Hansa Rostock zieht Konsequenzen und will Geisterspiel abwenden
Nach den Ausschreitungen während der Drittliga-Partie zwischen Hansa Rostock und Dynamo Dresden hat der FCH erste Konsequenzen gezogen. Hansa hofft, ein Geisterspiel zu vermeiden. Es habe bereits eine Festnahme gegeben. Mecklenburg-Vorpommerns Sportministerin Stefanie Drese nannte die Vorkommnisse "schockierend und beschämend".
"Momentan liegt der Fokus auf der Aufklärung, der Auswertung von umfangreichen Videomaterialien und im Kern auch der Identifikation von Tätern - anders möchte ich sie auch nicht nennen. Es gab schon eine Festnahme in dem Zusammenhang", erklärte Hansa Rostocks Vorstandsvorsitzender Jürgen Wehlend am Montagabend im Interview auf dem vereinseigenen Youtube-Kanal.
Zuvor hatte er sich mit der Landespolizei getroffen. Es sei ein vertrauliches Gespräch gewesen, bei dem es nicht nur um die Ereignisse vom Sonnabend, sondern auch um zukünftige Risikospiele und die weitere Zusammenarbeit gegangen sei, so die Polizei.
DFB-Ermittlungsverfahren gegen beide Vereine
Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat ein Ermittlungsverfahren gegen beide Vereine eingeleitet. Sowohl Hansa als auch Dynamo haben laut Wehlend vom DFB inzwischen "einen Katalog von Vorkommnissen" zugestellt bekommen. Darin wird unter anderem aufgeführt, dass bei den Krawallen "120 pyrotechnische Gegenstände zum Einsatz gekommen sind - ganz klar mit dem Ziel, wechselseitig Menschen auch vorsätzlich zu verletzen", wie der 59-Jährige erklärte.
"Es ist nicht zu unterschätzen, dass wir auf Bewährung sind, auch durch die Vorkommnisse in der letzten Saison mit 600.000 Euro Strafe." Jürgen Wehlend, Vorstandschef des FC Hansa
Der Vorstandsboss kündigte eine umfängliche Aufarbeitung der Vorkomnisse auf allen Vereinsebenen an. Er hofft, dass Hansa um ein "Geisterspiel" herumkommen wird. Allerdings gibt sich der 59-Jährige diesbezüglich keinen Illusionen hin: "Ich schließe nach wie vor nicht aus, dass es zu Teil- als auch Komplettausschlüssen kommen kann. Wir werden alles dafür tun, dass es nicht eintritt, weil wir überzeugt sind, dass derartige Kollektivstrafen nicht zum Erfolg führen."
Gleichwohl sei es "nicht zu unterschätzen, dass wir auf Bewährung sind, auch durch die Vorkommnisse in der letzten Saison mit 600.000 Euro Strafe", erklärte Wehlend. "Zu diesem Zeitpunkt ist es uns noch gelungen, den Teilausschluss von Zuschauern abzuwenden."
Der Club müsse nun versuchen, "in den Gesprächen, die nun anstehen, aus dem Stadion heraus Initiativen zu entwickeln, die so etwas zukünftig verhindern. Denn wenn wir es nicht regeln, regeln es andere für uns. Und so weit darf es nicht kommen."
Hansa pausiert bei Initiative "Verbandsstrafen abschaffen!"
Hansa Rostock hat als erste Konsequenz seine aktive Beteiligung an der Initiative "Verbandsstrafen abschaffen!" eingestellt. Dort fordern organisierte Fanszenen und Vereine von Bundes- bis zur Regionalliga aus dem Bereich des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) die konsequente Abschaffung der verbandsrechtlichen Bestrafung des Einsatzes von nicht missbräuchlich verwendeter Pyrotechnik und deren sofortige Aussetzung.
"Wir werden uns nicht mehr aktiv an dieser Initiative beteiligen, weil wir komplett, mit dem, was geschehen ist am Spieltag, unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt haben. Wir kehren erst einmal vor unserer eigenen Tür, sorgen dafür, dass wir zu Hause klare Spielregeln haben, an die wie uns alle halten", sagte Wehlend.
Sportministerin Drese: Beschämend, dass Kinder Angst haben
Mecklenburg-Vorpommerns Sportministerin Stefanie Drese zeigte sich schockiert von den Vorfällen: "Es ist beschämend und macht mich traurig, dass Kinder bei einem Stadionbesuch verängstigt sind", sagte die SPD-Politikerin. "Die neuerlichen Gewalt- und Randale-Exzesse von sogenannten Fans beider Lager sind abstoßend und schockierend". Ihre Hoffnung sei es, "dass Verein und Polizei viele dieser asozialen Täter identifizieren und bestrafen".
Für die Ministerin seien "langfristige Stadionverbote wie auch die Beteiligung an entstandenen Schäden eine geeignete Möglichkeit, um identifizierte Straftäter zur Rechenschaft zu ziehen". Die Landesregierung vom Mecklenburg-Vorpommern habe sich dafür ausgesprochen, dass es bei einer Beteiligung von Vereinen von Polizeikosten möglichst eine bundesweit einheitliche Regelung geben soll.
Steuerzahlerbund: Club soll Polizeikosten übernehmen
Sowohl Hansa als auch Dynamo werden aller Voraussicht nach mindestens zu einer sehr hohen Geldstrafe verurteilt werden. Darüber hinaus haben die Krawalle die Debatte befeuert, ob die Kosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen künftig auf die Vereine umgelegt werden sollen. Der Bund der Steuerzahler in Mecklenburg-Vorpommern fordert genau das.
"Wenn der Stadionbesuch nicht mehr sicher ist und deshalb die friedlichen Fans lieber zu Hause bleiben, dann ist das der Anfang vom Ende des Fußballs, wie wir ihn kennen. Und dann erreichen die Diskussionen eine ganz andere Ebene." NDR Vereinsreporter Jan Didjurgeit
"In Anbetracht der Gewalt-Exzesse, die sich am heutigen Tag die so genannten 'Fans' der beiden Drittliga-Fußballmannschaften Hansa Rostock und Dynamo Dresden erneut leisteten und mit Blick auf die enormen Kosten des damit verbundenen Polizeieinsatzes, fordert der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern das Land auf, unverzüglich die Rechtsgrundlage zu schaffen, um diesen Vereinen solche Polizeieinsätze und ihre Folgekosten in Rechnung zu stellen", sagte MV-Landesgeschäftsführer Sascha Mummenhoff vom BdSt.
Spielunterbrechung und zahlreiche Verletzte
Während des Spiels hatten Dresdner Fans versucht, eine Abtrennung aus Sicherheitsglas zu durchbrechen, um so von ihrem Block in eine Pufferzone neben dem Tribünenbereich mit Rostocker Anhängern zu gelangen. Die Polizei marschierte daraufhin in dieser Pufferzone auf. Dann eskalierte das Geschehen: Vor allem Hansa-Fans schossen Leuchtraketen und Pyrotechnik in Richtung Gästeblock. Auf dem Rasen und im Spielertunnel gerieten Spieler und Offizielle beider Clubs aneinander. Die zweite Halbzeit wurde erst mit einer Verspätung von 28 Minuten angepfiffen. Es gab zahlreiche Verletzte.
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