HSV reist dezimiert, aber selbstbewusst zum 1. FC Köln
Der HSV reist mit Personalsorgen zur Auftaktpartie der 2. Fußball-Bundesliga beim 1. FC Köln. Torjäger Robert Glatzel und Stammkeeper Matheo Raab fallen aus, Neuzugang Davie Selke wird gegen seinen Ex-Club maximal als "Joker" zum Einsatz kommen. Trainer Steffen Baumgart ist dennoch zuversichtlich.
Spötter konnten am Mittwochnachmittag auf den Gedanken gekommen sein, dass Baumgart knapp siebeneinhalb Monate nach seinem Amtsantritt beim früheren Bundesliga- und jetzigen Zweitliga-"Dino" noch nicht ganz angekommen ist in Hamburg. Denn zur Begrüßung der Medienschaffenden bei der Pressekonferenz im Bauch des Volksparkstadions sagte der gebürtige Rostocker: "Hallo erst mal". Dabei müsste der Mann mit der rauen Stimme und der Vorliebe für Kopfbedeckungen doch eigentlich inzwischen wissen, dass man in Hamburg seine Mitmenschen mit "Moin" begrüßt.
Dem früheren Angreifer deshalb nachsagen zu wollen, er würde sich nicht mit der Stadt und seinem Arbeitgeber identifizieren, ist aber natürlich Quatsch. Schließlich hat der 52-Jährige nie einen Hehl daraus gemacht, seit Kindestagen HSV-Fan zu sein. Und nun will er seinen Herzensclub im siebten Zweitliga-Jahr endlich dahin zurückführen, wohin der Verein in seinem Selbstverständnis und dem der meisten Fans gehört: ins Fußball-Oberhaus.
"Wir wollen aufsteigen, das ist das klare Ziel. Da machen wir auch keinen Hehl draus - das geht ja auch gar nicht an diesem Standort", erklärte Baumgart. Mit Blick auf die vorigen sechs vergeblichen Hamburger Anläufe in Richtung Bundesliga schränkte der Coach allerdings ein: "Es geht darum, vom ersten Spieltag an wach zu sein, Punkte zu holen und nicht nur zu erzählen, sondern zu machen."
Baumgart: "Ein absoluter Neustart für uns alle"
Nach seinen durchwachsenen ersten Monaten als HSV-Trainer (sechs Siege in zwölf Partien, Abschlussrang vier) sei die Partie heute Abend (20.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) "ein absoluter Neustart für uns alle", so Baumgart. Ihm ist bewusst, dass er und die Mannschaft nun liefern müssen. "Sonst sehen wir uns hier wahrscheinlich nicht lange", befürchtete der 52-Jährige, bei ausbleibenden Erfolgen seinen Stuhl rasch räumen zu müssen.
Laut Medienberichten hatte der HSV-Aufsichtsrat den Trainer nach der vergangenen Serie von seinen Aufgaben entbinden wollen. Der neue Sportvorstand Stefan Kuntz sprach Baumgart allerdings unmittelbar nach seinem Amtsantritt das Vertrauen aus. Zwischen die beiden früheren Bundesliga-Stürmer scheint aktuell kein Blatt Papier zu passen.
Glatzel fällt aus, Selke maximal als "Joker" eine Option
Apropos Stürmer: Auf den erfolgreichsten HSV-Angreifer der vergangenen beiden Jahre muss Baumgart in Köln verzichten. Glatzel ist nach seiner Sehnenreizung im linken Bein zwar wieder im Aufbautraining, das Duell mit dem Bundesliga-Absteiger kommt für den 30-Jährigen aber zu früh. Und auch hinter dem Einsatz von Selke gegen seinen vormaligen Arbeitgeber steht noch ein Fragezeichen.
"Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Möglichkeit für den Kader sein. Da sind wir noch dran. Ich werde noch mit ihm persönlich unter vier Augen reden, wie er das sieht. Aber er wird definitiv nicht von Anfang an dabei sein, maximal im Kader stehen", sagte Baumgart über den 29-Jährigen, der sich im April noch als "Effzeh"-Profi den Mittelfuß gebrochen hatte.
Glatzel auf der Couch, Selke wenn überhaupt auf der Bank und ansonsten kein Angreifer im Aufgebot, der statistisch gesehen höheren Zweitliga-Ansprüchen genügt. Da müsste dem früheren Vollblutstürmer Steffen Baumgart das Herz bluten. Tut es aber nicht. "Wir haben genug Spieler, die auch in der Lage sind, Tore zu erzielen. Ich gehe davon aus, dass der eine odere andere auch weiß, wo die Kiste steht", erklärte der Coach.
Heuer Fernandes rückt für erkrankten Raab ins Tor
Auf mögliche Glatzel- und Selke-Vertreter ging er nicht näher ein. Baumgart deutete lediglich an, trotz der Ausfälle möglicherweise dennoch mit einer Doppelspitze beginnen zu wollen. Die Besetzung der Hamburger Offensive bleibt für Außenstehende also bis Heute Abend ein großes Rätsel. Klarheit herrscht hingegen in der Torwart-Frage. Weil Stammkeeper Matheo Raab wegen einer Lungenentzündung auf unbestimmte Zeit ausfällt, kehrt der langjährige "Platzhirsch" Daniel Heuer Fernandes ins HSV-Gehäuse zurück.
Ein Umstand, der Baumgart keinerlei Kopfzerbrechen bereitet, wie er versicherte: "Wir haben Vertrauen zu beiden und eine absolut überragende Torwart-Situation, weil wir zwei Torhüter haben, die diese Liga spielen können und gute Leistungen bringen."
Baumgart kehrt an alte Wirkungsstätte zurück
Eine gute Torwart-Leistung wird in Köln wohl auch vonnöten sein, um nicht mit einem Negativerlebnis in die Saison zu starten. Denn trotz des Abstiegs haben die Rheinländer den Kader weitgehend zusammenhalten können. "Das ist ein sehr, sehr guter Gegner, der ins obere Tabellenbild hingehört", sagte Baumgart über den Club, den er von Mitte 2021 bis Ende 2023 selbst coachte. Nun kehrt er erstmals an seine alte Wirkungsstätte zurück.
"Es steht außer Frage, dass diese Konstellation für den ersten Spieltag etwas Besonderes ist. Und für mich wird es auch in zehn Jahren noch ein besonderes Spiel sein, weil ich einfach eine schöne Zeit in Köln hatte", erklärte der Trainer. Das war es dann aber auch schon mit den Liebesgrüßen in Richtung Rhein: "Jetzt heißt es: 'Nur der HSV'. Und so wollen wir da auch hinfahren und auftreten."
Mögliche Aufstellungen:
1. FC Köln: Urbig - Thielmann, Heintz, Hübers, Paqarada - Martel, Ljubicic, Huseinbasic, Waldschmidt - Downs, Lemperle
Hamburger SV: Heuer Fernandes - Mikelbrencis, Hadzikadunic, Schonlau, Muheim - Meffert, Elfadli - Reis, Karabec, Dompé - Königsdörffer