Hannover 96: Ex-Boss Kind versöhnlich - "Konflikte brauchen wir nicht"
Nach seiner Absetzung schlägt Martin Kind versöhnliche Töne an. Der langjährige Profifußball-Boss von Fußball-Zweitligist Hannover 96 betont aber auch, dass er unverändert eine andere Rechtsauffassung vertritt als das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH).
"Wir brauchen pragmatisch stabile Strukturen, die sich dem Ergebnis unterordnen, den 96-Profifußball erfolgreich zu entwickeln", sagte Kind dem NDR nach dem Urteil des BGH am Dienstag: "Konflikte brauchen wir nicht, die sind nicht hilfreich."
Es sind versöhnliche Töne des 80 Jahre alten Unternehmers, der als Profifußball-Geschäftsführer jahrelang das Sagen bei den Niedersachsen hatte. Am Dienstag hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe allerdings verkündet, dass Kinds Abberufung durch den Mutterverein Hannover 96 e.V. aus dem Juli 2022 rechtens ist. Er seinen Job also los ist.
Nach Kinds Auffassung gilt "noch der 96-Vertrag"
"Das Urteil ist jetzt endgültig, dadurch ist es mindestens zu respektieren", sagte Kind, der aber bedauerte, dass die Richter "das Gesamtkonstrukt der Unternehmensstruktur Hannover 96 wie den 96-Vertrag in dem Urteil nicht berücksichtigt haben."
Er sei immer der Hoffnung gewesen, "dass Gerichte Rechtsklarheiten insgesamt schaffen, hier im Ergebnis haben wir teilweise jetzt Rechtsunsicherheit". Das werde "man neu beurteilen müssen und neue Entscheidungen treffen müssen", sagte Kind, der zudem betonte, dass nach seiner "Rechtsauffassung immer noch der 96-Vertrag" gelte.
Vereins- und Kapitalseite suchen neuen Geschäftsführer
Auf den Vertrag hatten sich die bei den "Roten" zerstrittenen Vereins- und Kapitalseiten geeinigt. Er besagt unter anderem, dass ein neuer Geschäftsführer nur dann von der Hannover 96 Management GmbH ernannt werden kann, wenn sich die beiden Vertreter des Muttervereins und die beiden Vertreter der KGaA im Aufsichtsrat auf einen Kandidaten einigen.
Diesem Gremium gehören von Vereinsseite Ralf Nestler sowie Sebastian Kramer an, auf der Kapitalseite stehen seit Juni Gregor Baum sowie Martin Kinds Sohn Matthias, dem er in den vergangenen Monaten bereits seine Profifußball-Anteile übertragen hatte.
Wird Sportdirektor Mann befördert?
Vereins- und Kapitalseite stehen unter dem Druck, sich auf einen neuen Geschäftsführer einigen zu müssen. In den sechs Wochen, die zwischen dem BGH-Verfahren und dem BGH-Urteil am Dienstag lagen, gelang das nicht. Wahrscheinlich ist, dass der aktuelle Sportdirektor Marcus Mann zum Sport-Geschäftsführer befördert und ein zweiter Finanz-Geschäftsführer noch gesucht wird. Sollte es keine Einigung geben, müsste das Amtsgericht einen Not-Geschäftsführer einsetzen.
Kind: "Die Musik spielt in der Ersten Liga"
Kind senior selbst wird laut einer 96-Mitteilung vom Dienstag in den Aufsichtsrat der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA wechseln, dem Gremium, das unterhalb der Management GmbH angesiedelt ist. Ein Rückzug sei für ihn "aktuell gar kein Thema", sagte Kind. Er sei "ganz entspannt, ich weiß ja um mein Alter. Ich habe 30 Jahre ehrenamtlich und unentgeldlich für 96 gearbeitet. Wir haben in den 30 Jahren für 96 sehr viel umgesetzt." Jetzt gehe es darum, "dass wir, wenn möglich, irgendwann wieder in die Erste Liga aufsteigen".
Die sei, so Kind, "unter wirtschaftlichen, sportlichen und Marken-Fragen das Premium-Produkt". Da wolle der Club hin, "das ist gar keine Frage. Wir leiden seit einigen Jahren genug in der 2. Liga, die wirtschaftlich eine Riesenherausforderung ist. Die Musik spielt in der Ersten Liga."
Und dass er selbst bei 96 auch trotz seiner Abberufung weiter im Orchester der Großen mitspielt, dafür hat Martin Kind mit der Berufung seines Sohnes Matthias in den Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH Sorge getragen. Passenderweise ist Matthias Kind übrigens Musikunternehmer.