St. Pauli vor Dresden: Begeisterung ja, Aufstiegs-Euphorie nein
Heimspielstartrekord, Tabellenführer, punktbester Fußball-Zweitligist des Jahres: Beim FC St. Pauli herrscht vor dem Pokalspiel bei Dynamo Dresden und dem Nordduell in Bremen allerbeste Stimmung.
Vergleiche zwischen dem klaren Liga-Erfolg gegen Dresden (3:0) Anfang des Monats und der anstehenden Pokalaufgabe am heutigen Mittwoch (18.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) bei den Sachsen lässt Trainer Timo Schultz nicht gelten: "Es wird ein anderes Spiel und ein anderer Wettbewerb, bei dem es am Ende nur einen Sieger gibt", sagte der 44-Jährige. "Es wird zwar der gleiche Gegner sein wie vor ein paar Wochen, ich erwarte sie aber mit einer anderen Einstellung, einer anderen Power und angriffslustiger."
Schultz kündigt "offenes Visier" an
"Wir haben die historische Chance, nach 15 Jahren wieder in die dritte Runde einzuziehen. Wir wollen von Anfang an offenes Visier spielen und weiterkommen", kündigte der St.-Pauli-Coach an. Zuletzt gelang dies den Hamburgern in der legendären "B-Serie" 2005/206, als nach Siegen gegen Burghausen, Bochum, Berlin und Bremen erst im Halbfinale gegen den FC Bayern Schluss war.
Schultz baut auf die breite Brust seiner Profis. Die lassen sich mehr und mehr von der Begeisterung um ihre jüngsten Auftritte anstecken. 25 Punkte nach elf Spieltagen bedeuten Vereinsrekord. "Momentan sind wir auf jeden Fall eine Spitzenmannschaft. Es ist nur die Frage, ob wir das Level halten können. Und dann werden wir sehen, was am Ende rauskommt", frohlockte Toptorjäger Guido Burgstaller und ordnete das bisher Erreichte auch gleich richtig ein.
Der Österreicher erzielte beim 4:0 gegen Rostock bereits sein zehntes Saisontor und weist damit eine eindrucksvolle Bilanz im Trikot der Kiezkicker auf: In 33 Ligapartien traf er bereits 21 Mal - bei der Quote dürfte der 32-Jährige schon bald St. Paulis Zweitliga-Toptorjäger Marius Ebbers (43 Tore) einholen - es sei denn, die Hamburger steigen vorher in die Bundesliga auf...
Ziereis: "Haben noch einen sehr langen Weg vor uns"
Die Aussichten dafür sind jedenfalls gut: St. Pauli stellt mit 27 Toren (allein 18 in den jüngsten fünf Partien) den besten Angriff und mit lediglich zehn Gegentreffern die zweitbeste Defensive der Liga (nur Nürnberg ist mit sieben Gegentoren besser).
Dennoch will sich Kapitän Philipp Ziereis noch nicht mit dem Thema Bundesliga beschäftigen: "Wir haben noch einen sehr langen Weg vor uns. Vor der Saison haben nicht viele mit uns gerechnet, deswegen genießen wir das", sagte der Abwehrchef. Gleichzeitig gab er allerdings zu, dass sich sein Team mit fünf Siegen in Serie und als bestes Liga-Team im Kalenderjahr 2021 mit saisonübergreifend 64 Punkten aus 33 Spielen "eine geile Ausgangsposition" erkämpft habe.
Bornemanns erfolgreiche Transferpolitik
Das liegt auch an der erfolgreichen Transferpolitik, für die Andreas Bornemann verantwortlich ist. Dem Sportlichen Leiter gelingt es eindrucksvoll, mit bescheidenen Mitteln Verstärkungen ans Millerntor zu locken. So war im vergangenen Jahr die ablösefreie Verpflichtung von Burgstaller ein echter Coup. Daniel Kofi-Kyereh, aktuell bester Vorlagengeber der Liga, kam ebenso zum Nulltarif wie Leart Paqarada. Afeez Aremu, der lediglich 300.000 Euro kostete, ist in der laufenden Saison zweikampfstarker Antreiber im defensiven Mittelfeld. In diesem Sommer erwiesen sich Jakov Medic (400.000 Euro), Marcel Hartel (350.000 Euro) und Jackson Irvine (ablösefrei) ebenfalls als absolute Volltreffer.
Lässt Trainer Schultz rotieren?
Mit dem lange verletzten australischen Nationalspieler in der Startelf haben die Kiezkicker bislang jedes Spiel gewonnen. In dieser Woche warten auf die Braun-Weißen allerdings zwei schwere Aufgaben: Im Pokalspiel in Dresden geht es für die Kiezkicker neben dem Prestige auch um viel Geld. Und im Nordderby am Sonnabend bei Werder Bremen um Punkte und den Ausbau der aktuellen Erfolgsserien.
Trainer Timo Schultz steht dabei vor der Entscheidung, dem erfolgreichen Team zu vertrauen oder dem einen oder anderen Stammspieler auch mal eine Pause zu gönnen. Der auch in der Breite stark besetzte Kader der Kiezkicker würde das hergeben. Fest steht, dass Dennis Smarsch für Stemmkeeper Nikola Vasilj im Tor stehen wird. "Das war vorher klar kommuniziert", so Schultz. Ansonsten müsse man aber "im Volumen sehen, wie hoch die Belastung gerade auch bei den Nationalspielern ist". Denkbar ist, das zum Beispiel James Lawrence, Finn-Ole Becker oder Christopher Buchtmann in die Startelf rotieren.
Mögliche Aufstellungen:
Dresden: Broll - Akoto, Sollbauer, Aidonis - Becker, Stark, Herrmann, Löwe - Mörschel - Schröter, Daferner
St. Pauli: Smarsch - Zander, Medic, Lawrence, Ritzka - Aremu - Becker, Hartel - Kyereh - Dittgen, Burgstaller