FC St. Pauli kann heute mit Sieg bei Hertha BSC Tabellenführer werden
Johannes Eggestein kam in den ersten fünf Partien des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli lediglich auf einen 60-sekündigen Kurzeinsatz. In den vergangenen beiden Spielen stand der Angreifer dann in der Startelf und feierte mit den Hamburgern zwei überzeugende Siege. Heute will er dabei helfen, dass St. Pauli in Berlin gewinnt und Rang 1 erobert.
In rund zwei Wochen beginnt an der Universität Hamburg die Vorlesungszeit des Wintersemesters. Viele Tausende Studenten werden dann wieder neugierig den Worten der Professorinnen und Professoren lauschen, sich in Bücher vertiefen und natürlich auch hin und wieder mal zusammen auf den Swutsch gehen.
Einer von ihnen heißt Johannes Eggestein. Der 25-Jährige ist an der Uni als Student der Psychologie eingeschrieben. Der gebürtige Hannoveraner führt also eine Art Doppelleben als Fußball-Profi und Hochschüler.
"Das ist intellektuell eine Herausforderung für mich. Teils präsent, teils online. Ich versuche Ausgleich zum Sport zu finden, beschäftige mich mit anderen Themen. Ich bin niemand, der sich nur als Sportler definiert", erklärte der frühere Junioren-Nationalspieler. Das Studium half ihm in den vergangenen Monaten auch dabei, etwas Zerstreuung von dem für ihn frustrierenden Fußball-Alltag zu finden. Denn bei St. Pauli war "Jojo", wie er gerufen wird, zumeist außen vor.
Am Saisonanfang nur Bankdrücker
Kein einziges Mal hatte der Stürmer in der Rückrunde der vergangenen Serie in der Anfangsformation gestanden. Eggestein, 2021 mit vielen Vorschusslorbeeren vom beglischen Club Royal Antwerpen auf die Reeperbahn gewechselt, war ein Verlierer des Trainerwechsels von Timo Schultz zu Fabian Hürzeler. Und auch zu Beginn dieser Spielzeit war der Psychologie-Student ein "Bankangestellter". In den ersten drei Partien kam er gar nicht zum Einsatz, gegen den 1. FC Magdeburg (0:0) wurde Eggestein in der Nachspielzeit eingewechselt. Ein paar Sekunden später ertönte der Schlusspfiff. Ein sehr kurzer (aber vergleichsweise gut bezahlter) Arbeitstag für einen Mann im besten Fußballer-Alter.
"Es war eine schwere Zeit"
Der Stürmer verhehlt nicht, das es eine "schwere Zeit" gewesen sei, in der er zwar immer im Kader gestanden hatte, aber nur selten zum Einsatz gekommen war. Den Kopf hängen zu lassen, das war für den Kopfmensch Johannes Eggestein aber nie eine Option. "Ich versuche, immer Gas zu geben und mich zu zeigen. Ich habe mich in der Athletik weiterentwickelt", erklärte der Angreifer. Mit Coach Hürzeler und Sportchef Andreas Bornemann habe es immer "einen ehrlichen Austausch gegeben".
Geholfen habe auch der Kontakt zu seinem ein Jahr älteren Bruder Maximilian, der beim Bundesligisten SC Freiburg unter Vertrag steht. "Wir sprechen etwa jeden zweiten Tag", sagte der St.-Pauli-Profi.
Eggestein seit fast elf Monaten ohne Torerfolg
Beim 5:1-Kantersieg gegen Holstein Kiel feierte Eggestein sein Startelf-Debüt in dieser Saison, eine Woche später gegen den FC Schalke 04 (3:1) war er wieder mittendrin statt wie zuvor viele Monate nur dabei - und gab die Vorlage zum 2:1 von Marcel Hartel. "Ich fühle mich immer als Teil der Mannschaft, aber wenn man spielt, fühlt man sich wertvoller", erklärte der 25-Jährige. Sein Nahziel ist es, den Stammplatz trotz der internen Konkurrenz zu behaupten, und sich auch als Torschütze zu zeigen. "Mit einem Assist ist es ja schon gelungen", sagte Eggestein.
Heute zu Gast bei Hertha BSC
Die nächste Gelegenheit für seinen ersten Treffer seit dem 12. November des vergangenen Jahres, als er beim 4:4 beim Karlsruher SC sogar zwei Tore erzielte, bietet sich heute (20.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) in der Auswärtspartie bei Hertha BSC. Sollte "Jojo" gegen die "Alte Dame" erfolgreich sein, werden bis zu 15.000 St.-Pauli-Fans im Olympiastadion zujubeln. Denn so viele Anhänger des Kiezclubs haben sich bereits ein Ticket für die Partie gekauft. Und seine Kommilitonen von der Uni Hamburg werden ihm gewiss auch ganz fest die Daumen drücken.
Mögliche Aufstellungen:
Hertha BSC: Ernst - Karbownik, Leistner, Kempf, Dudziak - Bouchalakis, M. Dardai, Winkler, Reese, Prevljak - Tabakovic
FC St. Pauli: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Metcalfe, Hartel, Ritzka - Afolayan, Eggestein, Saa