spaß, hinten rauszuspielen und den Ball viel in den eigenen Reihen zu haben."
Auf welcher Position ihn Walter einsetzen wird, ist für den 1,84 Meter großen Profi nicht entscheidend. "Ich freue mich einfach, wenn ich der Mannschaft helfen kann und auf dem Platz stehe", erklärte er. Dass in Anbetracht seiner Vita von ihm erwartet wird, eine Führungsrolle einzunehmen, ist dem 27-Jährigen bewusst: "Ich habe schon viel erlebt, mitgemacht und meine Spiele gesammelt. Ich bin jetzt im besten Alter, um Gas zu geben und der Mannschaft zu helfen - auch neben dem Platz."
Inniges Verhältnis zu Großvater Uwe Seeler
Öztunali möchte beim HSV also in eine ähnliche Rolle schlüpfen, wie sie sein Großvater Uwe Seeler einst bei den Hamburgern eingenommen und mit so viel Herz ausgefüllt hatte, dass er selbst bei gegnerischen Fans allergrößten Respekt genoss. Dass er stets mit seinem vor knapp einem Jahr verstorbenen Großvater in Verbindung gebracht werden wird, sei für ihn aber keine Bürde, versicherte der 27-Jährige: "Ich spüre von niemandem Druck und freue mich einfach, hier Gas zu geben und eine super Saison zu spielen."
"Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und war immer für mich da. Und dafür habe ich ihn auch sehr geliebt." HSV-Zugang Levin Öztunali über sein Verhältnis zu seinem Großvater Uwe Seeler
Der Enkel des Ehrenspielführers der deutschen Nationalmannschaft und Hamburger Ehrenbürgers wehrt sich dagegen, sportlich mit seinem Großvater verglichen zu werden. "Ich bin Levin Öztunali und habe meine eigene Karriere", sagte er. Dass Seeler ihm auf seinem Weg zum gestandenen Bundesliga-Profi stets mit Ratschlägen unterstützt hat, will der HSV-Rückkehrer allerdings auch nicht verschweigen: "Für euch war er 'Uns Uwe'. Für mich war er der Opa. Wir haben Haus an Haus gewohnt. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und war immer für mich da. Und dafür habe ich ihn auch sehr geliebt."
Ein emotional ganz besonderer Transfer
Ein Spiel seines Enkels im Trikot des Vereins, der ihm neben seiner Familie alles bedeutete, ist der im Vorjahr verstorbenen HSV-Legende nicht mehr vergönnt. Dafür hat dessen Frau Ilka Seeler bereits angekündigt, nun wieder regelmäßig ins Volksparkstadion gehen wollen. "Uwe hätte sicherlich gejubelt", sagte sie der "Bild", nachdem der Transfer von Öztunali zum HSV perfekt war. Sein Wechsel zum "inzwischen normalen Zweitligisten" (HSV-Coach Walter) ist emotional eben doch ein ganz besonderer. Damit wird der 27-Jährige umgehen müssen.
Und den ersten Eindrücken nach scheint es so, als sei Levin Mete Öztunali nach zehn Jahren in der Fremde reif genug, um den zweifellos vorhandenen Druck an sich abprallen zu lassen.