HSV-Frauen in der 2. Bundesliga: Große Träume, gute Chancen
Die Fußballerinnen des HSV können sich Hoffnungen auf den Durchmarsch von der Regionalliga in die Bundesliga machen. Der Zweitliga-Aufsteiger hat sich eine Etage höher schnell zurechtgefunden. Vollkommen überraschend kommt der Höhenflug nicht.
"Ich war schon vor der Saison von unserer fußballerischen Qualität absolut überzeugt. Ich war mir sicher, dass wir gut mit- und fußballerisch eine gute Rolle spielen können", sagt Kapitänin Sarah Stöckmann. Elf Spiele, sieben Siege und 28:16 Tore: Die HSV-Frauen haben sich schnell an die gestiegenen Herausforderungen in der 2. Liga gewöhnt.
"Hätte uns vor der Saison jemand gesagt, dass wir nach elf Spielen auf dem zweiten Platz stehen, hätten wir das erst mal so unterschrieben", betont die 30-Jährige. Sie sei sehr zufrieden mit der Ausbeute. Wenngleich sogar noch mehr dringewesen wäre, weil das Team nach zwischenzeitlich sechs Siegen in Serie von Rang eins grüßte, aber die beiden jüngsten Spiele verloren hat.
Bundesliga-Rückkehr ist "mittelfristig" das Ziel
Allerdings stehen die Hamburgerinnen nicht unter Druck - jedenfalls nicht von Vereinsseite. Anders als bei den Männern sollen die Frauen "mittelfristig" die Rückkehr in die Bundesliga perfekt machen. Doch ihr 25 Jahre alter Cheftrainer Marwin Bolz weiß, dass mit den Erfolgen auch die öffentliche Erwartungshaltung gestiegen ist: "Steife Brise würde man sagen hier in Hamburg. Von allen Seiten kommt Druck. Entsprechend der Teams, die einen jagen. Aber ich glaube, dass das auch der Umgang ist, der uns liegt und den wir auch aus der letzten Saison kennen: dass wir die Gejagten sind. Trotzdem müssen wir wissen, wo wir herkommen."
"Die Spielerinnen sind die Protagonistinnen. Wir als Trainerteam flüstern wie in einem Theaterstück den Text zu, den eine Spielerin vielleicht mal auf dem Platz nicht mehr weiß." HSV-Trainer Marwin Bolz
Das bedeutet einerseits, dass es für einen Aufsteiger alles andere als normal ist, gleich wieder ganz oben mitzumischen. Zumal einige Spiele knapp waren. Andererseits ist die Mannschaft, auch wenn sie im Kern nun schon ein paar Jahre so zusammenspielt, nach wie vor sehr jung.
Gute Mischung: Eigener Nachwuchs und externe Qualität
Es gehört zum "Marken-Kern", dass der HSV zuvorderst auf den eigenen Nachwuchs setzt. Die gute Arbeit der vergangenen Jahre - 2022 wurden die B-Juniorinnen deutscher Meister - zeigt sich auch in der U19-Nationalmannschaft: Svea Stoldt, Marlene Deyß, Melina Krüger und Lisa Baum wurden zuletzt nominiert, Hannah Günter dazu auf Abruf. So viele Spielerinnen stellte kein anderer Club.
Auf der anderen Seite gelingt es Managerin Catharina Schimpf immer wieder, die Qualität mit externen Neuzugängen weiter anzuheben. In der Torschützinnenliste folgt hinter Spitzenreiterin Larissa Mühlhaus (acht Treffer), die schon in den vergangenen Jahren viele Tore geschossen hat, in Dana Marquardt (sieben) gleich noch eine zweite HSV-Spielerin auf Rang zwei. Die Angreiferin kam Anfang des Jahres vom SV Henstedt-Ulzburg nach Hamburg. Trainer Bolz freut sich über "enorme Qualität im Team" und "Spielerinnen, die Spiele entscheiden können. Frech und intensiv" soll der HSV-Fußball nach seiner Vorstellung sein.
HSV-Fans sorgen für Stimmung
Vor dieser Saison wechselte mit Pauline Machtens sogar noch eine aktuelle U20-Nationalspielerin an die Elbe. Neben den Studienmöglichkeiten (Sportwissenschaften) lockte die 21-Jährige auch das große Fanpotenzial des Clubs. "Was wir hier in Hamburg mit den Fans erleben, gibt es nicht oft", sagt der Neuzugang, der zuletzt für zwei Jahre in den USA weilte und bei Syracuse Orange spielte. "Das haben vereinzelt noch andere Vereine, aber in dem Maße ist es sehr besonders."
Mit im Schnitt 707 Zuschauern - darunter viele lautstarke Ultras - belegen die HSV-Frauen auch in der Zuschauertabelle Rang zwei hinter Bundesliga-Absteiger Turbine Potsdam (839). Frauenfußball Urgestein SC Sand, der zweite Erstliga-Absteiger und Tabellenführer, kommt lediglich auf 490 Fans pro Heimspiel.
Support auch wenn es mal nicht so läuft
Der HSV pendelt bei den Spielen zwischen seiner eigentlichen Heimspielstätte in Norderstedt und dem Sportpark Eimsbüttel in Hamburg-Lokstedt, wo das Team bei ausgewählten Spielen immer wieder die Bude vollmacht. Die jüngste 1:4-Niederlage gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern München verfolgten knapp 1.700 Zuschauer, die trotz des Spielverlaufs durchgehend für gute Stimmung sorgten.
"Die Fans schaffen eine tolle Atmosphäre. Und gegen die Bayern hat man auch wieder gesehen, dass es nicht nur den Support gibt, wenn alles gut läuft, sondern die Aufmunterung auch da war, als es dann mal nicht so gut lief", freut sich Kapitänin Stöckmann.
"Erlebnis-Spiel" am Millerntor - und bald im Volkspark?
In den vergangenen Monaten und Jahren gab es vielerorts in Deutschland bereits Frauen-Spiele in den großen Arenen. Und die Hamburgerinnen kommen unabhängig vom souveränen 7:1-Erfolg im DFB-Pokal beim FC St. Pauli Anfang September noch immer ins Schwärmen, wenn sie an die Atmosphäre im mit fast 20.000 Zuschauern gut besetzten Millerntorstadion denken.
"Das war ein Erlebnis, das wir so schnell nicht vergessen werden", beschreibt Stöckmann. Das Spiel hat Lust auf mehr gemacht. "Ich habe schon als Kind davon geträumt, vor so vielen Fans zu spielen. Das ist die größte Motivation, die es gibt", so Machtens.
Noch mehr Aufmerksamkeit bekämen die HSV-Frauen, sollte es zwölf Jahre nach dem Zwangsabstieg mit der Bundesliga-Rückkehr klappen. "Der HSV gehört mittel- bis langfristig zurück ins Oberhaus", betont Stöckmann. Und dann gibt es noch einen großen Wunsch: "So wie der Aufstieg wäre es auch irgendwann ein Traum, hier in unserem Zuhause, im Volksparkstadion spielen zu dürfen."
Gelingt im DFB-Pokal die Überraschung?
Bolz hatte nach dem Sieg über St. Pauli gehofft, schon im Pokal-Achtelfinale mit einem entsprechenden Los in der großen Arena spielen zu können. Gegner am kommenden Sonnabend (14 Uhr) ist mit Bayer Leverkusen zwar ein Bundesligist, gespielt wird aber wieder an der Hagenbeckstraße. Bolz: "Das ist die Möglichkeit, wieder den nächsten Schritt zu gehen. Wir können uns mit den Besten Deutschlands messen." Die HSV-Frauen werden das Heimspiel mit den eigenen Fans im Rücken selbstbewusst angehen.