Hannovers Trainer Ralf Rangnick wird von seinem Assistenten Mirko Slomka auf den Schultern getragen. © picture alliance / dpa Foto: Holger Hollemann

Aufstieg 2002: Als Hannover 96 Fußball-Deutschland berauschte

Stand: 30.03.2022 22:45 Uhr

Vor 20 Jahren rauschte Hannover 96 unter Trainer Ralf Rangnick mit begeisterndem Offensivfußball durch die Zweite Liga - und stand bereits fünf Spieltage vor dem Saisonende als Aufsteiger fest. Rund um den Maschsee herrschte Aufbruchstimmung.

von Johannes Freytag

Der entscheidende Sieg zur Rückkehr in die Bundesliga nach 13 Jahren Abstinenz geriet zum Spiegelbild der Saison. Am 30. März 2002 bejubelten 41.500 Zuschauer einen fulminanten 6:0 (4:0)-Erfolg gegen Schweinfurt. Hannover, das zu dem Zeitpunkt bereits 68 Punkte gesammelt und 80 Tore erzielt hatte, war von einem der ersten drei Aufstiegsplätze nicht mehr zu verdrängen.

"Es war eine tolle Zeit. Wir sind in einem Rausch durch die Saison gegangen", blickte Abwehrchef Carsten Linke im NDR Interview zurück. "Das war zum Ende meiner Karriere, die ich mit dem Aufstieg und einem Jahr in der Bundesliga dann noch krönen konnte."

Improvisierte Feier neben dem Stadion

"Hannover ist die schönste Stadt der Welt", tönte es noch Stunden nach dem Spiel rund um das Niedersachsen-Stadion. Auf einer Bühne ließen sich Linke, Jörg Sievers, Steven Cherundolo, Daniel Stendel und Co. feiern.

Schals, T-Shirts und Mützen flogen in die Menge. Die Fans skandierten "Nie mehr Zweite Liga" und "Seht ihr Braunschweig, so wird das gemacht". Erst nach mehr als einer Stunde beendete Altin Lala mit einer Bierdusche für den jubelnden Anhang die kleine improvisierte Feier.

Spektakulärer Fußball unter Rangnick

Nach langen Jahren im Zweit- und zwischenzeitlich sogar Drittliga-Exil war Hannover endlich wieder oben: Und wie! Angetrieben vom überragenden Spielmacher Jan Simak (18 Tore) entwickelten die "Roten" eine ungeahnte Offensivpower. 93:37 Toren und 75 Punkten schlugen am Ende zu Buche, erst elf Jahre später brach Hertha BSC den Rekord mit einem Zähler mehr.

"Das war wunderschön, wie wir da durch die Liga gegangen sind. Irgendwann waren wir absolut nicht mehr zu stoppen." Steven Cherundolo über Hannovers Saison 2001/2002

Der Vorjahres-Neunte war unter Rangnick, der erst vor Saisonbeginn von Präsident Martin Kind verpflichtet worden war, nicht wiederzuerkennen. Spektakel gab es zu Hause (4:4 gegen Bielefeld, 5:0 gegen den KSC) ebenso wie in der Fremde (6:2 in Duisburg, 5:1 in Fürth). Am Ende hatten die Niedersachsen zehn Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierten Bielefelder. Für Hannovers Bundesliga-Rekordspieler Cherundolo zählt die Saison noch immer zu den emotionalsten Spielzeiten seiner Karriere.

"Wenn man die Saison Revue passieren lässt und die habe ich immer noch gut im Gedächtnis, dann haben wir fantastische Spiele abgeliefert", erinnert sich Linke. "Das war eine tolle Mannschaft, wir hatten tolle Spieler und einen fantastischen Trainer. Es hat richtig Spaß gemacht. Diese Saison haben auch viele unserer Fans sicher noch in sehr guter Erinnerung."

Stadionumbau und torreiche Spiele

Die bärenstarke Saison machte Lust auf mehr - und in der niedersächsischen Landeshauptstadt herrschte sportlich wie wirtschaftlich Aufbruchstimmung. Im Februar 2003 begann im Hinblick auf die WM 2006 der Stadionumbau für 66 Millionen Euro. Und Rangnick ließ auch in der Bundesliga offensiven Kombinationsfußball spielen - so gab es beispielsweise ein 4:4 gegen Werder Bremen und ein 3:3 beim FC Bayern. Der Klassenerhalt gelang am vorletzten Spieltag.

Mit Stendel schließt sich der Kreis

Doch der Höhenflug hielt nicht lange an. In der Folgesaison lief es nicht mehr so gut, Rangnick wurde am 6. März 2004 nach einem 0:1 in Mönchengladbach entlassen. Nachfolger Ewald Lienen gelang immerhin der Klassenerhalt.

In der Folgezeit blieb Hannover zwar unter sechs weiteren Trainern 14 Jahre am Stück Erstligist - landete aber abgesehen von zwei Europacup-Teilnahmen meist im tristen Mittelfeld. Mit furiosem Angriffsspiel begeisterten die Niedersachsen nie mehr. Ironie des Schicksals: In Daniel Stendel konnte ausgerechnet der Mann, der 2002 mit 16 Treffern entscheidend zum rauschhaften Bundesliga-Aufstieg beigetragen hatte, 2016 als Trainer den Gang in die Zweite Liga nicht verhindern.

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 30.03.2022 | 09:17 Uhr

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