Holstein Kiel: So macht Trainer Rapp die "Störche" stark
Für den Tabellenzweiten Holstein Kiel steht heute mit dem Zweitliga-Topspiel gegen Spitzenreiter FC St. Pauli die Reifeprüfung an. Die Datenanalyse zeigt, wie Trainer Marcel Rapp seine "Störche" trotz aller Widrigkeiten zu einem Aufstiegskandidaten geformt hat.
13 Siege - mehr "Dreier" als Holstein Kiel hat bislang kein Topteam der 2. Liga geholt. Auch nicht Tabellenführer St. Pauli, der heute Abend (18.30 Uhr, im NDR Livecenter) zu Gast im Holstein-Stadion ist. "Es ist alles gerichtet. Ich glaube, man muss die Jungs nicht motivieren, wir wollen drei Punkte holen", sagte KSV-Coach Marcel Rapp. "Wir können uns alle auf ein schönes Spiel freuen."
"Störche" im Steilflug Richtung Bundesliga-Aufstieg
Die Kieler liegen als Zweiter nur drei Punkte hinter den Kiezkickern. Was aber noch viel wichtiger und bemerkenswerter ist: vier Zähler vor dem HSV auf Rang drei und fünf Punkte vor dem Vierten Hannover 96. Die "Störche" befinden sich nach einer kleinen Schwächephase zu Beginn der Rückserie im Steilflug Richtung Bundesliga-Aufstieg.
FC St. Pauli, der HSV oder auch Hannover 96: Im Vergleich zu den anderen Spitzenteams aus dem Norden sind die Schleswig-Holsteiner in puncto Finanzen und Infrastruktur der Underdog. Dass Kiel trotzdem ein großes Wörtchen im Aufstiegskampf mitredet, liegt vor allem an der Flexibilität des Kaders und von Rapp.
Die Analyse der GSN-Daten zeigt: Es passt sehr viel zusammen bei den Kielern. Und was nicht passt, wird von Rapp passend gemacht.
Baumeister Rapp, variabel in allen Bereichen
Zahlreiche Verletzungssorgen zwingen den KSV-Coach immer wieder dazu, seine Mannschaft umzustellen und die Taktik zu ändern. Die "Squad stability" (Wie oft spielt die gleiche Elf mit dem gleichen System) liegt bei den "Störchen" lediglich bei einem Wert von 63,77. In Datenanalysen zeugen erst Werte ab 85 von personeller und taktischer Kontinuität.
Rapp lässt sein Team bevorzugt im 3-4-1-2-System spielen, wechselt aber recht häufig in ein 3-5-2 oder auch 3-4-2-1. Ob notgedrungen oder als taktisches Mittel: Kiels Kader gibt es her und macht es möglich, schwierige Situationen zu meistern. Die Daten weisen eine "Squad versatility" ("Vielseitigkeit des Kaders") von 2,54 aus. Bedeutet: Jeder Spieler im Kader ist in der Lage, durchschnittlich 2,54 verschiedene Positionen zu spielen.
"Die Kieler haben einen guten Mix aus Struktur sowie einer gewissen Freiheit und Wildheit in ihrem Spiel", so St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler.
Zielstrebige und kopfballstarke "Störche"
Neben seiner Variabilität besticht das Rapp-Team durch aggressives Pressing, Effektivität bei Standards, Präsenz in den wichtigen Zonen vor dem gegnerischen Tor und Zielstrebigkeit. 35 Prozent der Kieler Angriffe finden einen Abschluss - das ist Ligaspitze, im Schnitt 4,27 Schüsse aus dem Strafraum heraus aufs Tor auch. Mit 22,09 hohen Team-Pressingaktionen pro Partie hat Holstein auch in diesem Bereich die meisten.
"Wir treffen auf einen Gegner, der eine enorme Wucht in seinem Spiel erzeugen kann. Kiel spielt sehr intensiv Fußball." St.-Pauli-Coach Fabian Hürzeler
Die Schleswig-Holsteiner zwingen ihre Gegner zu Fehlern und kommen so auch zu den meisten Ecken (6,27 im Schnitt). Standards sind für die kopfballstarken "Störche" eine verlässliche Waffe. 0,73 Treffer pro Partie nach ruhenden Bällen bedeuten ebenfalls Rang eins im Ligavergleich.
Teamspirit = Punkte
Die nackten Zahlen sind das eine - das Messbare -, Teamspirit ist das andere. "Wenn du eine Gruppe hast, in der du Dich wirklich mit allen verstehst und es einfach bockt, zum Training zu kommen, dann wirst du automatisch mehr Spiele gewinnen als verlieren", sagte Mittelfeldmotor Lewis Holty.
15 verschiedene Torschützen, sechs Treffer durch Einwechselspieler (eine Torvorlage) und zehn gewonnene Punkte nach einem Rückstand sprechen dafür, dass in Kiel vieles zusammenpasst.
"... und doch gibt es nur drei Punkte"
Auch gegen den Spitzenreiter? "Wir haben uns eine gute Ausgangsposition für das Spiel gegen St. Pauli erarbeitet. Wir müssen weiterhin beharrlich bleiben und uns auf die einfachen Dinge fokussieren", sagt Holtby. St.-Pauli-Coach Hürzeler weiß: "Es ist kein normales Spiel und doch gibt es auch wieder nur drei Punkte."
Hürzelers Problem: Im Drei-Punkte-holen kennt sich Gegner Holstein Kiel einen Tick besser aus als seine Mannschaft.